Politisch motivierte Kriminalität

Politisch motivierte Kriminalität

Zu den politischen Straftaten zählt man im deutschen Strafrecht zwei Kategorien von Straftaten:

Inhaltsverzeichnis

Originäre politische Straftaten

Das sind Straftaten, die nur den Zweck haben, den deutschen Staat als solchen anzugreifen und eventuell in seinem Bestand zu gefährden (Staatsschutzdelikte).

Das sind in der Regel:

Politisch motivierte Kriminalität (PMK)

Infolge einer Veröffentlichung von 97 Todesfällen die laut Tagesspiegel und Frankfurter Rundschau auf rechtsextremistisch motivierte Angriffe zurückzuführen seien, die sich jedoch kaum in den offiziellen Statistiken wiederfanden, wurde 2001 der Straftatbestand der "Politisch motivierten Kriminalität" eingeführt, die erst durch die Gesinnung und Motivation des Straftäters zu politischen Straftaten werden.[1] Das sind vor allem:

Die Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder (IMK) hat folgende Definition gefasst:

"Als politisch motiviert gilt eine Tat insbesondere dann, wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres äußeren Erscheinungsbildes bzw. ihres gesellschaftlichen Status richtet."

In der Definition handelt es sich entsprechend um eine Darstellung von Straftaten mit rechts- oder linksextremistischer oder auch fremdenfeindlicher Motivation. Linksextremistische Gewalt wird hierbei von den Tätern vor allem als legitime Gegengewalt gegen die Staatsgewalt betrachtet, die ungerechte Voraussetzungen und Resultate des Wirtschaftens absichert. Als zentrale Legitimation wird also die Gerechtigkeit betrachtet, die den Betroffenen aufgrund ihrer fehlenden Entscheidungsoption genommen wird. Als Legitimation rechtsextremistischer Kriminalität wird dagegen ein Schutzgedanke definiert, nach dem die Täter sich und das Volk vor Überfremdung oder Zersetzung schützen wollen. Der im rechtsextremen Gedankengut verankerte Sozialdarwinismus erscheint als zusätzliche Legitimation.[2]

Häufigkeit in Deutschland

Für das Jahr 2002 wurden vom BKA 21.690 (2001: 26.520) politisch motivierte Straftaten registriert.

  • In dieser Zahl sind 11.749 (54,2 %) Propagandadelikte enthalten (2001: 14.730 = 55,5 %).
  • 1.930 Delikte (8,9 %) sind der politisch motivierten Gewaltkriminalität zuzuordnen (2001: 2.368 = 8,9 %).

Davon wurden

  • 12.933 (2001: 14.725) Straftaten dem Phänomenbereich „rechts“,
  • 3.639 (2001: 4.418) dem Phänomenbereich „links“ und
  • 845 (2001: 1.020) dem Phänomenbereich der „politisch motivierten Ausländerkriminalität“ zugeordnet.

(Quelle: VS-Bericht 2002, Seite 30 ff.)

Statistik nach den Bundesverfassungsschutzberichten

Delikte Zuordnung 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Tötungsdelikte rechts 0 0 1 2 0 0 0 0 0 0
links 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0
Versuchte Tötungsdelikte rechts 13 16 13 15 9 8 7 6 2 0
links 0 4 0 4 1 0 1 0 1 1
Körperverletzungen rechts 677 595 630 874 626 646 637 640 816 919
links 165 227 215 260 194 152 192 226 391 444
Brandstiftungen rechts 37 39 35 41 16 26 24 37 14 18
links 77 47 68 58 41 35 36 31 29 42
Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion rechts 2 3 2 7 1 1 0 2 3 1
links 1 1 0 1 1 0 0 0 0 1
Landfriedensbruch rechts 61 55 65 59 34 32 28 25 39 33
links 299 289 269 321 310 124 118 144 298 195
Gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffs-und Straßenverkehr rechts 0 0 0 0 3 11 2 6 9 6
links 154 58 19 44 52 16 29 19 53 41
Freiheitsberaubung rechts 0 0 0 0 0 1 2 2 0 0
links 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0
Raub rechts 0 0 0 0 7 6 12 9 23 13
links 0 0 0 0 5 6 5 12 13 22
Erpressung rechts 0 0 0 0 3 5 2 5 6 7
links 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1
Widerstandsdelikte rechts 0 0 0 0 10 36 45 44 46 50
links 137 157 140 139 145 51 102 88 110 115
Sexualdelikte rechts 0 0
links 0 0
Sachbeschädigung rechts 301 516 373 704 251 178 225 243 445 391
links 1.090 1.166 1.246 1.292 671 410 510 490 713 754
Nötigung/Bedrohung rechts 371 276 220 320 190 115 93 97 90 150
links 93 111 73 75 45 11 35 19 42 44
Störung der Totenruhe rechts 0 0 47 56 30 30 26 20 30 14
links 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verbotener Organisationen rechts 7.888 6.958 6.719 10.435 6.336 7.294 7.551 8.337 10.881 12.627
links 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Volksverhetzung rechts 2.369 2.591 1.932 3.438 2.121 2.122 1.744 2.065 2.277 2.592
links 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
andere Straftaten rechts 0 0 0 0 417 391 394 513 680 774
links 1.063 1.141 1.025 979 429 331 431 410 654 709
als extremistisch eingestufte PMK rechts 11.719 11.049 10.037 15.951 10.054 10.902 10.792 12.051 15.361 17.595
links 3.079 3.201 3.055 3.173 1.895 1.137 1.459 1.440 2.305 2.369
ohne §86,86a,130 StGB 1.462 1.500 1.339 2.022 1.567 1.456 1.471 1.629 2.173 2.362
3.079 3.201 3.055 3.173 1.895 1.137 1.459 1.440 2.305 2.369
nicht als extremistisch eingestufte PMK rechts 4.671 2.031 784 502 553 545
links 2.523 2.502 2.155 2.081 2.593 2.994
PMK gesamt ohne §86, 86a, 130 StGB rechts 1.462 1.500 1.339 2.022 6.238 3.487 2.255 2.131 2.726 2.907
links 3.079 3.201 3.055 3.173 4.418 3.639 3.614 3.521 4.898 5.363

Q: VS-Berichte 1997-2006, Statistiken des BKA, Presseveröffentlichungen des BKA und der LKA.

Strafverfolgung in Deutschland

Während in der Zeit des Nationalsozialismus die Strafverfolgung die politischen Straftaten ab 1934 durch ein Sondergericht (Volksgerichtshof) übernommen wurde und der Kreis der politischen Straftaten ins Uferlose erweitert wurde, obliegt im heutigen Deutschland die Strafverfolgung der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Für die originären politischen Straftaten (Staatsschutz, Terrorismus, s.o., § 120 GVG) ist das jeweilige Oberlandesgericht in erster Instanz zuständig, ansonsten entweder das Landgericht oder das Amtsgericht.

Die Polizei der Länder (und der Bund) haben jeweils eigene Staatsschutz-Abteilungen, die die Aufklärung der politischen Straftaten übernehmen. Unterstützend sammeln und verarbeiten die jeweiligen Verfassungsschutzämter der Länder und des Bundes im Vorfeld Informationen über die möglichen Tätergruppen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.uni-konstanz.de/rtf/ki/psb1-2_10.pdf
  2. Darstellung der Universität Konstanz zu politisch motivierter Kriminalität, Seite 264 f.
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