Privilegium Paulinum

Privilegium Paulinum

Als Paulinisches Privileg (Latein: Privilegium Paulinum) bezeichnet man eine auf den Apostel Paulus zurückgehende Sonderregelung innerhalb des Christentums zur Auflösung einer Ehe zwischen Christen und Nichtchristen.

In paulinischer Zeit (ca. 32-64 n.Chr.) kam es vor, dass einzelne Verheiratete sich zum christlichen Glauben bekehren ließen und die Taufe empfingen. Das führte jedoch offenbar mitunter zu schweren Konflikten innerhalb der Partnerschaft, zum Beispiel wegen der Verweigerung des traditionellen Götzenopfers (1 Kor 10) und daraus resultierender sozialer Ausgrenzung und der Christenverfolgung.

Vermutlich aus diesen oder ähnlichen Gründen schuf der Apostel Paulus eine Ausnahmeregelung: Sollte der ungetaufte Partner sich trennen wollen, ist dies gestattet. Aufgrund des so genannten Paulinischen Privileges ist dann auch der getaufte Partner nicht mehr an diese Ehe gebunden (vgl. dazu 1 Kor 7, 15). Generell ist die Ehe sonst aber durch den Menschen unauflöslich (1 Kor 7,11; Lukas 16,18).

Heute (Stand 2008) bedeutet dies, dass man als Katholik seine Ehe z.B. dann auflösen kann, wenn sie vor der Taufe des nunmehr christlichen Partners – also noch zwischen zwei ungetauften Partnern – geschlossen wurde und der verbleibende ungetaufte Partner die friedliche Fortsetzung der Ehe verweigert, das bedeu­tet die Ehe nicht im Sinne des christlichen Sittengesetzes fortzufüh­ren. Die bisherige Ehe wird gelöst, wenn der christlich gewor­dene Partner eine neue Ehe eingeht. Die neue Ehe kann sowohl mit einem nichtkatholischen Christen als auch mit einem Ungetauften eingegangen werden.

Im Gegensatz zur Eheauflösung durch päpstlichen Hoheitsakt, die auf Antrag bei einer nicht vollzogenen Ehe (auch unter Getauften) sowie bei mindestens einem ungetauften Partner auch aufgrund des Petrinischen Privilegs in Form einer Dispens gewährt werden kann, wird die Ehe im Falle des Paulinischen Privilegs nicht durch den Papst, sondern bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen quasi „automatisch“ aufgelöst, wenn der gläubig gewor­dene Ehepartner eine neue Ehe eingeht. Es bedarf daher keines Auflösungsverfahrens im eigentlichen Sinn, sondern nur der kirchenamtlichen Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen.

Neben diesen drei Ausnahmeregelungen (Paulinisches Privileg, Nichtvollzug, Petrinisches Privileg) gibt es nach katholischem Kirchenrecht keine andere Möglichkeit zur „Scheidung“ (Lösung, Aufhebung) einer gültigen Ehe, sondern nur die Möglichkeit einer Trennung der Eheleute (getrennte Lebensführung ohne Möglichkeit der Wiederheirat). Außerdem kann eine Ehe annulliert werden, wenn sie nach kirchlicher Auffassung von vornherein ungültig war.

Literatur

  • Codex Iuris Canonici (Codex des kanonischen Rechts von 1983) cann. 1142-1150
  • Johannes Paul II.: Familiaris Consortio (1981) Online-Ressource
  • Heinrich Flatten: Nichtigerklärung, Auflösung und Trennung der Ehe. In: Joseph Listl u.a. (Hgg.): Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Regensburg: Pustet 1983 ISBN 3-7917-0860-0, S. 815-826, hier: S. 822-824
  • Walter Kirchschläger: Ehe und Ehescheidung im Neuen Testament: Überlegungen und Anfragen zur Praxis der Kirche. Wien: Herold 1987 ISBN 3-7008-0353-2
  • Hartmut Zapp: Kanonisches Eherecht. Freiburg im Breisgau: Rombach 71988 ISBN 3-7930-9044-2, S. 223-226

Weblinks


Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Privilegium Paulinum —   [lateinisch], katholisches Kirchenrecht: das nach dem Apostel Paulus (1. Korintherbrief 7, 12 15) benannte Ausnahmerecht von dem Grundsatz der Unauflöslichkeit einer vollzogenen Ehe. Es gibt im Falle einer Ehe zwischen Ungetauften demjenigen,… …   Universal-Lexikon

  • Eherecht (Katholische Kirche) — Das Eherecht der katholischen Kirche geht davon aus, dass die Ehe eine von Gott gewollte natürliche Einrichtung (Institution) zwischen einem Mann und einer Frau ist. Die Ehe ist nach katholischem Glauben ein von Jesus Christus eingesetztes… …   Deutsch Wikipedia

  • Pauline privilege — The Pauline Privilege ( Privilegium Paulinum ) is a Christian concept drawn from the apostle Paul s instructions in the First Epistle to the Corinthians. OriginIn Paul s epistle it states:The first section, not I but the Lord , matches Jesus… …   Wikipedia

  • Paulinisches Privileg — Als Paulinisches Privileg (Latein: Privilegium Paulinum) bezeichnet man eine auf den Apostel Paulus zurückgehende Sonderregelung innerhalb des Christentums zur Auflösung einer Ehe zwischen Christen und Nichtchristen. In paulinischer Zeit (ca.… …   Deutsch Wikipedia

  • Eherecht — Ehe|recht 〈n. 11; unz.〉 alle staatl. u. kirchl. Rechtsbestimmungen über die Ehe * * * Ehe|recht, das (Rechtsspr.): 1. <o. Pl.> die Ehe regelndes Recht. 2. eines der Rechte, die verheirateten Personen zustehen. * * * Eherecht,   die sich auf …   Universal-Lexikon

  • Leipzig — Leipzig, 1) Kreisdirectionsbezirk des Königreichs Sachsen, gebildet 1835 aus dem ehemaligen Leipziger Kreise, zu welchem noch Theile des ehemaligen Meißnischen u. Erzgebirgischen Kreises geschlagen sind, 63,14 QM. umfassend, zählt in 37 Städten,… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”