- Phytoöstrogen
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Phytoöstrogene, auch Phytoestrogene, sind sekundäre Pflanzenstoffe, zu denen unter anderem Isoflavone und Lignane gehören. Sie sind keine Östrogene im chemischen Sinne, sondern besitzen lediglich strukturelle Ähnlichkeit mit diesen. Diese Ähnlichkeit ermöglicht eine Bindung an Estrogenrezeptoren, wodurch eine östrogene oder auch antiöstrogene Wirkung erzielt werden kann, d.h. sie wirken als Endokrine Disruptoren. Die bekanntesten Phytoöstrogene sind Genistein, Daidzein und Coumestrol.
Inhaltsverzeichnis
Entdeckung
Die erste Pflanze, deren phytoöstrogene Wirkung überliefert wurde, ist das Sylphion (Ferula historica). Es diente als Verhütungsmittel, und die Nachfrage danach war so groß, dass es im 2. oder 3. Jahrhundert nach Christus wegen Übererntung ausstarb.
Die Phytoöstrogene wurden in den 1950er Jahren entdeckt. Schafzüchter in Westaustralien beobachteten bei ihren Schafherden eine unerklärliche Unfruchtbarkeit. Zehn Jahre später entdeckten Forscher als Ursache im Klee zwei Phytoöstrogene, Genistein und Formononetin. Bald darauf wurden weitere ähnliche Stoffe in anderen Schmetterlingsblütlern gefunden.
Vorkommen in Lebensmitteln
Besonders reich an den Vorläufern der im menschlichen Organismus aktiven Isoflavone sind Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte. Lignane finden sich vor allem in Leinsamen. Weitere gute Quellen für Phytoöstrogene sind Hülsenfrüchte, Getreidekleie und Getreide. In etwas geringerer Konzentration sind sie auch in vielen Gemüse- und Obstsorten, Samen, Hopfen, Salbei, Tee und einigen alkoholischen Getränken wie Bier, Wein und Bourbon (Whiskey) enthalten. Wie hoch der Phytoöstrogengehalt eines Lebensmittels ist, wird zudem von Sorte, Klima, Erntezeit und Fruchtreife beeinflusst.
Fermentationsprozesse können die Konzentration an Phytoöstrogenen in Lebensmitteln erhöhen und die Bioverfügbarkeit verbessern, z. B. beim Keimprozess von Hülsenfrüchten. Der Anteil an biologisch wirksamen Phytoöstrogenen hängt somit vom Lebensmittel selbst ab, von der Verarbeitung sowie vom Zustand der Darmflora.[1]
Ökologische Bedeutung
Eine Gemeinschaft von Pflanzen, die Phytoöstrogene enthält, hat den Vorteil, dass die Population ihrer Fressfeinde durch die empfängnisverhütende östrogene Wirkung in Grenzen gehalten wird. Dadurch steigt die Chance der Pflanzengemeinschaft, im Zuge der Evolution zu überleben. Dies ist allerdings nur ein ökologischer Sekundäreffekt, da er die Pflanze selbst nicht vor dem Fressfeind schützt. Die wesentliche biologische Bedeutung liegt in der Eigenart dieser Polyphenol-Verbindungen als Farb-, Gerb- und Bitterstoff. Viele Phytoöstrogene sind zudem Mikrobizide: Sie schützen die Pflanze vor Pilzen und Bakterien.
Gesundheitliche Auswirkungen
Aufgrund ihrer Fähigkeit, an Östrogenrezeptoren zu binden und dadurch dieselben Effekte auszulösen wie Östrogene, mildern Phytoöstrogene klimakterische Beschwerden und senken das Osteoporose-Risiko. Trotz ihrer Östrogenwirkung sollen Phytoöstrogene im Rahmen einer Hormonersatztherapie im Vergleich zu Östrogenen geringere oder keine Nebenwirkungen aufweisen. Dies liegt wahrscheinlich in erster Linie an der niedrigeren Dosierung bzw. der geringeren Wirksamkeit. Es gibt Hinweise, dass isolierte Phytoöstrogene zusammen mit Sojaprotein das Gesamt- und LDL-Cholesterin sowie Triglyzeride senken. Dennoch werden Phytoöstrogene nicht in isolierter Form (als Nahrungsergänzungsmittel) empfohlen, um eine Überdosierung zu vermeiden.[1]
Es ist anzunehmen, dass die bei regelmäßigem Biergenuss auftretende Gynäkomastie auf im Bier enthaltene Phytoöstrogene zurückzuführen ist, da der zur Bierherstellung verwendete Hopfen - wie andere Hanfgewächse auch - kleine Mengen dieser wie Östrogene wirkenden Substanzen enthält. Allerdings tritt eine sogenannte falschen Gynäkomastie auch im Rahmen einer Adipositas auf, wie sie bei Biertrinkern häufig zu beobachten ist.
Der Urologe Hartwig Wilhelm Bauer behauptet, dass Phytoöstrogene die Entstehung von Prostatakrebs positiv beeinflussen können, da diese Stoffe im Körper spezifische Rezeptoren stimulierten, welche darüber wachten, dass Prostatazellen nicht zu malignen entarten.
Einzelnachweise
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