- Prospekterfordernis
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Ein Wertpapierprospekt ist eine schriftliche Zusammenstellung von Informationen über die Arte, Inhalte und Risiken von Wertpapieren. Im weiteren Sinne werden sowohl der Emissions- als auch der Börsen- bzw. Kotierungsprospekt gelegentlich „Wertpapierprospekt“ genannt (zur Differenzierung siehe unten), wobei auf europäischer Ebene zur Zeit eine Vereinheitlichung der Prospekte stattfindet.
Inhaltsverzeichnis
Hintergründe und Prospektpflicht
Bei allen öffentlich beworbenen Wertpapieren (öffentliches Angebot) ist ein Wertpapierprospekt verpflichtend notwendig. Zu beachten ist hierbei, dass nach Auffassung der BaFin bereits Werbemaßnahmen für ein Wertpapier oder sonstiges Finanzinstrument als öffentliches Angebot aufgefasst werden und somit die Prospektpflicht auslösen können. Ebenfalls ist bei der Zulassung zum organisierten Markt in Deutschland ein Wertpapierprospekt verpflichtend. Dieser wird von den emittierenden Unternehmen in Zusammenarbeit mit Investmentbanken und spezialisierten Kanzleien erstellt. Aus dem Wertpapierprospekt resultiert ebenfalls eine Prospekthaftung gegenüber eventuell nicht beschriebenen Risiken oder versprochenen Renditen.
Bei Kapitalerhöhungen, die weniger als 10 Prozent der Zahl der Aktien derselben Gattung ausmachen, die bereits zum Handel an demselben organisierten Markt zugelassen sind, liegt keine Prospektpflicht vor, sofern kein öffentliches Angebot unterbreitet. Dieses liegt zum Beispiel dann vor, wenn sich dieses Angebot als Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechte als Privatplatzierung ausgeführt wird oder sich als Bezugsrechtsemission ausschließlich an Altaktionäre richtet, und die verbleibenden nichtbezogenen Aktien im Rump Placement ebenfalls privat platziert werden. Im letzteren Fall ist jedoch zu beachten, dass kein öffentlicher Bezugsrechtshandel eingerichtet wird, da dieser einen größeren, öffentlichen Personenkreis umfasst und dadurch eine Prospektpflicht entsteht.
Bei der Umnotierung von Aktien von Entry Standard in den Prime Standard ist ebenfalls ein Prospekt unausweichlich, da in diesem Fall erstmals eine öffentliche Zulassung dieser Aktiengattung zum öffentlichen Handel an einem organisierten Markt stattfindet[1].
Die Pflicht der Erstellung eines Wertpapierprospektes entfällt unter bestimmten Umständen. Notwendig hierfür ist, dass das entsprechende Wertpapier nicht öffentlich vertrieben wird. Dieses ist zum Beispiel im Rahmen einer Privatplatzierung der Fall[2]. Allerdings kann auch hier eine nachträgliche Prospekthaftung eintreten, wenn z.B. eine Pressemitteilung als indirekte Vertriebswerbung eingestuft wird.
Bei der Ausgabe von dedizierten Mitarbeiteraktien handelt es sich zwar um kein öffentliches Angebot jedoch ist ein die Bereitstellung gewisser Mindestinformationen durch einen kleinen Prospekt verpflichtend. Ist der Emittent außerhalb der EU oder EWR gelisted, so besteht jedoch auch bei der Ausgabe von Mitarbeiteraktien grundsätzlich ein öffentliches Angebot und somit Prospektpflicht sofern die Aktien nicht kostenlos ausgegeben werden, der Verkaufspreis aller angebotenen Aktien pro Jahr 100.000 Euro nicht überschreiten oder weniger als 100 Mitarbeiter je Mitgliedstaat der EU angesprochen werden.
Gesetzliche Regelungen
Im Bereich der gesetzlichen Prospekthaftungsregelungen beschreibt das Gesetz (u. a. § 42 InvG), was ein Prospekt ist.
