- Partnergemeinde
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Eine Städtepartnerschaft (auch Gemeindepartnerschaft) ist eine Partnerschaft zwischen zwei Städten oder Gemeinden mit dem Ziel, sich kulturell und wirtschaftlich auszutauschen. Die meisten Partnerschaften bestehen zwischen Städten in verschiedenen Ländern.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Städtepartnerschaften
Die erste offizielle Partnerschaft, an der eine deutsche Stadt beteiligt war, geht auf 1930 zurück und wurde zwischen Wiesbaden und Klagenfurt geschlossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden ab 1947 verstärkt Städtepartnerschaften gegründet, um Völkerverständigung an der Basis zu praktizieren. Ein Beispiel ist etwa die Partnerschaft Bonns mit dem englischen Oxford.
Die gleiche Intention verfolgten 1951 in Genf auch 50 Bürgermeister deutscher und französischer Städte, als sie den Rat der Gemeinden Europas (seit 1984 Rat der Gemeinden und Regionen Europas, RGRE [1]) gründeten. Dieser hat sich u. a. zur Aufgabe gemacht, die Aussöhnung zwischen den Völkern Europas und die kommunale Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg zu fördern. Damit war eine internationale Grundlage zum Aufbau von Städtepartnerschaften gegeben. Seit 1955 hat der Rat eine deutsche Sektion, die seit 2003 vom Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster als Präsidenten geleitet wird.
Eine Vorreiterrolle bei der Entstehung solcher partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Kommunen hatte vor allem das Land Baden-Württemberg. Hier wurde 1947 die erste deutsch-amerikanische Städtepartnerschaft zwischen Crailsheim und Worthington in den USA aus der Taufe gehoben. 1950 wurde die erste Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Frankreich besiegelt. Die Stadt Ludwigsburg nahm seinerzeit mit der französischen Stadt Montbéliard eine Städtepartnerschaft auf. Dabei spielte die Geschichte eine besondere Rolle. Montbéliard, deutsch Mömpelgard, war lange Zeit eine württembergische Exklave in Frankreich. In der Folgezeit nahmen immer mehr Städte in Deutschland freundschaftliche Beziehungen zu Städten anderer Staaten auf.
Historisch betrachtet wurde zwar bereits 836 die älteste europäische Städtefreundschaft zwischen Paderborn und Le Mans (Frankreich) urkundlich erwähnt, aber diese Freundschaft wurde erst 1967 zu einer offiziellen Städtepartnerschaft.
In den 1980er Jahren erlaubte auch die Lockerung des Eisernen Vorhangs partnerschaftliche Beziehungen zwischen westdeutschen und ostdeutschen Gemeinden. In diesem Rahmen wurde am 25. April 1986 die erste deutsch-deutsche Städtepartnerschaft aufgenommen, und zwar zwischen Saarlouis und Eisenhüttenstadt. Diese war vor allem auf die Vermittlungen des damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine und des Vorsitzenden des Staatsrats Erich Honecker zurückzuführen. Ähnliches geschah in Aachen. Seit 1985 bemühte sich der Rat der Stadt Aachen um eine Städtepartnerschaft mit einer Kommune in der damaligen DDR. Durch die Vermittlung des Aachener Kunstsammlers Prof. Peter Ludwig, der seine persönliche Bekanntschaft mit Generalsekretär Erich Honecker in den Sondierungsprozess einbrachte, wurde eine Verbindung zur Stadt Naumburg hergestellt. Der Austausch war zunächst auf offizielle Begegnungen beschränkt ohne Beteiligung der Bürger. Am 30. Mai 1988 wurde die offizielle Partnerschaftsurkunde in Aachen unterzeichnet. Mit dem Mauerfall 1989 erhielt die Partnerschaft neue Impulse. Der Partnerschaftsvertrag wurde im Januar 1990 novelliert. Bei der deutsch-deutschen Partnerschaft war zunächst Aufbauhilfe gefragt. Z. B. unterstützte die Stadt Aachen die Naumburger sachkundig und finanziell beim Aufbau einer neuen Verwaltung. Aachener Unternehmen und Gruppierungen engagierten sich vielseitig in der Partnerstadt. Unmittelbar nach der Vertragserneuerung im Januar 1990 wurde das Bürgerkomitee Aachen-Naumburg „Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Aachen-Naumburg e. V.“ gegründet.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden Städtepartnerschaften zwischen Ost- und Westkommunen beziehungsweise Ost- und Westkreisen geschlossen, die in erster Linie zur Unterstützung der ostdeutschen Kommunen beziehungsweise Kreise bei den Veränderungen in Politik und Wirtschaft dienten.
