- Triebwagen
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Triebwagen, Triebzug und Triebwagenzug bezeichnen Eisenbahnfahrzeuge oder eine Gruppe von Eisenbahnfahrzeugen mit eigenem Antrieb, die anders als Lokomotiven nicht primär zum Befördern von angekuppelten Wagen dienen, sondern selbst Fahrgäste oder Fracht aufnehmen. Neben den Fahrzeugen des Personenverkehrs gibt es auch Gütertriebwagen. Gepäcktriebwagen sind heute vor allem noch in der Schweiz anzutreffen, sind andernorts mit dem Rückgang oder der Abschaffung des Gepäcktransports aber verschwunden. In einigen Ländern gab und gibt es spezielle Posttriebwagen oder -züge, zum Beispiel in Belgien, den Niederlanden oder in Frankreich (dort als „TGV La Poste“).
Vor allem auf Nebenbahnen und Schmalspurbahnen wurden früher Triebwagen anstelle von Lokomotiven für Personen- und Güterzüge eingesetzt, weil die kleinere Antriebsleistung für das im Vergleich zu Hauptbahnen geringere Verkehrsaufkommen ausreichte und pro Zug ein Reisezugwagen eingespart werden konnte. Solche Triebwagen wurden gelegentlich als Schlepptriebwagen bezeichnet. Auf einigen Schmalspurbahnen, z. B. bei der Berninabahn, hat sich diese Betriebsart bis heute gehalten und in Zukunft werden dreiteilige Triebzüge die Traktion der Züge übernehmen.
Am häufigsten finden sich Triebwagen im elektrischen Betrieb als Elektrotriebwagen. Ebenfalls große Verbreitung gefunden haben Dieseltriebwagen, wogegen Benzintriebwagen und Dampftriebwagen vergleichsweise selten waren. Triebwagen mit mehreren Antriebsarten heißen Hybridtriebwagen.
Triebzüge stellen einen im Betrieb unteilbaren Verband von Fahrzeugen dar, im einfachsten Fall ein Trieb- und ein Steuerwagen. Meistens wird der Begriff Triebzug allerdings erst für mindestens dreiteilige Züge gebraucht. Anstelle von Triebwagen können in Triebzügen auch Lokomotiven eingereiht sein, in diesem Falle spricht man dann von einem Triebkopf.
Bei der Straßenbahn verkehren Triebwagen meistens alleine oder in Mehrfachtraktion. Früher weit verbreitet und heute etwas seltener ist der Betrieb mit Beiwagen ohne eigenen Antrieb. Einrichtungsfahrzeuge haben nur einen Führerstand und Türen nur auf einer Seite; sie benötigen an den Endstellen Wendeschleifen. Zweirichtungswagen sind so wie Eisenbahnfahrzeuge frei in beide Richtungen verwendbar. Vereinzelt wurden auch zwei Triebwagen „Rücken an Rücken“ gekuppelt, so dass sie als Zweirichtungszug verwendet werden können. Für die freie Verwendbarkeit müssen die beiden Triebwagen sowohl links als auch rechts Türen besitzen. Man spricht dann auch von Anderthalbrichtungsfahrzeugen. Anstelle eines zweiten Triebwagens kann auch ein mit Führerstand ausgerüsteter Beiwagen, also ein Steuerwagen eingesetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Definitionen
- Ein Triebwagen ist ein einzelner, angetriebener Wagen, der allein oder zusammen mit Steuer-, Mittel- und Beiwagen als Zug eingesetzt wird. Gewisse Triebwagen können auch anstelle einer Lokomotive einen Zug befördern.
- Ein Doppeltriebwagen besteht aus zwei fix gekuppelten Triebwagen und wird gleich wie ein Triebwagen eingesetzt.
- Ein Gelenktriebwagen ist ein Triebwagen, der aus mehreren gelenkig verbundenen Kastenelementen besteht, z. B. mit Jakobs-Drehgestell, aufgesattelt wie beim GTW oder in der Art der Kurzgelenkwagen.
- Ein Triebzug ist eine mit eigenem Antrieb versehene, im Regelbetrieb nicht trennbare Einheit aus mehreren Fahrzeugen; diese werden je nach Funktion als Triebwagen/Triebkopf, Mittel- und Steuerwagen bezeichnet. Auch vielteilige Gelenktriebwagen werden als Triebzüge bezeichnet. Der Triebzug unterscheidet sich vom Wendezug (schweiz.: Pendelzug) dadurch, dass die Mittelwagen nicht als normale Reisezugwagen verwendet werden können. (Auch Wendezüge werden heute oft nur noch in den Fahrzeugunterhaltungszentren umformiert.)
