Atlantikkonferenz

Atlantikkonferenz

Die Atlantik-Charta vom 14. August 1941 ist ein von den damaligen Regierungschefs der USA, Franklin D. Roosevelt, und Großbritanniens, Winston Churchill, verabschiedetes Dokument, das beider Vorstellungen von einer neuen Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg präzisiert.

Roosevelt und Churchill an Bord der Prince of Wales

Geprägt von dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion trafen sich Roosevelt und Churchill im August 1941 auf dem britischen Schlachtschiff HMS Prince of Wales in der Placentia Bay vor Neufundland. Auf der sogenannten Atlantikkonferenz vereinbarten sie die Atlantik-Charta, ein angelsächsisches Nachkriegsprogramm. Darüber hinaus wurden auf der Konferenz gesteigerte US-Waffenlieferungen an Großbritannien und die UdSSR vereinbart sowie eine Ausweitung der amerikanischen Sicherungszone für diese Lieferungen bis nach Island. Besprechungen, die sich vor allem um die Lage in China und Spanien drehten, führten zu keinen militärstrategischen Entscheidungen.

Insgesamt wurden acht Punkte festgehalten, darunter: Verzicht auf territoriale Expansion, gleichberechtigter Zugang zum Welthandel und zu Rohstoffen, Verzicht auf Gewaltanwendung, Selbstbestimmungsrecht, Liberalisierung des Handels, Freiheit der Meere.

Die Atlantikcharta wurde, als sich später weitere Staaten zu ihr bekannten, zum grundlegenden Dokument für die Vereinten Nationen. Sie hatte das Ziel einer besseren Weltordnung (vor allem unter Beachtung des Völkerrechts, der Selbständigkeit von Völkern zur Staatsgründung usw.). Eine gewisse Anlehnung an den Vierzehn-Punkte-Plan von Woodrow Wilson lässt sich nicht verleugnen.

Mehrere Punkte der Charta waren zwischen Roosevelt und Churchill umstritten. So widersprach Punkt drei der Dominanz Englands im Commonwealth, die ein Ausscheiden einzelner Staaten aus diesem Verbund nicht vorsah. Punkt vier stand die handelspolitische Abschottung des britischen Commonwealth nach außen entgegen. Churchill stimmte der Charta aber mit der Einschränkung zu, dass Großbritannien eine Anwendung auf das Commonwealth nicht zulassen werde. Die UdSSR beanspruchte später, jeweils im Einzelfall, insbesondere in Polen und im Baltikum, zu entscheiden, ob die Atlantik-Charta auf ihr Interessengebiet angewendet werden sollte.

Punkt zwei der Charta widersprach den Vorstellungen der Exilregierungen der von Truppen der Achse besetzten Länder, die eigene Vorstellungen von den Grenzen ihrer Staaten nach Kriegsende hatten. Sie meldeten Vorbehalte an. Die polnische Regierung sah ihren Anspruch auf Ostpreußen und Danzig gefährdet, Jugoslawien ging es darum, die Grenze Italiens hinsichtlich Slowenien zu seinen Gunsten zu revidieren, und Triest zu erhalten, Tschechien ging es um das Sudetenland.

Wortlaut (deutsche Übersetzung)

Die Charta

Atlantik-Charta vom 14. August 1941

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und der Premierminister Churchill, der die Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich vertritt, sind zusammengetroffen und halten es für richtig, gewisse Grundsätze der nationalen Politik ihrer Länder bekanntzugeben, auf die sie die Hoffnung für eine bessere Zukunft der Welt gründen.

  1. Ihre Länder streben keine Bereicherung an, weder in territorialer noch in anderer Hinsicht.
  2. Sie wünschen keine territorialen Veränderungen, die nicht im Einklang mit dem Willen der betreffenden Völker stehen.
  3. Sie achten das Recht sämtlicher Völker, jene Regierungsform zu wählen, unter der sie leben wollen. Sie wünschen, dass die Souveränität und die Eigen-Verwaltung jenen zurückgegeben werden, denen sie gewaltsam entrissen wurden.
  4. Sie sind bestrebt, mit Rücksicht auf bestehende Verpflichtungen dahin zu wirken, dass alle Staaten, ob groß oder klein, ob Sieger oder Besiegte, gleichermaßen Zutritt zum Handel und zu den Rohstoffen der Welt erhalten, um zu wirtschaftlichem Wohlstand zu gelangen.
  5. Sie erstreben die größtmögliche wirtschaftliche Zusammenarbeit aller Völker mit dem Ziele, allen Menschen bessere Arbeitsbedingungen, wirtschaftlichen Aufstieg und soziale Sicherheit zu bieten.
  6. Nach der endgültigen Zerstörung der Nazi-Herrschaft erhoffen sie die Gestaltung eines Friedens, der es allen Völkern ermöglicht, innerhalb ihrer Grenzen in Frieden zu leben und der allen Menschen in allen Ländern ein Leben frei von Not gewährleistet.
  7. Dieser Friede soll es allen Menschen ermöglichen, ohne Hindernisse die Meere und Ozeane zu bereisen.
  8. Sie hegen die Überzeugung, dass alle Völker dieser Welt aus ethischen und praktischen Gründen zum Verzicht auf Gewaltanwendung gelangen müssen. Der künftige Friede kann nicht erhalten werden, wenn die Rüstung zu Lande, zu Wasser und in der Luft durch Nationen weitergeführt wird, die mit Angriffen über ihre Grenzen hinaus drohen oder zu drohen bereit sind, daher glauben sie, dass die Abrüstung dieser Nationen nötig ist, solange nicht ein umfassendes und dauerhaftes System allgemeiner Sicherheit besteht. Sie werden in gleicher Weise alle anderen praktischen Maßnahmen fördern und ermutigen, den friedliebenden Völkern die erdrückenden Rüstungslasten zu erleichtern.

gez. Franklin D. Roosevelt gez. Winston S. Churchill

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