Oster-Proklamation

Oster-Proklamation

Die Oster-Proklamation (offiziell: Easter Proclamation oder Proclamation of the Republic) ist ein Schriftstück aus dem Jahr 1916, welches Patrick Pearse zum Beginn des Osteraufstands in Dublin (Insel Irland) verlas. In ihm verkündete die republikanische provisorische Regierung die Proklamation der irischen Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland.

Die Oster-Proklamation

Die Verlesung dieser Proklamation außerhalb des Dubliner Hauptpostamts am 24. April 1916 in der Sackville Street (heute: O'Connell Street) markierte den Beginn des Aufstands. Die Proklamation orientierte sich an einer ähnlichen Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahr 1803, die bei der damaligen Rebellion von Robert Emmet verlesen wurde.

Nach der Verlesung, die von vorbeigehenden Menschen mit Staunen und auch etwas Hohn bedacht wurde, begaben sich Pearse und weitere Anführer in das Hauptpostamt, brachten es in ihre Gewalt und richteten dort ihr Hauptquartier ein. Die bisherige auf dem Dach des Postamts gehisste britische Flagge, der Union Jack, wurde eingeholt und durch die neue Flagge der Republik (grün mit den querverlaufenden Worten „Irish Republic“ darüber) ersetzt. Die Flagge der Militäreinheit, die das Hauptpostamt eroberte, die E Company, mit den noch heute bekannten 3 Farben Grün, Weiß und Orange wehte auf einem etwas niedrigeren Mast.

Das Hauptpostamt (General Post Office – GPO), die Oster-Proklamation sowie die irische Trikolore (die später die offizielle Flagge der Republik wurde und das ursprünglich grüne Banner ersetzte, das heute im Irischen Nationalmuseum zu sehen ist) sind die drei wichtigsten Symbole des Osteraufstands.

Inhaltsverzeichnis

Grundsätze der Proklamation

Obwohl der Osteraufstand aus militärischer Sicht ein Debakel war, beeinflussten die Grundsätze der Proklamation mehr oder weniger die Ansichten der Politiker in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Das Dokument bestand aus einer Reihe von Erklärungen:

  • Der Anspruch, dass die Führer des Aufstands, obwohl nicht gewählt, im Namen Irlands sprechen. Dies war eine Standardfloskel irischer Aufstände.
  • Der Anspruch, dass der Aufstand ein weiterer Versuch sei, die Unabhängigkeit mit Waffengewalt zu erreichen.
  • Die Erklärung, dass die radikale Irish Republican Brotherhood, die Irish Volunteers sowie die Irish Citizens Army für den Aufstand verantwortlich sind
  • Eine Bekanntmachung des „Rechts der irischen Menschen auf ihr eigenes Land“ – eine Aussage, die von vielen als kritisch und quasi sozialistisch angesehen wurde.
  • Die Garantie auf religiöse und soziale Freiheit, Gleichberechtigung und gleiche Chancen für alle Bewohner. Dies war die erste Erwähnung der geschlechtlichen Gleichberechtigung, war es doch irischen Frauen bisher nicht gestattet zu wählen.
  • Die Bekanntmachung, dass die neue Republik die Menschen aller Religionen der Nation in gleicher Art in Ehren halten wird. Wörtlich hieß es „all the children of the nation“ – obwohl es oft so dargestellt wird, ging es hierbei allerdings nicht um die Kinder der Nation sondern um alle Religionsgemeinschaften.

Der Text der Oster-Proklamation

 Wikisource: Oster-Proklamation – Quellen und Volltexte

Poblacht na h Éireann.[1]

Die vorläufige Regierung
der
IRISCHEN REPUBLIK
an die Bürger von Irland.

IRISCHE MÄNNER UND FRAUEN: Im Namen Gottes und der verstorbenen Generationen, von welchen unser Land seine alte Tradition der nationalen Einheit erhält, eben dieses Irland, ruft durch uns seine Kinder zur Flagge und tritt für seine Freiheit ein.

Nachdem die Irisch Republikanische Bruderschaft ihre Gefolgschaft organisiert und trainiert hat, mit Hilfe ihrer geheimen revolutionären Organisation, und mit ihrer offiziellen militärischen Organisation, den Irischen Freiwilligen und der Irischen Bürgerwehr, nachdem sie also standhaft auf den richtigen Moment gewartet hat um sich zu zeigen, ergreift sie nun die Gelegenheit und schlägt, unterstützt von ihren Kindern im amerikanischen Exil, und von mutigen Verbündeten in Europa, doch in erster Linie auf ihrer eigenen Stärke beruhend, voller Siegesbewusstsein zu.

Wir verkünden hiermit den Besitzanspruch des irischen Volkes auf Irland und auf die uneingeschränkte Kontrolle über die Geschicke Irlands auf Souveränität und deren Unantastbarkeit. Die lange Vorenthaltung dieses Rechts durch ein fremdes Volk und eine fremde Regierung hat all diese Rechte nicht ausgelöscht noch kann es jemals ausgelöscht werden, außer durch die Vernichtung des irischen Volkes. Das irische Volk hat in jeder Generation sein Recht auf nationale Freiheit und Souveränität bekräftigt: Allein in den letzten 300 Jahren hat es dies sechs mal mit Waffen geltend gemacht. Auf dieses fundamentale Recht bestehend und dies vor den Augen der Welt nochmals mit Waffengewalt bekräftigend, erklären wir hiermit die Republik Irland zu einem souveränen, unabhängigen Staat und opfern unser Leben und das unserer Waffenbrüder für dessen Freiheit, Wohlstand und seiner Entfaltung unter den Nationen.