- Ein Triebwagenzug wird aus zwei oder mehreren Triebwagen – also ausschließlich motorisierten Einheiten – gebildet (zum Beispiel ET 403 und ET 420 der Deutschen Bundesbahn). Diese über Jahrzehnte verwendete klare Definition wurde zuletzt jedoch verwässert; nach einer neueren, zu Kuppelzwecken getroffenen Definition handelt es sich um Triebwagenzüge, sofern die gekuppelten Triebwageneinheiten betrieblich trennbar sind – z. B. für Flügelzugkonzepte. (Einheiten, die betrieblich nicht trennbar sind, seien dagegen allein schon aus diesem Grund Triebzüge.)[1]
- Als Zwillingstriebwagen bezeichnet man zwei permanent miteinander gekuppelte Straßenbahn-Triebwagen die nur gemeinsam eingesetzt werden können
Umgangssprachlich werden die Begriffe „Triebwagen“, „Triebzug“ und „Triebwagenzug“ nicht immer scharf voneinander abgegrenzt. „Triebzug“ wird dabei eher im technischen Zusammenhang verwendet; für kürzere Einheiten wird dafür häufig auch der Begriff „Triebwagen“ gebraucht.
Kennbuchstaben verschiedener Typen
Bei den Eisenbahnen in Deutschland und Österreich sind die folgenden Kennbuchstaben gebräuchlich:
- DT – Dampftriebwagen, z. B. BBÖ Reihe DT 1, spätere ÖBB Reihe 3071
- DET – Doppelstock-Elektrotriebzug, z. B. Siemens DET 445
- DTZ – Doppelstock-Triebzug
- ET – Elektrotriebwagen/-triebzug, z. B. DB-Baureihe 425. Teilweise wird hierfür auch die englische Abkürzung EMU (Electrical Multiple Unit) verwendet.
- ETA – Akkumulatortriebwagen, DB Baureihe ETA 150, später DB Baureihe 515
- VT – Verbrennungstriebwagen/-triebzug; heutzutage handelt es sich dabei in aller Regel um Dieseltriebwagen/-züge, z. B. DB-Baureihe 628. Für solche wird gelegentlich auch die englische Abkürzung DMU (Diesel Multiple Unit) bzw. bei dieselelektrischem Antrieb DEMU (Diesel-Electrical Multiple Unit) verwendet.
- SVT – Schnelltriebwagen mit Verbrennungsmotor, ehemals bei der Deutschen Reichsbahn vor 1945
In der Schweiz sind die meisten dieser Kennbuchstaben und Abkürzungen ungebräuchlich, ausgenommen DTZ für die elektrischen Doppelstock-Triebzüge SBB RABe 514 der S-Bahn Zürich. Der Triebwagentyp geht aus der Bauartbezeichnung hervor, beispielsweise:
- RAm – Triebwagen/Triebzug mit mindestens 110 km/h (R), nur 1. Klasse (A), Brennstoffantrieb (m), z. B. SBB RAm TEE
- RBe – Mindestens 110 km/h, nur 2. Klasse, elektrisch (e), z. B. SBB RBe 540
- RABDe – Mindestens 110 km/h, 1. und 2. Klasse, Gepäckabteil (D), elektrisch, z. B. SBB RABDe 8/16
- Deh – Reiner Gepäcktriebwagen, elektrisch, Adhäsions- und Zahnradantrieb (h nach e), z. B. BVZ Deh 4/4
- Bhe – Nur 2. Klasse, reiner Zahnradantrieb (h vor e), elektrisch, z. B. PB Bhe 1/2
Übersicht über die Triebwagenentwicklung im deutschen Eisenbahnverkehr
Die ersten Dampftriebwagen wurden in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts im Nahverkehr eingesetzt.
Bei den meisten frühen elektrischen Bahnen wurden zunächst straßenbahnartige Triebwagen verwendet, so beispielsweise bei der Volk’s Electric Railway von Magnus Volk in Brighton, die den Betrieb im August 1883 aufnahm, der 1895 in Betrieb genommenen ersten deutschen elektrischen Vollbahn Meckenbeuren–Tettnang, der 1900 eröffneten Elektrischen Kleinbahn Mansfeld und der 1903 eröffneten Elektrischen Kleinbahn Alt-Rahlstedt–Volksdorf–Wohldorf bei Hamburg.
Bei der ab 1907 elektrisch betriebenen Hamburg-Altonaer Stadt- und Vorortbahn wurden demgegenüber kurzgekuppelte und mit Motorantrieb versehene preußische Abteilwagen verwendet.
In Folge der Entwicklung der elektrischen Antriebstechnik kamen Anfang des 20. Jahrhunderts Elektrotriebwagen und auch Akkumulatortriebwagen (z. B. in Preußen spätere ETA 177) auf, ebenfalls überwiegend für den Nahverkehr. Im Jahre 1903 stellte ein Drehstrom-Triebwagen auf dem Abschnitt Marienfelde–Zossen der Militäreisenbahn Marienfelde–Zossen–Jüterbog den Geschwindigkeitsrekord von 210 km/h auf.