Rechtsprechung
Im Bereich der richterrechtlichen Prospekthaftung gilt hingegen auch jedes Werbemittel, das der Information und Akquisition von Kapitalanlegern dient und für diese eine wesentliche Entscheidungsgrundlage bildet, als Prospekt (WM 80, 794).
Mindestinhalt & Kosten
Die Erstellung eines Wertpapierprospekts bei einem Börsengang ist sehr komplex und zeit- und kostenintensiv (schätzungsweise um die 350.000 Euro im Mittel).
Der Verkaufsprospekt muss über die Vermögensanlagen u.a. (§ 3ff VerkProspVO) angeben. Andere Gesetze enthalten ähnliche Kataloge:
- Namen, Geschäftsanschrift der Verantwortlichen und deren Vermögenslage -Art, Rechte und Volumen der Vermögensanlagen
- Verwaltungsverträge
- Wesentliche Grundlagen der steuerlichen Konzeption
- Übertragbarkeit, Handelbarkeit
- Erwerbspreis, Verkaufsfrist
- Kosten und Provisionen aufgrund Erwerb, der Verwaltung und der Veräußerung der Vermögensanlage.
Prospektpflicht anderer Finanzinstrumente
Der Prospektpflicht unterliegen neben Wertpapieren alle öffentlich angebotenen Unternehmensanteile, Anteile an Treuhandvermögen, offene oder geschlossene Fonds oder Namensschuldverschreibungen. Ausgenommen von der Prospektpflicht sind u.a. Genossenschaftsanteile, Pensionsfonds von Versicherungen, sog. Private Placements (max. 20 Anteilseigner oder Mindestinvestment von 200.000 € oder Gesamtinvestment von max. 100.000 Euro in 12 Monaten oder nur an Mitarbeiter), Angebote nur an institutionelle Investoren und die meisten Staatsanleihen.
Zeitbedarf
Die gesetzliche Billigungsfrist beträgt 20 Werktage bei einer Erstemission und 10 Werktage bei Wertpapieren die bereits öffentlich gehandelt werden oder an einem organisierten Markt bereits zugelassen wurden. Dabei werden die Prospekte zunächst an die BaFin gegeben, die diese ein erstes Mal überprüft und kommentiert (2 Wochen). Diese Kommentare werden dann von dem Emittenten entsprechend in den Prospekt eingearbeitet bevor dieser zur abschließenden Prüfung wieder an die BaFin gesendet wird. Diese teilt dann nach fertiger Prüfung das meist positive Ergebnis dieser mit (eine Woche).
Terminologie die Wertpapierprospekte in der Schweiz betreffend
Während auf europäischer Ebene, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die EU-Mitgliedstaaten unterschiedliche Abgrenzungen zwischen Emission und Börsenzulassung treffen, die Prospekte vereinheitlicht werden und nicht mehr offiziell zwischen Emissions- und Verkaufsprospekt differenziert wird, ist die Schweiz nicht an die gemeinschaftlichen Vorgaben gebunden und hält die Differenzierung der Prospekte aufrecht. Anders als in Deutschland ist im Übrigen auch die Definition der Begriffe „Primärmarkt“ und „Sekundärmarkt“; in der Schweiz ist ersterer an die Emission, letzterer an den Börsenhandel gebunden; in Deutschland hingegen wird der Börsenmarkt dem Primärmarkt zugerechnet, sofern dort die Erstausgabe der Wertpapiere erfolgt.
