Osirak

Osirak

Osirak war ein irakischer Kernreaktor, der 1981 von der israelischen Luftwaffe weitgehend zerstört wurde.

Inhaltsverzeichnis

Bau und Verwendungszweck

Der 40 MW-Leichtwasserreaktor wurde nach dem französischen Osiris-Design im nuklearen Forschungszentrum Al Tuwaitha (etwa 18 km außerhalb von Bagdad) gebaut. Daher stammt auch der Name, der eine Kombination von Osiris und Irak bedeutet. Im Irak wurde er unter Bezugnahme auf den arabischen Monat, an dem sich die Baath-Partei 1968 an die Macht geputscht hatte, als Tammus bezeichnet. Diese Bezeichnung ist auch in Israel üblich.

Der damalige Premierminister Frankreichs, Jacques Chirac, unterstützte französische Firmen nicht nur bei der Errichtung des Reaktors, sondern ermöglichte auch den Verkauf von 12,5 kg Uran-235 als Brennstoff an die irakische Regierung. Sein Engagement war so maßgeblich, dass für Osirak auch der Spitzname "Oh, Chirac" gebräuchlich war.[1] Die französisch-irakische Zusammenarbeit an dem Projekt begann in den späten 1970er Jahren, der Baubeginn erfolgte 1977.

Es wird vermutet, dass der Reaktor ein Teil des irakischen Programmes war, eine Atombombe zu entwickeln. Unter anderem deutete darauf die Auslegung hin, da es sich um einen Materialtestreaktor (MTR) handelte, der wenig Sinn für Länder ergibt, die keine bereits existierenden Kernkraftwerke haben. Außerdem besaß der Irak Anlagen zum Anreichern von waffenfähigem Uran und hatte auch früher versucht, Nukleartechnologie aus dem Ausland zu kaufen, die unter anderem der Anreicherung dienten. Gegen den Verdacht sprachen aber auch einige Fakten, unter anderem wurde der Reaktor von der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) kontrolliert und das Uran sollte nach Gebrauch wieder an Frankreich zurückgegeben werden.

Israelischer Luftangriff

Anflugs-Route der israelischen Jagdbomber

Trotzdem war die israelische Regierung beunruhigt und fürchtete einen atomaren Wettlauf im Nahen Osten. Die iranische Regierung war wegen anhaltender Konflikte mit dem Irak (siehe Erster Golfkrieg) ebenso besorgt. Da eine Zerstörung des Reaktors vor der Befüllung mit dem Uran geschehen musste, um einen Fallout zu vermeiden, standen beide Regierungen unter Zeitdruck. Außerdem fürchtete der israelische Ministerpräsident Menachem Begin, dass die nächste gewählte Regierung einen Angriff nicht genehmigen würde.

Am 30. September 1980 griffen iranische Kampfflugzeuge den Reaktor an, konnten diesen aber nicht hinreichend beschädigen. Deshalb starteten am 7. Juni 1981 um 15.55 Uhr acht F-16-Jagdbomber und als Jagdschutz fünf F-15 der israelischen Luftwaffe vom Stützpunkt Etzion auf dem Sinai, flogen rund 1.100 km über jordanisches und saudi-arabisches Grenzgebiet und zerstörten gegen 17.30 Uhr den Reaktor. Die Piloten flogen ihre Maschinen auf dem Weg zum Ziel so dicht beieinander, dass sie auf dem Radar wie ein Großraumflugzeug wirkten; die Piloten täuschten den Bordfunkverkehr einer Passagiermaschine vor, indem sie Arabisch sprachen.

Bei dem Angriff warfen die Jagdbomber 16 Bomben mit jeweils 1000 Kilogramm Gewicht ab, mit denen zunächst eine Öffnung in die Reaktorhülle gesprengt wurde. Durch diese Öffnung erzielten die nachfolgenden Flugzeuge Treffer im Reaktorinnern. Bei den Piloten, die den Abschluss der Angriffsformation bildeten, befand sich der spätere Raumfahrer Ilan Ramon. Er berichtete später von starker Rauchentwicklung aus dem Reaktorinnern sowie einer gewaltigen Explosion, die jedoch nicht zum Einsturz des Gebäudes führte. Bei diesem Angriff kam auch ein französischer Techniker ums Leben. In seinem Buch Der Mossad berichtet Victor Ostrovsky, dass dieser Techniker insgeheim für den israelischen Geheimdienst arbeitete und einen Zielsender dort deponiert hatte. Warum er dann die Anlage aber nicht verließ, konnte nicht geklärt werden.

In einer Stellungnahme der israelischen Regierung wurde, auch bezugnehmend auf die technische Zusammenarbeit Frankreichs und Italiens mit dem Irak, festgehalten: „Wir rufen sie noch einmal auf, von diesem erschreckenden und unmenschlichen Vorhaben abzusehen. Unter keinen Umständen werden wir einem Feind erlauben, Massenvernichtungswaffen gegen unser Volk zu entwickeln.“ (We again call upon them to desist from this horrifying, inhuman deed. Under no circumstances will we allow an enemy to develop weapons of mass destruction against our people.) Die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft, insbesondere die arabischen Staaten, verurteilte den Luftschlag. Die USA sperrten vorübergehend die Auslieferung bereits zugesagter Militärflugzeuge, schwenkten jedoch kurz darauf auf einen pro-israelischen Kurs um. Am 19. Juni 1981 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat seine Resolution 487, in der er dieses Vorgehen scharf kritisierte. Von den arabischen Staaten geforderte Sanktionen gegen Israel blieben aber aus. Besonders heftig reagierte Frankreich auf die Bombardierung. Andererseits hatten die meisten der französischen Techniker kurz vor dem Angriff den Reaktor verlassen, was Spekulationen auslöste, dass Frankreich insgeheim mit Israel zusammengearbeitet habe. Frankreich stellte seine atomare Aufbauhilfe für den Irak 1984 ein. Die Anlage wurde geschlossen und von der IAEO weiterhin beaufsichtigt.

Endgültige Zerstörung

Während des zweiten Golfkriegs wurde die Anlage mehrfach bombardiert, um die Fortführung eines irakischen Atomprogrammes zu unterbinden: am 17. Januar 1991 wurde die Anlage von 56 F-16 in mehreren Wellen und am 20. Januar von F-117 Kampfflugzeugen bombardiert; bei sieben weiteren Angriffen wurden insgesamt 48 F-117 verwendet und später noch einmal 17 F-111.

Einzelnachweise

  1. "Operation Babylon: Bomben auf den Kernreaktor", Historio im Juni 2011

Literatur

  • Clinton Dan McKinnon: Bullseye – One Reactor: The story of Israel's attack that destroyed Iraq's nuclear programme. House of Hits, San Diego 1988, ISBN 0-941437-07-8.
  • Roger William Claire: Raid on the sun – inside Israel's secret campaign that denied Saddam the bomb. Broadway Books, New York 2004, ISBN 0-7679-1400-7.

Weblinks

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