In den 1920er Jahren wurden neben Elektrotriebwagen vermehrt Triebwagen mit Verbrennungsmotor mit unterschiedlichen Konzepten der Kraftübertragung in Dienst gestellt. Es entstanden in Deutschland eine Vielzahl von Nahverkehrstriebwagen und auch erste Eiltriebwagen. Anfang der 1930er Jahre wurde der Schritt zum Einsatz von Triebwagen im Schnellverkehr vollzogen, in Deutschland mit dem Fliegenden Hamburger von 1932 oder dem späteren ET 11.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sowohl für den Nahverkehr als auch für den Fern- und Schnellverkehr neue Triebwagen konzipiert. In den 1950er Jahren entstanden der VT 08 und der VT 11.5 als Schnellverkehrstriebwagen und der ET 30 als Nahverkehrstriebwagen.
Für den Nahverkehr vor allem auf schwach ausgelasteten Nebenbahnen wurde in Deutschland der Schienenbus entwickelt (DB-Baureihen VT 95 und VT 98, der u. a. auch bei der ÖBB als Baureihe 5081 zum Einsatz kam).
Für die DR entwickelte der VEB Waggonbau Bautzen den als „Ferkeltaxe“ bekannten Typ VT 209. Der VEB Waggonbau Görlitz entwickelte Anfang der 1960er Jahre die Baureihe VT 18.16 (Bezeichnung ab 1970 BR 175) für den schnellen und internationalen Fernverkehr.
Ab Mitte der 1960er Jahre wurde für den Fernverkehr in Deutschland auf lokbespannte Züge gesetzt, Triebwagen wurden vornehmlich für den Nahverkehr beschafft. Die einzige Ausnahme war der IC-Triebwagenzug ET 403 der DB. Erst seit Einführung des ICE werden in Deutschland auch im Fernverkehr wieder vermehrt Triebwagen eingesetzt. Gepäck- oder Gütertriebwagen fanden in Deutschland bisher keine nennenswerte Verbreitung.
Einsatz im Eisenbahnverkehr heute
Auf nicht elektrifizierten Nebenbahnen, manchmal auch auf Hauptbahnen, werden im Nahverkehr Dieseltriebzüge eingesetzt. Sie haben weitgehend die lokbespannten Züge abgelöst. Einige, wie beispielsweise die Baureihe 610 („Pendolino“), verfügen über Neigetechnik.
In den großen Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Frankfurt am Main erledigen elektrische Triebzüge den Nahverkehr als S-Bahnen. Fast baugleiche Elektrotriebzüge fahren zunehmend auch in Regionalbahnverkehren. Diese Züge werden an allen oder fast allen Achsen angetrieben, um die geforderte hohe Beschleunigung zu erreichen.
Der ICE 3, der beispielsweise auf der Neubaustrecke Köln–Rhein/Main verkehrt, sowie der ICE 3MF, der zwischen Frankreich und Südwestdeutschland eingesetzt wird, sind Triebzüge – keine Triebwagenzüge –, da nur ein Teil der Wagen angetrieben wird. Ebenso der mit Neigetechnik ausgerüstete ICE T-Zug.
Technik heute
Für neue Triebwagen-Generationen werden Leichtmetall- und Verbundwerkstoffe verwendet, um die Masse der Fahrzeuge deutlich zu senken. Sie haben meist eine automatische Mittelpufferkupplung statt der herkömmlichen Schraubenkupplung.
Triebwagen mit Verbrennungsmotor haben meist eine hydrodynamische Kraftübertragung mit Strömungsgetrieben. Ein dieselelektrischer Antrieb mit nachgeschaltetem Generator und elektrischen Fahrmotoren ist in Deutschland seltener, er wurde beispielsweise bei den Schnelltriebwagen „Fliegender Hamburger“ von 1936 oder bei den ab 1976 in Betrieb gesetzten LHB VT 2E angewendet und hat heute mit den GTW und den „Talenten“ der Reihe 644 wieder eine gewisse Verbreitung gefunden. Kleinere Triebwagen (Schienenbus) besitzen häufig ein mechanisches Automatikgetriebe mit Retarder aus dem Kraftfahrzeugbau.
Ein Problem bei Diesel-Triebwagen kann die Beeinträchtigung des Fahrkomforts durch Motorgeräusche und Vibrationen sein.
Literatur
- Günther Klebes: Die elektrischen und Diesel-Triebfahrzeuge auf der Eisenbahntechnischen Ausstellung in Seddin anläßlich der Eisenbahntechnischen Tagung in Berlin in der Zeit vom 21. September bis 5. Oktober 1924. Monographien und Mitteilungen, Folge 20 (Doppelheft). Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e.V. Karlsruhe 1978. ISBN 3-921700-18-3
- Horst J. Obermayer: Taschenbuch Deutsche Triebwagen, Frankh Stuttgart 1986, ISBN 3-440-04054-2
Weblinks
Commons: Triebwagen – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Triebwagen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenEinzelnachweise
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