Seit der politischen Wende in Europa wurden viele Partnerschaften zwischen deutschen und polnischen Städten geschlossen – oft hervorgegangen aus Städte-Patenschaften, die westdeutsche Städte nach dem Zweiten Weltkrieg für Vertriebene aus Städten östlich der Oder-Neiße-Grenze übernommen haben.
Heute pflegen mehrere tausend Städte und Gemeinden in Deutschland partnerschaftliche Beziehungen mit Städten im „anderen Teil“ Deutschlands oder im Ausland. Dabei wurden inzwischen vermehrt auch außereuropäische Städte einbezogen.
Gründung einer Städtepartnerschaft
Im Vorfeld der Gründung einer Partnerschaft wird meist geprüft, ob es evtl. bereits private Kontakte von Bürgern, örtlichen Kommunalpolitikern oder aber auch von Schulen zu einer Kommune im Ausland gibt, die ggf. intensiviert werden könnten und dann in eine Städtepartnerschaft münden könnten. Sind solche Kontakte nicht vorhanden, werden „partnerschaftswillige“ Kommunen auch von überörtlichen Organisationen vermittelt. Viele Städte, die eine internationale Partnerschaft eingehen wollen, werden auch auf der Webseite des Rates der Gemeinden und Regionen Europas veröffentlicht. Hier werden etwa auch Musterverträge für Partnerschaften veröffentlicht.
Stimmen verschiedene Kriterien überein, nicht unerheblich dabei ist auch die Entfernung, kommt es zu einem Besuch der Verwaltungsspitze, des Bürgermeisters oder des Gemeinderates und einem entsprechenden Gegenbesuch. Ein positives Echo führt dann meist zur formellen Aufnahme einer Städtepartnerschaft, die mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde besiegelt wird.
In der Folgezeit werden je nach Engagement der Städte oftmals jährliche Besuche organisiert. Die Initiative hierzu geht entweder von der Stadtverwaltung, gelegentlich auch von Vereinen aus. Die Besucher sollen in der Regel bei privaten Gastgebern untergebracht werden, was das Zusammenwachsen der Völker fördert. Nehmen Vereine an einem solchen Austausch teil, so werden nicht selten gemeinsame Veranstaltungen, etwa Wettkämpfe (bei Sportvereinen) oder Konzerte (bei Musikvereinen oder Chören) veranstaltet.
Das tatsächliche Engagement ist jedoch sehr unterschiedlich. Je mehr Partnerstädte vorhanden sind, desto weniger scheint oft ein Austausch stattzufinden.
Einen bislang einmaligen Weg, ihre Städtepartnerschaften dauerhaft lebendig zu gestalten, geht die Stadt Osnabrück: Sie tauscht mit ihren Partnerstädten so genannte Städtebotschafter aus. Dabei handelt es sich um junge Leute, die ein Jahr lang in der jeweiligen Partnerstadt leben und in deren Verwaltung mitarbeiten. Dort erfüllen sie alle Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Städtepartnerschaft anfallen.
Gemeinden, die intensive europäische Partnerschaftskontakte unterhalten, können sich auch um Auszeichnungen des Europarats bewerben. Hierbei gibt es folgende Formen von Ehrungen: „Europadiplom“, „Ehrenfahne“, „Europaplakette“ und „Europapreis“. Diese werden stufenweise vergeben, so dass zunächst eine Bewerbung um das Europadiplom erfolgen muss. Wird dieses gewährt, kann sich die Kommune später um die Ehrenfahne etc. bewerben.
