Augenerkrankungen

Augenerkrankungen

Die Augenheilkunde (med.: Ophthalmologie, Ophthalmiatrie; von griechisch ὀφθαλμός = Auge) ist die Lehre von den Erkrankungen und Funktionsstörungen des Sehorgans und des Sehsinnes und deren medizinischer Behandlung.

Augenarzt ist die Berufsbezeichnung der Ärzte, die sich mit der Ophthalmologie beschäftigen. Die Ophthalmologie ist eine der ältesten medizinischen Disziplinen.

Die anatomischen Grenzen der Augenheilkunde bilden vorn die Lid- und Gesichtshaut und hinten die Knochen der Augenhöhle. Mit den Untersuchungsmöglichkeiten der Sehbahn und der Sehrinde reichen sie darüber hinaus bis an die Rückseite des Schädels. Es bestehen enge Beziehungen zur Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, zur Dermatologie und zur Neurologie. Wegen der häufigen Beteiligung des Auges an Allgemeinerkrankungen und der Möglichkeit, mikroskopische Untersuchungen an lebendem Gewebe vorzunehmen, werden ophthalmologische Befunde häufig zur Diagnosefindung für die Innere Medizin herangezogen.

Moderne ophthalmologische Untersuchungen erfordern eine umfangreiche und kostspielige, technische Ausstattung. Wichtigstes Untersuchungsgerät ist die Spaltlampe, eine mit spezieller Steuer- und Beleuchtungsmechanik versehene, starke Stereolupe.

Die Augenheilkunde zählt zu den chirurgischen Disziplinen, obwohl ihr zahlreiche, wirksame und hochentwickelte Medikamente und Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Mit der Operation der Katarakt (des Grauen Stars) stellt die Augenheilkunde die am häufigsten durchgeführte und in der Summe kostenträchtigste Operation der Medizin weltweit.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ausführung einer Staroperation, 1764

Schon in den Gesetzestafeln des Hammurapi vor über 3600 Jahren wurden Vorschriften für Augenoperationen erlassen: der Arzt sollte für eine erfolgreiche Operation eine Belohnung von 10 Shekel erhalten, wohingegen ihm bei Misserfolg beide Hände abgehackt werden sollten.

In den Hippokrates zugeschrieben Werken des alten Griechenlands wird die Augenheilkunde zwar nicht eingehend geschildert, doch finden sich auch hier einige Hinweise auf ophthalmologische Therapien.[1]

Auch für das antike Rom ist die Behandlung von Augenerkrankungen bzw. -verletzungen nachgewiesen.[2]

Im Mittelalter[3] wurde die Aufgabe der Augenärzte von so genannten „Starstechern“ übernommen. Mittels eines speziellen Messers wurde die trübe Linse des Auges („Grauer Star“) in das Auge hineingedrückt. Johann Sebastian Bach starb möglicherweise an der Folge einer Staroperation. Georg Friedrich Händel überlebte zwar seine Operation, blieb aber Zeit seines Lebens blind.

Die Augenheilkunde gehörte zunächst zur Chirurgie und bildete sich erst im Lauf des 18. Jahrhunderts, besonders aber des 19. Jahrhunderts als selbstständiges Fach heraus. Bis zum 18. Jahrhundert war die Anatomie und die Funktionsweise des Auges unklar. Erst ab dem 19. Jahrhundert wurden durch das Aufkommen des Mikroskops Einzelheiten bekannt und systematisch für die Therapie nutzbar gemacht. 1800 prägte Carl Gustav Himly den Namen Ophthalmologie, im selben Jahr beschrieb Thomas Young den Astigmatismus.

Erste Kliniken wurden Anfang 19. Jahrhunderts in Erfurt und Budapest eröffnet. Den ersten Lehrstuhl für Ophthalmologie besetzte Georg Joseph Beer (1763–1821), der im Jahr 1818 Ordinarius für Augenheilkunde in Wien geworden war. Zuvor hatte er dort 1813 die erste Universitätsklinik für Augenkranke eröffnet.