Die Irische Republik beansprucht hiermit, die ihr zustehende Loyalität jedes einzelnen Iren und jeder einzelnen Irin. Die Republik bürgt für religiöse und bürgerliche Freiheit, gleiche Rechte und gleiche Möglichkeiten für alle seine Bürger und erklärt ihre Absicht, nach Glück und Wachstum der ganzen Nation und aller ihrer Teile zu streben, alle Kinder der Nation auf gleiche Weise zu umsorgen, unbeeindruckt von all den Unterschieden, welche durch eine fremde Regierung sorgfältig gepflegt wurden, Unterschiede, welche in der Vergangenheit eine Minderheit von der Mehrheit getrennt hatten.

Bis unsere Streitkräfte einen günstigen Moment für das Installieren einer dauerhaften Nationalregierung erkämpft haben, welche das ganze Volk Irlands repräsentiert, und mit dem Wahlrecht aller Männer und Frauen gewählt wird, wird die hiermit konstituierte, vorläufige Regierung die zivilen und militärischen Angelegenheiten der Republik treuhänderisch für das Volk verwalten.

Wir stellen die Existenzberechtigung der irischen Republik unter den Schutz des allerhöchsten Gottes, dessen Segen wir über unsere Streitkräfte erbitten, und wir beten, dass niemand, der diesem Ziele dient, es durch Feigheit, Unmenschlichkeit oder Plünderung entehrt. In dieser höchsten Stunde muss die irische Nation sich durch ihren Mut ihre Disziplin und mit der Bereitschaft ihrer Kinder sich für das Gemeinwohl aufopfern, sich des großen Schicksals, zu dem es berufen wurde, würdig erweisen.

Unterzeichnet im Namen der Provisorischen Regierung,

Thomas J. Clarke,
Sean Mac Diarmada, Thomas MacDonagh,
P. H. Pearse, Eamonn Ceannt,
James Connolly, Joseph Plunkett.

Druck und Verteilung der Proklamation

Die Proklamation wurde im Geheimen im Vorfeld des Aufstands gedruckt, was durch die kleinen Druckmaschinen letztendlich zu Problemen bezüglich des Designs führte. Das Dokument musste, aufgrund von nicht genügend vorhandenen Lettern, in zwei Hälften gedruckt werden, was zu diversen unfertigen Drucken führte, die nach dem Aufstand großteils von britischen Soldaten vernichtet wurden. Auch der Textsatz zeichnete sich durch ungleichmäßige Buchstaben aus. So kam es, dass in der unteren Hälfte der Proklamation ein kleineres „e“ verwendet wurde als im Rest des Dokuments. Die Sprache innerhalb des Textes deutete darauf hin, dass das Original der Proklamation von den Führern des Aufstands unterzeichnet wurde. Es gab allerdings keinen Beweis und auch keinen Hinweis darauf, dass ein solches unterzeichnetes Original jemals existiert hat – natürlich ist es auch möglich, dass ein Original während des Aufstands vernichtet wurde.

Die Unterzeichner

Die irische Flagge weht auf dem Hauptpostamt in Dublin

Eine bis heute ungeklärte Frage ist, warum an erster Stelle der Unterzeichner nicht Patrick Pearse sondern Thomas J. Clarke, ein republikanischer Veteran, aufgeführt ist. Clarkes Witwe vermutete später in ihren Memoiren, dass Clarke, als hoch dekorierter Veteran, Präsident der provisorischen Republik werden sollte. Andere historische Dokumente deuteten hingegen auf Pearse als „Oberbefehlshaber der Kräfte der irischen Republik und Präsident der provisorischen Regierung“. Diese Frage ist bis heute ungeklärt.

Die Unterzeichner im Einzelnen waren:

Gegenwart

Heutzutage werden Kopien der Oster-Proklamation als verehrte Nationale Symbole behandelt. Kürzlich erzielte eine Kopie bei einer Auktion 390.000€. Eine Kopie, die einstmals Sean T. O'Kelly, einem Teilnehmer des Aufstands, gehörte, befindet sich heute als Ausstellungsstück in der Eingangshalle des Parlamentsgebäudes Leinster House. Weitere Kopien können in Dublin in der Bibliothek des Trinity College und im Nationalmuseum sowie in anderen Museen weltweit besichtigt werden. Kopien der Proklamation werden in nahezu jedem Touristenshop verkauft.

Einzelnachweise

  1. Bezeichnung für „Irische Republik“ in irischer Sprache

Literatur (sämtlich in englischer Sprache)

  • Tim Pat Coogan: De Valera. Long fellow, long shadow. Hutchinson, London 1993, ISBN 0-09-175030-X
  • Tim Pat Coogan: Michael Collins. Aa biography. Hutchinson, London 1990, ISBN 0-09-174106-8
  • Dorothy McCardle: The Irish Republic.
  • Arthur Mitchell; Padraig Ó Snodaigh: Irish Political Documents. 1916–1949.
  • John O'Connor: The 1916 Proclamation.


Dieser Text basiert auf einer Übersetzung des Artikels w:en:Proclamation of the Irish Republic aus der englischen Wikipedia, Version vom 21. Juli 2005.


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