Eine schwächere Form der Städtepartnerschaft ist die Städtefreundschaft. Sie ist meist zeitlich begrenzt oder bezieht sich nur auf bestimmte Projekte einer Beziehung. Eine noch schwächere Form ist der Städtekontakt, welcher nur eine lose Beziehung zwischen zwei Städten oder Gemeinden darstellt. Beispiele hierfür sind die zahlreichen Kontakte deutsch-deutscher Kommunen nach der Wende.
Gründe für Städtepartnerschaften
Sinn und Zweck von Städtepartnerschaften ist das freiwillige Zusammenfinden von Menschen über Grenzen hinweg. In der Vergangenheit haben sich daher Städte nach entsprechenden Partnerstädten umgesehen. Dabei spielt die Größe der Stadt, die Struktur der Stadt (zum Beispiel ländlich geprägt oder Industriestadt) sowie beispielsweise auch das Vereinsleben eine besondere Rolle.
In vielen Fällen beruht die Städtepartnerschaft auf gemeinsamen Eigenschaften der Städte:
Namensgleichheit oder -ähnlichkeit
- Soest in Deutschland und Soest in den Niederlanden
- Coburg in Deutschland und Cobourg in Kanada
- Bocholt in Deutschland und Bocholt in Belgien
- Moosburg a. d. Isar in Deutschland und Moosburg in Österreich
- Melle in Deutschland und Melle in Frankreich, sowie New Melle (Bundesstaat Missouri) in den USA
- Eppingen in Deutschland und Epping im Vereinigten Königreich
- Marburg an der Lahn und Maribor in Slowenien, welches früher Marburg an der Drau hieß
- Dresden („Elbflorenz“) und Florenz
- Neustadt in Europa, Städte mit Namen „Neustadt“ in Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien und der Slowakei
- Münster und Monastir in Tunesien
- Altdorf bei Nürnberg und Altdorf UR in der Schweiz
- Olsberg in Deutschland und Olsberg AG in der Schweiz
Persönliche Beziehungen
- Paderborn und Belleville (Illinois) durch den gebürtigen Paderborner John (eigentlich Johannes) Janssen, der später erster katholischer Bischof von Belleville wurde
- Städtepartnerschaft Verl–Delphos durch den in Verl am 23. Januar 1794 geborenen Pfarrer Johannes Otto Bredeick, der im Jahr 1849 die Stadt Delphos (Ohio) gründete.
Wirtschaftliche und geographische Ähnlichkeit
- die Hafenstädte Hamburg und Marseille oder auch Rostock und Rijeka
- die Finanzmetropolen Frankfurt am Main und Mailand
- die Chemiestandorte Leverkusen und Schwedt/Oder
- die Universitätsstädte Heidelberg und Cambridge
- die Messestädte Hannover und Leipzig
- die Kurorte Bad Abbach und Charbonnières-les-Bains
- Frankfurt (Oder) und Słubice - Słubice (ehem. Dammvorstadt) ist ein ehemaliger Stadtteil Frankfurts
- Görlitz und Zgorzelec - Zgorzelec gehörte bis 1945 zu Görlitz
- Zwischen Frankreich und Deutschland sind oft Nachbargemeinden eines Landes mit Nachbargemeinden des Partnerlandes verbunden. Dies gründet auf der wirtschaftlichen Ähnlichkeit beider Bezirke.
Ähnliche Geschichte
- Pforzheim und Gernika, die beide durch Luftangriffe völlig zerstört wurden.
