Potlatch

Potlatch

Ein Potlatch (auch Potlach oder Potlatsch) ist ein Fest der amerikanischen Indianer der nordwestlichen Pazifikküste. Bei ihm werden in ritueller Weise Geschenke verteilt oder ausgetauscht. Je wertvoller und erlesener die gereichten Gaben ausfallen, desto bedeutender gilt die Position und Abstammungslinie dessen, der die Geschenke vergeben hatte.

Von 1884 bis in die 1950er Jahre war der Potlatch in Kanada verboten. Seither wird versucht, das ursprüngliche Wesen des Potlach in zeitgemäßer Form neu zu beleben.

Inhaltsverzeichnis

Das Fest des Schenkens

Der Potlatch ist unter den indianischen Gesellschaften in den Küstenregionen des nordwestlichen Amerika als das „Fest des Schenkens“ bekannt. Zwar war es allgemein üblich, dass auch bei gewöhnlichen Festen der gastgebende Häuptling seine Gäste reichlich bewirtete und freizügig mit Geschenken bedachte, doch war dies seiner in der indianischen Kultur verwurzelten allgemeinen Pflicht als Gastgeber geschuldet und wurde regelmäßig von anderen Häuptlingen und deren Dorfgruppen erwidert. Ein Potlatch hingegen fand nur selten statt und besaß eine tiefgreifende religiöse und rituelle Bedeutung. Viele Häuptlinge hielten in ihrem ganzen Leben nur einen oder zwei ab.

Auch war der Potlatch nicht überall im pazifischen Nordwesten verbreitet. So wurde er bei den Küsten-Salish am Puget Sound in Washington nicht begangen.[1]

Die rituelle Bedeutung

Um einen Potlatch abzuhalten, bedurfte es eines besonderen Anlasses, denn eine zentrale Bedeutung des Festes lag in der Weitergabe und Inanspruchnahme von innerhalb der Abstammungsgruppe vererbten Häuptlingsnamen, Titeln und Privilegien. Diese mussten vor hochrangigen Gästen bezeugt und durch die Gabe reichhaltiger Geschenke zementiert werden, wobei die Rangfolge und Stellung der zu beschenkenden Gäste genauestens zu beachten war, denn hierdurch wurde auch deren gesellschaftliche und rituelle Stellung anerkannt und gefestigt. Anlass für eine derartige Zeremonie konnte die Geburt des erstgeborenen Sohnes oder der Tod eines hochrangigen Verwandten sein. Je wertvoller und erlesener die hierbei gereichten Gaben ausfielen, desto bedeutender galt in der Folge die Position und Abstammungslinie dessen, der den Potlatch gegeben hatte. In der indianischen Gesellschaft war die Einordnung in die Reihe der Ahnen von wesentlicher Bedeutung, galten diese doch als immer gegenwärtiger Teil der realen Welt. Wenn ein Potlatch also große Ehre errang, dann ehrte dies auch die Vorfahren und trug auf diese Weise dazu bei, die Ordnung und den Bestand der Welt zu sichern.

Die soziale Bedeutung

Die bei einem Potlatch gereichten Geschenke konnten einen für die Verhältnisse des Gebers und dessen gesellschaftliches Umfeld enormen Wert erreichen. Es kam vor, dass die Erben eines ranghohen Verstorbenen ihr gesamtes ererbtes Wirtschaftsvermögen im Rahmen eines derartigen Festes hingaben, um ihrem Vorfahren ausreichend zu huldigen, in den Genuss seines Wohlwollens zu gelangen und in der spirituellen wie rituellen Wertschätzung ihrer Zeitgenossen einen ihrer Abstammung entsprechenden Rang einnehmen zu können. Für das soziale Gleichgewicht der indianischen Gesellschaft hatte dies zur Folge, dass es nur selten zu einer dauerhaften Häufung von Reichtümern in den Händen einzelner Personen oder Familienzweige kommen konnte.

Der Zerfall der alten Ordnung

Potlatch der Klallam, Aquarell von James Gilchrist Swan (Mai 1859)

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts geriet dieses System durch den Kontakt mit europäischen Händlern und Werten aus den Fugen und wurde unwiederbringlich zerstört. Die von den europäischen Einwanderern verfügbar gemachten Reichtümer ermöglichten es jungen Häuptlingen, in einen regelrechten Wettbewerb beim Abhalten von Potlatchs zu treten. Doch mit dem zunehmenden Einfluss des Christentums handelte es sich hierbei mehr und mehr um ein Ringen nach weltlicher, denn nach spiritueller Bedeutung. Ein Ringen, bei dem so mancher der jungen Häuptlinge sich selbst und die ihm anvertraute Stammesgruppe in den Ruin trieb. 1884 wurde der Potlatch deshalb von der kanadischen Regierung verboten. Dieses Verbot galt bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Seither wird versucht, das ursprüngliche Wesen des Potlach in zeitgemäßer Form neu zu beleben.

Siehe auch

Literatur

  • Margaret Anderson, Marjorie M. Halpin (Hrsg.): Potlatch at Gitsegukla: William Beynon's 1945 Field Notebooks, University of British Columbia Press 1999. ISBN 0774807431
  • Marcel Mauss: Die Gabe: Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, 8. Aufl., Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2009. ISBN 978-3-518-28343-1

Weblinks

Anmerkungen

  1. Kenneth Greg Watson: Native Americans of Puget Sound -- A Brief History of the First People and Their Cultures, HistoryLink.org, 29. Juni 1999.

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