Eine bahnbrechende Erfindung auf dem Gebiet der Diagnostik war die Erfindung des Augenspiegels durch H. von Helmholtz (1821–1894) im Jahr 1851 und die Erfindung des Perimeters durch Richard Förster (1825–1902). Wesentliche Fortschritte waren die operative Behandlung des grünen Stars durch Albrecht von Graefe (1828–1870), der als „Vater der Augenheilkunde“ gilt, und die erste erfolgreiche Transplantation der Hornhaut (Keratoplastik) im Jahre 1905 durch Eduard Zirm (1863–1944).

Wie alle Disziplinen der evidenzbasierten Medizin entwickelt sich die Augenheilkunde ständig weiter. Meilensteine der letzten 50 Jahre sind

  • die Entwicklung der Intraokularlinse, die die Starbrille überflüssig gemacht hat
  • die Entdeckung der Sonnenlichtkoagulation 1949 durch Gerhard Meyer-Schwickerath, Vorläufer der Laserkoagulation als Möglichkeit der Behandlung der Diabetischen Retinopathie, die die Erblindungsrate unter Diabetikern auf weniger als 1/10 der früheren Werte gesenkt hat
  • die Entwicklung der Vitrektomie (Entfernung des Glaskörpers), mit der zahlreiche vorher zur Erblindung führende Erkrankungen heute behandelbar sind.
  • die Entdeckung der Möglichkeiten der Occlusionstherapie (vorübergehendes und wechselweises Abdecken je eines Auges) zur erfolgreichen Prophylaxe der Amblyopie (früh erworbene Sehschwäche)

In neuester Zeit werden zunehmend elektronisch gesteuerte Lasersysteme angewendet, etwa in der Refraktiven Chirurgie oder in der Diagnostik der Netzhaut und des Sehnerven (Optische Kohärenztomografie).

Wichtige Erkrankungen und Funktionsstörungen

  • Fehlbildungen und Fehlentwicklungen des Sehorgans
  • Abweichungen der optischen Abbildung (Ametropien) und Nahanpassungsfähigkeit (Akkommodation) des Auges
    • Ametropien (diese werden nicht als eigentliche Erkrankungen, sondern als physiologische Varianten angesehen)
    • Störungen der Akkommodation
      • Presbyopie: physiologische Alterssichtigkeit, weitgehender Verlust der Akkommodation durch Elastizitätsverlust der Linse
      • Hypoakkommodation und gestörter AC/A-Quotient
      • Aphakie: Verlust der natürlichen Linse (meist nach Operation des Grauen Stars oder durch Trauma)
      • Ophthalmoplegia interna: isolierte, innere Okulomotoriusparese mit absoluter Pupillenstarre und Akkommodationslähmung

Augenärztliche Behandlung

Spezialgebiete

Der Augenarzt

Organisation

Die Augenärzte sind in Deutschland im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. sowie der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) organisiert.

Der Facharzt für Augenheilkunde

Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Augenheilkunde tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildungszeit in Augenheilkunde. Zwei Jahre hiervon dürfen bei einem niedergelassenen Arzt abgeleistet werden.

Um zur Facharztprüfung zugelassen zu werden, ist zudem die Erfüllung eines Operationen-Kataloges und der Nachweis selbständig durchgeführter Untersuchungen nötig.

Statistiken

  • Am 1. Januar 2001 waren 7.980 Augenärzte registriert, von denen 5.375 niedergelassen waren. 1.644 übten keine ärztliche Tätigkeit aus.
  • Am 31. Dezember 2004 waren etwa 6.500 Augenärzte registriert.
  • 1998 erzielten die Augenärzte durchschnittlich 106.600 € Praxisüberschüsse vor Steuern, in den neuen Bundesländern 94.000 €.