- Dresden und Coventry, vergleichbar mit dem ersten Beispiel
- Chemnitz ("sächsisches Manchester") und Manchester, Wuppertal und Saint Etienne ähnliche Entwicklung während der industriellen Revolution
- Viereckspartnerschaft Bochum – Sheffield – Oviedo – Donezk, alle Städte sind von der Montanindustrie geprägt und haben heute mit ähnlichen strukturellen und städtebaulichen Problemen zu kämpfen
- die Krönungsstädte Aachen und Reims sowie die ehemalige spanische Residenzstadt Toledo
- die Königs-, Kaiser- und historischen Handelsstädte Krakau, Nürnberg und Frankfurt am Main
- Austragungsorte der Olympischen Spiele 1972 München und Sapporo
Vergangenheitsbewältigung/Versöhnung
- die 20 km auseinanderliegenden Städte Hof (Saale) und Plauen, die vor dem 2. Weltkrieg eine enge Freundschaft pflegten, aber während des Kalten Krieges trotz ihrer geographischen Nähe durch den Eisernen Vorhang völlig voneinander abgeschnitten waren
- Sonneberg und Neustadt bei Coburg, vergleichbar mit dem ersten Beispiel
- Affing und Łobez – Mahnmal für hingerichteten polnischen Zwangsarbeiter in Affing-Aulzhausen
Religiöse Beziehungen
- Paderborn und Le Mans über den gemeinsamen Bistumspatron Liborius
- Weingarten und Mantua, die beide der Verehrung einer Heilig-Blut-Reliquie unterliegen
- Ober-Ramstadt (Hessen) und Pragelato (Italien), Waldenser-Flüchtlinge aus Pragelato haben sich in Ortsteilen von Ober-Ramstadt im 17.Jh. angesiedelt
EU-Partnerschaften
Darüber hinaus gibt es auch Städtepartnerschaften, bei denen entwicklungspolitische Aspekte oder die Lokale Agenda 21 im Vorgergrund stehen (sogenannte kommunale Entwicklungspartnerschaften, Nord-Süd-Partnerschaften bzw. Agenda-Partnerschaften):
Lokale Agenda 21
- Cajamarca (Peru) und Berlin-Treptow-Köpenick [2]
Kommunale Entwicklungspartnerschaft
Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wo teilweise das Gegenteil zutrifft.
- So ging das niederländische Dorf Ee eine Städtepartnerschaft mit der walisischen Gemeinde Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch - dem Ort mit dem längsten Ortsnamen Europas - ein.[4]
Dreieckspartnerschaften
- Osnabrück (D) ↔ Angers (F) ↔ Haarlem (NL), seit 1964
- Tübingen (D) ↔ Perugia (I) ↔ Aix en Provence (F)
- Witzenhausen (D) ↔ Saint-Vallier sur Rhone (F) ↔ Filton (GB), seit 1979
- Leinfelden-Echterdingen (D) ↔ Manosque (F) ↔ Voghera (I), seit 2001
- Markkleeberg (D) ↔ Pierre-Bénite (F) ↔ Bovile-Ernica (I), seit 2005
- Immenstadt (D) ↔ Lillebonne (F) ↔ Wellington (Somerset) (GB)
- Schorndorf (D) ↔ Tulle (F) ↔ Bury (GB), seit 1969
- Schorndorf (D) ↔ Tulle (F) ↔ Dueville (I), seit 2009
- Hürth (D) ↔ Thetford (GB) ↔ Skawina (Pl), seit 1996
Kritik an Städtepartnerschaften
„‚[…] zu teuer und zu aufwendig‘ […] Mitunter müssten solche Partnerschaften sogar künstlich am Leben gehalten werden […] Und da das eigentliche Ziel dieser internationalen Begegnung auf zwischenmenschlicher Ebene angesiedelt sei, könne es dort auch viel besser umgesetzt werden“, meinte ein Bürgermeister in den Westfälischen Nachrichten am 17. August 2005 im Hinblick auf die sonstigen internationalen Kontakte der Bürger bzw. Vereine.
Die Gefahr ist, dass durch Wechsel der Ansprechpartner in einer Kommune Nachfolger nicht den gleichen Ehrgeiz haben und besonders ältere Partnerschaften manchmal als „eingeschlafen“ gelten und einer „Erneuerung“ bedürfen.
Literatur
- Kai U. Jürgens: „Die Spur ist die Mutter des Weges.“ Tallinn und Kiel – Die Geschichte einer Städtepartnerschaft. Ludwig Verlag, Kiel 2006, ISBN 3-937719-44-X
Einzelnachweise
- ↑ Council of European Municipalities and Regions (CEMR)
- ↑ Städtepartnerschaft Treptow-Köpenick – Cajamarca/Peru
- ↑ Aachen-Kapstadt Partnerschaft Aachen - Kapstadt
- ↑ Lexikon der Superlative. Außerordentliches und Kurioses aus der Welt der Rekorde - Ausgabe 2000. Bertelsmann, 2000, ISBN 3-577104317.
Weblinks
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