Pelecaniformes

Pelecaniformes
Ruderfüßer
Brillenpelikan(Pelecanus conspicillatus)

Brillenpelikan
(Pelecanus conspicillatus)

Systematik
Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Ruderfüßer
Wissenschaftlicher Name
Pelecaniformes
Sharpe, 1891

Die Ruderfüßer (Pelecaniformes) sind eine Ordnung der Vögel, zu denen unter anderem die Pelikane, die Kormorane und die Tölpel zählen. Benannt sind diese Wasservögel nach dem Ruderfuß, bei dem alle Zehen durch Schwimmhäute verbunden sind; davon abgesehen gibt es wenige gemeinsame Merkmale, und die Verwandtschaft der sechs traditionell in diese Ordnung gerechneten Familien wird neuerdings oft angezweifelt.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Auf dem ersten Blick scheinen Ruderfüßer nicht viel miteinander gemein zu haben. Benannt sind sie nach dem Bau der Füße, bei denen alle vier Zehen durch eine Schwimmhaut verbunden sind, einschließlich der nach vorne und innen gerichteten Hinterzehe. Ein weiteres allen Familien gemeinsames Merkmale ist das Fehlen eines Brutflecks. Mit Ausnahme der Tropikvögel haben alle Ruderfüßer im Kehlbereich unbefiederte Haut, die einen mehr oder weniger großen Kehlsack bildet. Nasenlöcher sind geschlossen oder extrem verkümmert, wieder mit Ausnahme der Tropikvögel.

Alle Arten dieser Ordnung fangen ihre Nahrung, die überwiegend aus Fischen besteht, unter Wasser. Während bei Schlangenhalsvögeln und Kormoranen nur die Federn unterhalb des Deckgefieders wasserabweisend sind, ist dies bei den anderen Mitgliedern der Ordnung für das gesamte Gefieder gegeben.

Fortpflanzung

Typisch für die Vogelarten dieser Ordnung ist, dass sie große Nistkolonien gründen. Sie befinden sich häufig auf entlegenen Inseln und Klippen. Die meisten Arten bauen kompakte Nester, die von beiden Partner gebaut werden. Die Jungen sind beim Schlupf hilflos und werden von den Elternvögeln mit hochgewürgtem Futter ernährt.

Stammesgeschichte

Da schon bei den rezenten Familien die eindeutige Zuordnung zu den Ruderfüßern oft unklar ist (siehe Kapitel Systematik), gilt dies um so mehr für die fossilen Vertreter. Von den frühesten Vertretern sind nur sehr fragmentarische Spuren erhalten, so dass selbst ihre grobe Einordnung umstritten ist. So ist die Gattung Elopteryx der Kreidezeit zunächst als ein Coelurosaurier beschrieben worden, während andere sie als Vogel identifizierten, manchmal gar als sehr frühen Vertreter der Tölpel[1].

Die wichtigsten fossilen Familien der Ruderfüßer sind die Pelagornithidae und die Plotopteridae.

Pelagornithidae

Der Pelagornithide Osteodontornis orri gilt als der zweitgrößte flugfähige Vogel der Erdgeschichte. Die zerbrechlichen Knochen dieses zahntragenden Meeresvogels wurden an vielen Orten in Europa, Japan und dem westlichen Nordamerika entdeckt.

Die Pelagornithidae waren große Seevögel, die vom Eozän (eventuell Paleozän) bis zum Miozän weltweit verbreitet waren. Sie hatten Flügelspannweiten bis zu sechs Metern (Osteodontornis) und erinnerten in ihrem Habitus an Albatrosse. Ihre Ähnlichkeiten mit den Röhrennasen gehen so weit, dass manche Paläontologen sie als mögliche Beweise eines gemeinsamen Ursprungs von Röhrennasen und Ruderfüßern sehen[2]. Der durch einen umfangreichen, jedoch meist fragmentarischen Fossilbericht am besten bekannte Vertreter ist Osteodontornis, der vom frühes Oligozän bis zum Pliozän auf der Nordhalbkugel lebte, und einer der größten Vögel seiner Zeit war.

Plotopteridae

Während die tatsächliche Zugehörigkeit der Pelagornithidae zu den Ruderfüßern fraglich bleibt, waren die Plotopteridae mit ziemlicher Sicherheit Verwandte der modernen Kormorane und Schlangenhalsvögel. In konvergenter Evolution hatten sie Ähnlichkeiten mit Pinguinen entwickelt, mit denen sie aber nicht verwandt waren. Diese flugunfähigen Seevögel lebten vom Eozän bis zum Miozän an den Küsten des Nordpazifik.

Rezente Familien

Aus dem Eozän sind bereits Pelikane, Fregattvögel und Tropikvögel belegt (obwohl manche Paläontologen die Zugehörigkeit der Fossilfunde zu diesen Familien bestreiten); im Oligozän erscheinen die Tölpel, im Miozän die Kormorane und Schlangenhalsvögel.