Siehe auch

Einzelnachweis

  1. John Lascaratos und Spiros Marketos: Ophthalmological lore in the Corpus Hippocraticum, Documenta ophthalmologica 68 (1988), S. 35–45
  2. Harald Nielsen: Ancient ophthalmological agents. A pharmaco-historical study of the collyria and seals for collyria used during Roman antiquity, as well as of the most frequent components of the collyria, Odense 1974 (= Acta historica scientiae naturalis et medicae, 31)
  3. Jean Peyresblanques: Jehan Yperman: Pére de l’ophtalmologie Belge (1260–1312), Historia ophthalmologica internationalis 1 (1979–80), S. 163–180

Literatur

  • Franz Grehn: Augenheilkunde. Springer-Verlag, ISBN 3-540-25699-7
  • Wilhelm Asher: Repetitorium der Augenheilkunde, im Anschluß an die neueren Lehrbücher dargestellt, Leipzig 1901 und 2. Aufl. ebd. 1906, mit (S. IX-XLII) Kurzer Abriß der Geschichte der Augenheilkunde
  • Markus Vieten: Berufsplaner Arzt. Via-medici-Buchreihe, Thieme Verlag, ISBN 3-13-116105-1

Weblinks


Gesundheitshinweis
Bitte beachte den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Diabetische Retinopathie — Klassifikation nach ICD 10 E10–E14 Diabetes mellitus .3+ H36.0* Mit Augenkomplikationen Diabetische Retinopathie Retinopathia diabetica …   Deutsch Wikipedia

  • Gliose — ist die Bezeichnung für eine erhöhte Anzahl von Gliazellen in einem geschädigten Bereich des Zentralnervensystems oder des Gehirns. Dies ist die unspezifische neuropathologische Reaktion auf verschiedene neurologische Erkrankungen. Die Gliazellen …   Deutsch Wikipedia

  • Kontaktologie — Die Kontaktologie (Contactologie) ist die Lehre der richtigen Anpassung von Kontaktlinsen. Sie ist ein Teilgebiet der breitgefächerten Augenoptik und befasst sich ausschließlich mit dem Anpassen von Kontaktlinsen. Der Kontaktologe hat sich auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Rasterbrille — Eine Rasterbrille in zugeklapptem Zustand Bei einer Rasterbrille (auch: Lochbrille oder Gitterbrille) werden keine optisch wirksamen Gläser, sondern schwarze Plastikscheiben verwendet, die in Form eines Gittermusters („Raster“) mit winzigen… …   Deutsch Wikipedia

  • Rubeosis iridis — Klassifikation nach ICD 10 E10–E14 Diabetes mellitus .3+ H36.0* Mit Augenkomplikationen Diabetische Retinopathie Retinopathia diabetica …   Deutsch Wikipedia

  • Hornhautentzündung — (Keratitis), eine mit Trübung der sonst glasklaren Hornhaut einhergehende Erkrankung, die regelmäßig von Entzündungserscheinungen des ganzen vordern Augenabschnittes begleitet ist, dadurch zu Lichtscheu, Tränenträufeln und Schmerzen führend. Die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Rainer Sundmacher — (* 9. Januar 1943 in Gadebusch, Mecklenburg) ist ein deutscher Mediziner. Er war von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2006 Ärztlicher Direktor der Augenklinik der medizinischen Fakultät der der Heinrich Heine Universität Düsseldorf.… …   Deutsch Wikipedia

  • Glaukom — Glau|kom 〈n. 11; Med.〉 = grüner → Star2 [zu grch. glaukos „graublau“] * * * Glau|kom, das; s, e [griech. glaúkōma = bläuliche Haut über der Linse, zu: glaukós = bläulich glänzend] (Med.): durch erhöhten Innendruck des Auges verursachte… …   Universal-Lexikon

  • AREDS — Die Age Related Eye Disease Study (AREDS) – die Altersbedingte Augenerkrankungen Studie – ist eine klinische Studie, die von dem amerikanischen National Eye Institute finanziert wurde. Inhaltsverzeichnis 1 Ziele der Studie 2 Hochdosierte… …   Deutsch Wikipedia

  • Abessinier-Katze — Abessinierkatze Abessinierkater wildfarben (Gr. Int. Ch. Valentino Des Entrechats of Segenas) Fell Länge Kurzhaarkatze Gewicht Kater: 3,5–5,0 kg Kätzin: 2,5–4,0 kg allgemein anerkannte Farben Wildfarben Sorrel Blau Beige Fawn …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”