Paullini

Paullini
Christian Franz Paullini

Christian Franz Paullini (* 25. Februar 1643 in Eisenach; † 10. Juni 1712 in Eisenach) war ein Arzt, Universalgelehrter sowie Schriftsteller in deutscher und lateinischer Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der multitalentierte Gelehrte entstammte einer Eisenacher Kaufmanns- und Gelehrtenfamilie. Er besuchte mehrere Thüringer Schulen, um schließlich am Coburger Gymnasium sein Abitur abzulegen. Er studierte Medizin und Theologie in Danzig, Königsberg, Rostock, Lübeck, Kiel und Kopenhagen, erhielt den Magistergrad in Wittenberg und die medizinische Promotion in Leiden. Dazwischen lagen längere und kürzere Aufenthalte in Cambridge, Oxford, Schweden, Norwegen und Island. Er wurde Leibarzt und Historiograf des Bischofs von Münster und später „Leib-Medicus“ am braunschweigischen Hof in Wolfenbüttel. Im Jahre 1685 kehrte er nach Eisenach zurück und nahm dort 1689 den Posten eines „Herzoglichen Stadtphysicus“ an.

Als einer der letzten Polyhistoren machte sich Paullini zu seinen Lebzeiten nicht nur als Arzt, sondern auch als Schriftsteller, Historiker, Philosoph und Ethnograph einen Namen. Er korrespondierte u. a. mit Gottfried Wilhelm Leibniz und war mit dem gelehrten Jesuiten Athanasius Kircher bekannt. In seinem langen Leben als Privatgelehrter verfasste er mindestens 50 Bücher. Er war Mitglied in Sprach- und Literaturgesellschaften sowie wissenschaftlichen Akademien wie der Fruchtbringenden Gesellschaft (als Der Wachsame), dem bis heute bestehenden Pegnesischen Blumenorden und der Leopoldina, der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher.

Werke

Dreckapotheke

Von den vielen Werken Paullinis hat nur Die Dreckapotheke längeres Interesse geweckt, sie wurde noch bis ins 18. Jahrhundert mehrfach neu aufgelegt. Medizinhistoriker des 19. Jahrhunderts stellten ihn daraufhin unberechtigterweise als ungebildeten Quacksalber und bloßen Kompilator von mittelalterlichen Rezepten aus dem Volk dar. Die moderne evidenzbasierte Medizin tut ihn wegen seiner heute kurios anmutenden Rezepte [1] als Volksmediziner und Scharlatan ab. Doch muss man ihn aus zeitgenössischer Perspektive betrachten, aus der er ein streng wissenschaftlich arbeitender Arzt war. In seinen Rezepten richtete er sich nach der antiken Humoralpathologie (der Vier-Säfte-Lehre), die noch im Barock weitgehend anerkannter Standard war. Mit seiner Dreckapotheke versuchte er den ärmeren Schichten Zugang zu wirksamen Heilmethoden zu verschaffen.

Viele dieser Rezepte lassen sich bis ins Pharaonenreich [2] und zu den antiken Ärzten wie etwa Galenus zurückverfolgen. Dabei ist anzumerken, dass schon Galenus diese Rezepte nur seinen weniger begüterten Patienten verschrieb. Nach Jahrhunderten der Diffamierung entdecken die Medizinhistoriker in letzter Zeit die Klostermedizin wieder, die sie lange als Dreckapotheke bezeichnet hatten [3]. Einige der abstrus anmutenden Rezepte erweisen sich durchaus als wirksam. Gefördert durch die Pharmaindustrie durchsuchen Medizinhistoriker die alten Schriften nach neuen Wirkstoffen.

Hier eine Auswahl seiner Werke:

  • Cynographia curiosa seu canis descriptio. Nürnberg 1685
  • De antiqua et nobili familia Cottarum, Dissertatione historica. Gießen 1694 (Dt. Übs. u.d.T. Dissertation über die alte und vornehme Familie der Cotta. Halle, Stadtarchiv Eisenach 1940)
  • Flagellum salutis…wie mit Schlägen allerhand…unheylbare Kranckheiten…curiret worden. Frankfurt/M. 1698
  • Heylsame Dreck-Apothecke: wie nemlich mit Koth und Urin fast alle, ja auch die schwerste, gifftigste Kranckheiten…curiret worden. Frankfurt/M. 1696 u.ö. (verm. Ausg. in 2 Bdn. Frankfurt/M. 1714 u.ö.)
  • Das hoch- und wohl-gelahrte Teutsche Frauen-Zimmer. Erfurt 1705
  • Kleine, doch curieuse Bauern-Physic. Erfurt 1705
  • Philosophische Lust-Stunden, oder allerhand schöne … Curiositäten. 2 Bde. Erfurt 1706-07
  • Philosophischer Feyerabend, in sich haltend, allerhand anmutige, seltene, curieuse…Begebenheiten. Frankfurt/M. 1700
  • Zeit-kürtzende erbauliche Lust, oder allerhand auserlesene Merckwürdigkeiten. 3 Bde. Frankfurt/M. 1693-97

Literatur (Auswahl)

  • W. Klinghammer: Paullini und die <Annales Isenacenses>. Diss. 1925
  • Hermann Lövinson: Die Mindensche Chronik … ein Fälschung Paullinis, 1890
  • G. Metze: Christian Franz Paullini. Leben und Wirken. Diss. 1966
  • Wolfgang Schneider: „Über Paullinis <Dreckapotheke>“, in: Veröfftl. d. Int. Ges. f. Gesch. d. Pharmazie 26 (1965)
  • Lux, Anne-Christin: „Die Dreckapotheke des Christian Franz Paullini“, in: Körperlichkeit und Kultur 2004 – Interdisziplinäre Medikalkulturforschung. Dokumentation des 7. Arbeitstreffens des „Netzwerk Gesundheit und Kultur in der volkskundlichen Forschung“ Würzburg, 31. März - 2. April 2004. Rainer Alsheimer; Roland Weibezahn (Hrg.). Bremen 2005. (Volkskunde & Historische Anthropologie, Bd. 10.), S. 41-66.
  • Walther Killy: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache (15 Bände). Gütersloh, München: Bertelsmann-Lexikon-Verl., 1988-1991 (CD-ROM: Berlin 1998, ISBN 3-932544-13-7)

Werk- und Literaturverzeichnis

  • Gerhard Dünnhaupt, „Christian Franz Paullini (1643-1712)“, in: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock, Bd. 4. Stuttgart: Hiersemann 1991, S. 3080-3103. ISBN 3-7772-9122-6

Weblinks

Fußnoten

  1. Wundsalben aus Schafdung
  2. Dreckapotheke im alten Ägypten (siehe letzter Abschnitt)
  3. Forschungsprojekt Klostermedizin Universität Würzburg

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