Peenemünder Schnellbahnzüge

Peenemünder Schnellbahnzüge
ehemaliger Peenemünder Schnellbahnzug (Umbau zum ET 26 der Deutschen Bundesbahn) im Historisch-technischen Informationszentrum auf dem Gelände des Kraftwerks in Peenemünde

Als Peenemünder Schnellbahnzüge werden elektrische Triebwagen und Steuerwagen bezeichnet, die weitgehend der Berliner S-Bahn-Baureihe ET/EB 167 entsprachen und auf der Werkbahnstrecke Zinnowitz–Peenemünde fuhren.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Für die elektrische Werkbahn der Heeresversuchsanstalt Peenemünde bestellte die Wehrmacht im Spätsommer 1940 zehn und im Januar 1941 weitere fünf Triebzüge, bestehend aus Trieb- und Steuerwagen. Hersteller waren die Dessauer Waggonfabrik für die Triebwagen und für die Steuerwagen die Waggon- und Maschinenfabrik AG vorm. Busch in Bautzen, der elektrische Teil stammte von den Siemens-Schuckertwerken. Diese Züge glichen im wagenbaulichen Teil weitgehend den Triebzügen Baureihe 1939 der Berliner S-Bahn (Typ ET/EB 167 081 bis 211) und im elektrischen Teil den von Siemens gelieferten U-Bahnwagen für die Linien C-D-E der Subterráneos de Buenos Aires, waren also für Oberleitungsbetrieb mit 1100 V Gleichstrom ausgelegt.

Bis Ende 1942/Anfang 1943 waren alle 15 Einheiten (Trw/Stw 01–15) im Reichsbahnausbesserungswerk Berlin-Schöneweide (RAW Schöneweide) abgenommen und zur Werkbahn-Triebwagenhalle Karlshagen gebracht worden. Die erste dokumentierte Probefahrt war am 28. Februar 1943, der elektrische Betrieb begann am 15. April, ein dichter Fahrplan – nun auch als S-Bahnverkehr bezeichnet – begann am 1. Juni 1943. Die Züge fuhren in der Regel als Halbzüge in der Zusammenstellung Trw/Stw + Stw/Trw, mitunter auch als Dreiviertelzüge.

Nicht nur Militärs und Angestellte benutzten die Schnellbahnzüge sondern auch in Peenemünde beschäftigte Kriegsgefangene in separaten Abteilen.

Akkumulatorentriebwagen der Peenemünder Werkbahn im Jahr 1943

Durch den schweren Bombenangriff in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 („Operation Hydra"), der vor allem der Siedlung Karlshagen und dem dort wohnenden Entwicklungspersonal galt, wurden in und vor der Triebwagenhalle abgestellte Schnellbahnwagen vollständig zerstört (4 Triebwagen, 6 Steuerwagen). Leicht beschädigte Einheiten konnten im RAW Schöneweide oder bei den Waggonfabriken instandgesetzt werden, die schwer beschädigten zunächst nicht.

Der elektrische Werkbahnbetrieb endete am 21. April 1946, als auf Befehl der sowjetischen Militäradministration der gesamte elektrische Eisenbahnbetrieb in Mitteldeutschland eingestellt werden musste. Die Anlagen wurden demontiert und abtransportiert.

Neben den elektrischen Schnellbahnwagen für Oberleitungsbetrieb waren bei der Peenemünder Werkbahn zwei Akkumulatorentriebzüge im Einsatz, die aus jeweils zwei Trieb-und drei Steuerwagen bestanden. Sie schufen ab Oktober 1940 bzw. August 1941 ein größeres Platzangebot für den Werkpersonenverkehr, der zuvor mit Klein- oder Dampflok und Personenwagen abgewickelt wurde. Diese Akkuzüge waren für DRB-Strecken zugelassen und fuhren über Zinnowitz hinaus bis Ückeritz oder Wolgaster Fähre.

Nachkriegsverbleib

Der Großteil der verbliebenen Peenemünder Schnellbahnzüge kam nach Kriegsende über die Sowjetunion zur Berliner S-Bahn
  • Eine Einheit fand man bei der RBD Nürnberg auf (Peenemünder Nummer unbekannt); sie gelangte zur Isartalbahn und wurde als ET/ES 182 01 bezeichnet (später Umbau in ET/ES 26 02, seit 2004 Exponat des Historisch-Technischen Informationszentrums Peenemünde).
  • Die Einheit Trw/Stw 05, der Trw 02 sowie ein weiterer Triebwagen (Nummer unbekannt; alle Fahrzeuge schwer beschädigt) standen bei Kriegsende im RAW Schöneweide zur Reparatur. Zunächst wurden sie als Beiwagen eingereiht (EB 167 242 und 243) und mit Berliner Triebwagen gekuppelt. Im Zuge der Modernisierung in den 1970er Jahren wurden diese zu Steuerviertelzügen umgebaut.
  • Drei Einheiten transportierte man aus Thüringen sowie vermutlich vier Einheiten von Usedom in die Sowjetunion ab. Diese sieben Einheiten (Peenemünder Nummern unbekannt) gab die UdSSR 1952 an die Deutsche Reichsbahn zurück, die sie zu Berliner S-Bahnwagen umbaute und zunächst als ET/EB 167 286–292 bezeichnete. Nach einem weiteren Umbau 1966 zeichnete sie die DR in ET/ES 166 054–060 um.

Die Steuerviertelzüge (nicht nur Ex-Peenemünder) waren zuletzt als Baureihe 477/877 601–608 bezeichnet. Sie wurden in der Regel auf schwach belasteten Strecken in den Abendstunden (beispielsweise Schöneweide – Spindlersfeld) oder für besondere Aufgaben eingesetzt. Die dafür nicht benötigten Steuerviertel liefen in normalen Zügen mit, auch mit dem Steuerwagen an der Zugspitze.

Die ehemaligen Peenemünder Wagen 276 069/070 und 877 602 (ex Trw 05) werden als Museumsfahrzeuge vom Verein Historische S-Bahn e. V. aufbewahrt.

Der Peenemünder Steuerwagen 877 601 steht zusammen mit dem Berliner Triebwagen 477 601 in Buckow beim Eisenbahnverein Märkische Schweiz e.V.

Literatur

  • Historische S-Bahn e. V. (Hrsg.): Züge der Berliner S-Bahn. Die eleganten Rundköpfe. GVE, Berlin 2003, ISBN 3-89218-477-1
  • Bernd Kuhlmann: Peenemünde - Das Raketenzentrum und seine Werkbahn. GVE, Berlin 2003, ISBN 3-89218-081-4

Weblinks

 Commons: Peenemünder Schnellbahnzüge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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