Unter „Emissionsprospekt“ oder „Verkaufsprospekt“ versteht man die Informationen, die anlässlich der öffentlichen Zeichnung von Wertpapieren (Primärmarkt im schweizerischen Wortverständnis) veröffentlicht werden müssen („Werbung zwecks Kapitalaufnahme seitens des Unternehmens“). Öffentlich ist jede Einladung zur Zeichnung, die sich nicht an einen begrenzten Kreis von Personen richtet. Dabei geht es darum, dem Anleger Informationen über die finanzielle Lage des Unternehmens in langfristiger Sicht zu bieten. Alle Publikumgsgesellschaften müssen einen derartigen Prospekt erstellen, d.h. u.a. alle Aktiengesellschaften, die Aktien an Ihnen unbekannte Anleger ausgeben. Die Aktien werden zwar öffentlich ausgegeben, aber nicht öffentlich gehandelt. Typisches Beispiel wäre ein Skilift,[3] der mehr Kapital braucht, und deshalb öffentlich Wertpapiere ausgibt, welche von einem zwar öffentlichen, aber dennoch relativ begrenzten Anlegerkreis gezeichnet werden (z.B. die Anwohner und Hoteliers des Dorfes, welche ihre Skilift-Aktien jahrzehntelang halten, und als Dividenden etwa ein Jahresabonnement erhalten).
Ein „Börsenprospekt“, „Kotierungsprospekt“ oder „Zulassungsprospekt“ hingegen muss anlässlich der Börsenkotierung (Sekundärmarkt im schweizerischen Wortverständnis) veröffentlicht werden und soll dem Anleger ermöglichen, die Performance des Wertpapiers mit jener anderer börsenkotierter Unternehmen zu vergleichen („Werbung zwecks Zulassung zum Börsenhandel“). Den Anlegern werden klare und vollständige Informationen geliefert, die diese für eine fundierte Anlageentscheidung benötigen. Hier geht es weniger um die individuelle, projektorientierte Geldanlage, denn vielmehr um das Erzielen von Renditen. Die an den Kotierungsprospekt gestellten Anforderungen sind wesentlich genauer und detaillierter, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten[4]. Der Anlegerkreis ist "atomisiert".
Die wenigsten Gesellschaften erstellen einen Börsenprospekt, denn: Von den ca. 170.000 Schweizer Aktiengesellschaften sind lediglich ca. 300 an der Börse kotiert, so dass lediglich 300 Unternehmen auch Kotierungsprospekte erstellen müssen. Bei den Unternehmen, die an der Börse kotiert sind, entspricht der Emissionsprospekt oftmals jedoch bereits den Anforderungen des Börsenprospektes, um den Arbeitsaufwand gering zu halten[5].
Die Unterscheidung der Wertpapierprospekte beruht auf folgender Überlegung: Auf dem Primärmarkt geht es vor allem darum, dass die Emittenten Anleger davon überzeugen können, ihre Wertpapiere zu kaufen. Die Emittenten haben somit ein Interesse daran, über sich selbst zu informieren, weshalb die Emissionsprospektanforderungen verhältnismässig gering gehalten werden können. Auf dem Sekundärmarkt (Börse) hingegen „bekämpfen“ sich die Anleger gegenseitig, um sich diejenigen Wertpapiere zu sichern, welche am meisten Rendite versprechen. Um hier eine effiziente Allokation sicherzustellen, bedarf es gut vergleichbarer Informationen, weshalb an die Börsenprospekte erhöhte Anforderungen gestellt werden und insbesondere auch eine Ad-hoc-Publizität verlangt wird. Zudem sind am Sekundärmarkt wesentlich höhere Geldbeträge im Spiel, so dass auch das potentielle Risiko und somit der Regelungsbedarf grösser sind.
Weblinks
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Schlitt, Michael: Notierung im Entry Standard als Zwischlösung attraktiv, Börsen Zeitung Nr. 91 (14. Mai 2008)
- ↑ Entry Standard übt große Anziehungskraft aus
- ↑ [1]
- ↑ http://www.swx.com/download/admission/regulation/templates/scheme_a_de.pdf
- ↑ http://www.bbbiotech.ch/fileadmin/user_upload/files/bbbiotech/de/pdf/Emissionsprospekt.pdf
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