- Otaku
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Otaku (jap. おたく, オタク, ヲタク) bezeichnet im Japanischen Fans, die ein großes Maß an Zeit und Geld für ihre Leidenschaft aufwenden und ihr mit großer Neigung nachgehen. Es wird ähnlich wie die englischen Wörter Nerd oder Geek benutzt.
Inhaltsverzeichnis
Wortursprung
Das Wort Otaku (お宅) setzt sich zusammen aus dem Honorativpräfix o (お) und taku (宅), in der Bedeutung von Haus oder Wohnung [einer Person, die nicht zur Familie des Sprechers gehört].
Der moderne Gebrauch im Sinn von Fan/Nerd geht auf eine Modeerscheinung unter Anime- und Science-Fiction-Fans Anfang der 1980er Jahre zurück. In dem Anime Macross von 1982 verwendete die Protagonistin Lynn Minmay Otaku als Anrede.[1][2] Die Serie fand großen Anklang und einige ihrer Fans ahmten diese übertrieben höfliche Anrede untereinander nach.
Wahrnehmung in der japanischen Gesellschaft
Als Bezeichnung für die Fans selbst wurde „Otaku“ wahrscheinlich zuerst von Nakamori Akio in seiner Kolumne Otaku no Kenkyū (Otaku-Forschung) des Magazins Manga Burikko benutzt. (Dieser Gebrauch ist ein Wortspiel: Sagt man dem Tick folgend dein Buch heißt das otaku no hon, was man aufgrund der Mehrdeutigkeit der japanischen Grammatik auch als Buch von Otaku deuten kann. Er interpretierte das Wort also nicht als Pronomen, sondern als Namen, mit denen die Fans sich ansprachen.) In der Kolumne beschrieb er den Typus eines männlichen Fans, der zu seinen Lieblingsserien eigene Geschichten oder Mangas verfasst (Dōjinshi), sich als seine Lieblingsfigur verkleidet (siehe auch Cosplay) und sich auf Veranstaltungen wie dem Comic Market (abgekürzt Comiket) mit Gleichgesinnten trifft. Seine Eindrücke von diesen Fans, wie sie ihm auf dem Comiket begegneten, waren überaus negativ; er beschreibt sie als unsportliche Stubenhocker, entweder unter- oder übergewichtig, Brillenträger, wahrscheinlich wenig beliebt in der Schule, und trifft damit die typischen Nerd-Klischees.
Der breiten Masse wurde dieser neue Terminus „Otaku“ vor allem durch den Fall des Serienmörders Miyazaki Tsutomu bekannt, der Ende der 1980er Jahre vier Mädchen im Alter zwischen 4 und 7 Jahren missbraucht und ermordet hat. Miyazaki hatte eine riesige Videosammlung (über 5800 Kassetten, darunter viele Gewaltvideos) und konnte offensichtlich nicht mehr zwischen seinen Phantasien und der Wirklichkeit unterscheiden. Außerdem war er ein regelmäßiger Besucher der Comiket, hat selbst Dōjinshi hergestellt und verkauft und wurde von den Medien daher als Otaku identifiziert. War das Wort „Otaku“ bisher schon negativ mit „düsterer Stubenhocker” konnotiert, wurde es jetzt auch noch synonym mit „potentieller Serienkiller”.
Die folgende öffentliche Diskussion über Otakus stellte diese lange Zeit überwiegend negativ dar: Otakus seien unfähig, normale zwischenmenschliche Beziehungen zu führen und bezeichneten sich daher statt mit Namen mit der distanzierenden Anrede Otaku. Die Fixierung vieler Otakus auf junge Mädchen (Lolicon), die bei Miyazaki schreckliche Ausmaße angenommen hatte, war ebenso suspekt wie das Interesse vieler weiblicher Comiket-Besucherinnen an Yaoi-Manga. Aufgrund des Ausmaßes des Otaku-Trends bezeichnete man bald die komplette japanische Jugend als Otaku-Generation. Neben der unterstellten kriminellen Energie der Otaku steht außerdem die Betonung ihrer individuellen Wünsche im Kreuzfeuer der Kritik. Individualismus ist in Japan eher negativ bewertet, und Otakus gelten dementsprechend als ich-bezogen und kindisch.
Erst in den 1990er Jahren begannen Autoren wie Toshio Okada oder Kazuko Nimiya das Otaku-Phänomen als eine moderne und positive Jugendkultur zu interpretierten und statt sich auf Ausnahmefälle zu konzentrieren sich mehr an die Realität anzunähern. Okada ist ein Otaku der ersten Stunde, gehörte zu der Gruppe, die später das Animationshaus GAINAX gründete, und unterrichtete von 1994 bis 1996 an der Universität Tokio sogenannte Otakologie und seine Theorie über Otaku-Kultur. Er befasst sich dabei ausführlich mit den Auswirkungen der neuen Medien auf die Jugendkultur. Nimiya beschäftigt sich in erster Linie mit weiblichen Otaku, die zwar gut die Hälfte aller Besucher der Comiket ausmachen, von der Öffentlichkeit aber häufig ignoriert werden, und widerspricht damit der simplen Vorstellung vom Otaku als männlichen potentiellen Gewalttäter.