Systematik

Erstmals wurden die Ruderfüßer 1867 von Thomas Henry Huxley als Verwandtschaftskreis aufgestellt. Er nannte die Ordnung Dysporomorphae - später war auch der Name Steganopodes verbreitet. Bis heute wird kaum bezweifelt, dass Pelikane, Tölpel, Kormorane und Schlangenhalsvögel tatsächlich eng miteinander verwandt sind; manchmal werden sie als Unterordnung Pelecani zusammengefasst. Hingegen werden die Fregattvögel und Tropikvögel oft als jeweils eigene Unterordnungen aufgestellt, manchmal aber auch ganz aus den Ruderfüßern herausgenommen. So meinte Chandler, dass Tropikvögel in Wahrheit stark abweichende Verwandte der Möwen seien[3] - eine Ansicht, die noch 1978 von Howell aufgegriffen wurde, der auf anatomische Gemeinsamkeiten von Tropikvögeln und Seeschwalben hinwies[4]. Die Fregattvögel wurden dagegen seit 1888 immer wieder als Verwandte der Röhrennasen angesehen[5].

Neuere Analysen bestätigen meistens, dass die Tropikvögel wahrscheinlich nicht mit den übrigen Familien verwandt sind, kommen bei den Fregattvögeln aber zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die DNA-Hybridisierungen von Hedges und Sibley ergaben, dass Fregattvögel den Röhrennasen, Seetauchern und Pinguinen näher stehen als den übrigen Ruderfüßern [6]. Mikhailov nahm 1995 eine elektronenmikroskopische Untersuchung der Eierschalen vor und kam zu dem Schluss, dass diese bei den Pelecani und den Fregattvögeln nahezu identisch seien, bei den Tropikvögeln aber stark abweichend. Zudem stellte er aufgrund seiner Analysen noch den Schuhschnabel zu den Ruderfüßern[7]. Einen weiteren Hinweis geben Federlinge; diese Vogelparasiten sind bei Fregattvögeln, Tropikvögeln und Röhrennasen miteinander verwandt, nicht aber bei diesen und den übrigen Ruderfüßern[8].

Anhand dieser Untersuchungen kann man zu dem Schluss kommen, dass die Ruderfüßer mit hoher Wahrscheinlichkeit polyphyletisch sind. Vor allem die Tropikvögel weichen von den anderen Mitgliedern der Ordnung stark ab. Ob die Fregattvögel zur Ordnung gehören, ist umstritten. Ein einigermaßen gesichertes Monophylum sind aber nur die Pelecani: die Pelikane, Kormorane, Tölpel und Schlangenhalsvögel.

Die vermutlichen Verwandtschaftsverhältnisse der Familien untereinander sind in folgendem Kladogramm wiedergegeben:

-+-?- Tropikvögel
 |
 +-?- Fregattvögel
 |
 `-- Pelecani
      |
      |-- Pelikane
      |
      `--+-- Tölpel
         |
         `--+-- Kormorane
            |
            `-- Schlangenhalsvögel

Literatur

  • J. Bryan Nelson: Pelicans, Cormorants and their relatives. Oxford University Press, 2005, ISBN 0-19-857727-3

Quellen

  1. P. Brodkorb: Catalogue of fossil birds. In: Bulletin of the Florida State Museum of Biological Science 1963, Nr. 7, S. 179-293
  2. S. L. Olson: A selective synopsis of the fossil record of birds. In: D. Farner, J. R. King & K. Parkes: Avian Biology 8. New York: Academic Press, 1985
  3. A. C. Chandler: A study of the structure of feathers, with references to their taxonomic significance. In: University of California Publications, Zoology 1916, Nr. 13
  4. T. R. Howell: Ecology and reproductive behaviour of the gray gull of Chile and of the red-tailed tropicbird and white tern of Midway Island. In: National Geographic Research Reports, 1969 Projects. 1978, S. 261-773
  5. R. W. Shufeldt: Observations upon the osteology of the order Tubinares and Steganopodes. In: US National Museum, Proceedings II. 1888, S. 253-315
  6. S. B. Hedges & C. G. Sibley: Molecules vs morphology in avian evolution. The case of the pelecaniform birds. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 1994, Nr. 9, S. 9861-9865
  7. K. E. Mikhailov: Eggshell structure in the shoebill and pelecaniform birds: comparison with hamerkop, herons, ibises and storks. In: Canadian Journal of Zoology 1995, Nr. 73, S. 1754-1770
  8. Günter Timmermann: Die Federlingsfauna der Sturmvögel und die Phylogenese des procellariiformen Vogelstammes. In: Abhandlungen und Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg 1965, Bd. 8 (Suppl.)

Weblinks


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