- Osthupe
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Die Marktsackpfeife ist eine sehr laut klingende, mundgeblasene Sackpfeife mit einer konisch gebohrten Spielpfeife und ein bis drei Bordunen. Die Bauform mit zwei Bordunen ist am weitesten verbreitet. Die Spielpfeife hat üblicherweise sieben vorderständige Grifflöcher und ein rückständiges Loch für den linken Daumen. Der Konus ist entweder linear und wechselt zum Schalltrichter hin in einen parabolischen Verlauf oder er verläuft über die gesamte Länge parabolisch. Die Spielpfeife ist mit einem Doppelrohrblatt, die Bordune sind mit Einfachrohrblättern ausgestattet. Sowohl die Spielpfeife als auch die Bordune sind oft mit großen Schallbechern versehen. Das Instrument steht üblicherweise auf dem Grundton a. Die Griffweise der Spielpfeife ist üblicherweise offen, die offenen Griffe ergeben den Tonvorrat einer dorischen Tonleiter auf dem Grundton a. Gabelgriffe zur Erzeugung leiterfremder Töne funktionieren je nach Instrument gut bis fast gar nicht. Der Tonumfang der Spielpfeife beträgt eine große None beginnend mit dem Ton g1. Bei einbordunigen Instrumenten ist der Bordun auf den Ton A gestimmt. Bei zweibordunigen Instrumenten ist die häufigste Stimmung A+e0. Die Stimmung A+a0 ist selten. Bei dreibordunigen Instrumenten ist die Stimmung A+e0+a0, seltener A+a0+a1. Bei einigen Instrumenten können die Bordune jeweils um einen Ganzton tiefer gestimmt werden.
Geschichte
Optische Vorbilder für die Marktsackpfeife finden sich in Bilddarstellungen des Mittelalters und der Renaissance (z.B. Dürer). Konstruktiv ist das Instrument jedoch eine Neuentwicklung u.a. von Klaus Stecker und Roman Streisand in den frühen 1980er Jahren. Die ersten Rekonstruktionen mittelalterlicher deutscher Sackpfeifen entstanden schon in den 1970er Jahren in Westdeutschland. Man orientierte sich an Abbildungen und an den Blockflötenstimmungen F und C. Die offene Blockflötengriffweise hat sich erhalten, nur die Stimmung erhöhte sich um einen Ganzton. Roman Streisand wollte für die Freiluftauftritte seiner Gruppe Instrumente zur Verfügung haben, die mindestens die Lautstärke der Great Highland Bagpipe aufweisen. Daher wurde die Spielpfeife mit einem steilen Konus und Schalltrichter wie bei der bretonischen Bombarde gebaut. Im Gegensatz zur Spielpfeife der Great Highland Bagpipe, in der der Konus eine lineare Steigung aufweist, besitzt die Spielpfeife der Marktsackpfeife einen Konus mit (näherungsweise) parabolischer Steigung. Ursprünglich war man bezüglich der Optik um Originaltreue bemüht. SPILWUT-Sackpfeifen haben bis heute ein optisch relativ authentisches Design mit Oktav- und Quintbordun im gegabelten Doppelholzstock. Die bis zu zwei Zusatzbordune (also gesamt vier) "Brummer" wurden bewusst klein gehalten um nicht aufzufallen, da es im Mittelalter nur ein bis zwei Bordune gab. Mittlerweile ist das Instrument im 21. Jahrhundert angekommen und wird von vielen Fantasy- und Mittelalterbands ganz selbstverständlich eingesetzt. Es hat nach wie vor einen starken Symbolwert: männlich, urwüchsig, barbarisch, kraftvoll usw. Vor allem Sackpfeifenbauer in der DDR haben zunächst die Entwicklung voran getrieben, mittlerweile werden Marktsackpfeifen in ganz Mitteleuropa gefertigt. Die physikalische Verwandtschaft zur Great Highland Bagpipe zeigt sich darin, dass eine Great Highland Bagpipe mit einigen reversibel ausführbaren Modifikationen in ein klanglich der Marktsackpfeife sehr ähnliches Instrument transformiert werden kann. Durch höher Setzen des Spielpfeifenrohrblatts und teilweises Abkleben einiger Grifflöcher ergibt sich die Skala der Spielpfeife einer Marktsackpfeife, durch Querschnittreduktion einer „tenor drone“ klingt diese nicht mehr auf der Oktave, sondern auf der Quinte zum Grundton.
Namen
Für die Marktsackpfeife haben sich in ihrer kurzen Geschichte einige je nach Gebrauch liebevoll bis abwertende Bezeichnungen eingebürgert.
Deutsche Sackpfeife: Das Design der ersten Hersteller ist sehr an zeitgenössischen Abb. orientiert. Dieser Name wird vor allem im Ausland allerdings auch für die Schäferpfeife und das Hümmelchen verwendet.
A-Schwein: Dieser Name bezieht sich auf die Grundtonart A, die im Zusammenspiel mit anderen Holzblasinstrumenten, die meist in c/f-Stimmung stehen, zu Problemen führen kann. Aus diesem Grund bieten vor allem Sackpfeifenbauer, die auch Marktsackpfeifen bauen, mittlerweile Schalmeien und Rauschpfeifen an, die ebenfalls auf dem tiefsten Ton g beginnen und offen gegriffen den Tonvorrat einer dorischen Tonleiter auf dem Grundton A hervorbringen, an. Alternative Erklärung: Im Mittelaltermarktjargon eine Anspielung auf das A-Wort (authentisch, Authentizität), was auf diese Sackpfeifen oft nicht zutrifft.
Osthupe: Dieser Name nimmt Bezug darauf, dass das Instrument erstmals auf dem Gebiet der ehemaligen DDR vermehrt in Erscheinung trat.
Mittelalterhupe: Die Bezeichnung hat sich parallel zur Osthupe unter Spielern anderer Sackpfeifentypen eingebürgert.
Machosack: Dieser Name nimmt Bezug auf einige rein männlich besetzte Musikgruppen, die die Marktsackpfeife spielen und sich bei ihren Auftritten bewusst derbe bis brachial präsentieren.
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