Bedeutungserweiterung
Anime und Manga gehören zwar zu den wichtigsten Themen auf dem Comiket, jedoch sind nicht alle Dōjinshi-Manga. Grundsätzlich sind es Fanzines, welche auch Erzählungen, Aufsätze, Interviews, Reviews usw. enthalten können. Dementsprechend sind auf der Comiket eine Vielzahl von ausgefallenen Hobbys vertreten, deren Anhänger man in verschiedene Sorten von Otakus unterscheiden kann. Es gibt z. B. Militär-Otakus (die sich für Uniformen begeistern, entsprechendes Cosplay machen oder am Wochenende im Wald Krieg spielen), PC-Otaku (nannte man früher Hacker), Fußball-Otakus (meist weibliche Fans von bestimmten Spielern) oder die klassischen Anime-/Manga-Otakus, Idol-Otakus (Fans von Popsängerinnen), SF-Otakus usw. Auch Leute, die nicht auf die Comiket gehen, benutzen das Wort „Otaku“, um sich so zu bezeichnen, z. B. als Fitness-Otakus, Geschichts-Otakus o.Ä. So gebraucht hat es keinerlei negative Konnotationen, man bringt lediglich zum Ausdruck, dass man sich hobbymäßig (d.h. nicht beruflich) mit einem Thema beschäftigt und sich darin hervorragend auskennt.
Gebrauch im Westen
Die selbsternannten Otakus GAINAX veröffentlichten mit Otaku no Video eine selbstironische Firmengeschichte in Anime-Form, die auch im Westen veröffentlicht wurde. Hiesige Manga/Anime-Fans übernahmen zunächst die Selbstbezeichnung Otaku in der Bedeutung Anime-Fan, ohne sich über die negativen Konnotationen bewusst zu sein. Mit zeitlicher Verzögerung erreichte die schlechte Presse der Otakus aber auch den Westen, und einige Fans sind davon abgekommen, sich selbst als Otaku zu bezeichnen. Ironischerweise sind Otakus in Japan heute nicht mehr so negativ bewertet, nicht zuletzt dank Meldungen über westliche Fans, die sich stolz selbst Otaku nennen, und dem allgemeinen großen Erfolg von japanischen Comics und Zeichentrickfilmen im Ausland.
Tatsächlich sind die Vorurteile gegenüber Otakus und Nerds nicht so verschieden, jedoch gebrauchen im Westen nur die Fans selbst den Term Otaku, und daher fast immer positiv. In Japan wird „Otaku“ sowohl von den Fans wie auch den Kritikern benutzt, also mittlerweile sowohl positiv wie auch negativ.
Im Westen wird Otaku so gut wie immer im Sinne von Manga-/Anime-Otaku verwendet.
Literatur
- Michael Manfé: Otakismus. Mediale Subkultur und neue Lebensform - eine Spurensuche. transcript, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-313-5
- Frederik L. Schodt: Otaku. In: Dreamland Japan: Writings on Modern Manga. Diane Pub Co., 1996, ISBN 0-756-75168-3 (englisch)
- Sharon Kinsella: Amateur Manga Subculture and the Otaku Panic. In: Adult Manga: Culture and Power in Contemporary Japanese Society. University of Hawaii Press, 2000, S. 70-101, ISBN 0-824-82318-4 (englisch)
Video-Dokumentationen
- Otaku (1995; Regie: Jean-Jacques Beineix) - in Deutschland bei ACOG als DVD erschienen
- Otaku no Video von Studio GAINAX eine Mischung aus Anime über Otaku und Interviews mit Otaku
Media
- Densha Otoko (2005 Kinofilm und Dorama (japanische Fernsehserie)) - Otaku versucht aus Liebe seinen Lebensstil zu ändern
- Genshiken
Weblinks
Wiktionary: Otaku – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- Eine Lebensform der Zukunft? Der Otaku von Volker Grassmuck
- Die Welt von Manga Burikko. Archiv von Originalartikeln aus dem zweiten japanischen Lolicon Magazin, Manga Burikko. Hier kann man auch die Otaku no Kenkyū Kolumnen von NAKAMORI Akio nachlesen, in der das Wort Otaku geprägt wurde. (japanisch)
- Otaking Space Port: Offizielle Seite von Okada Toshio (japanisch)
- TINAMI - Navigator of Manga Artists Otaku-Kultur im Netz (japanisch)
Einzelnachweise
- ↑ Magazin EX Taishū, Mai 2006
- ↑ Nomura Research Institute (野村總合研究所) (Hrsg.): Otaku Shijō no Kenkyū. Taiwan (Originaltitel: オタク市場の研究), ISBN 978-986-124-768-7.
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