Prävalenz

Prävalenz

Die Prävalenz oder Krankheitshäufigkeit ist eine Kennzahl der Gesundheits- und Krankheitslehre (Epidemiologie) und sagt aus, wie viele Menschen einer bestimmten Gruppe (Population) definierter Größe an einer bestimmten Krankheit erkrankt sind. In der Regel kann die Prävalenz einer Krankheit bzw. Störung in einer Population nur geschätzt werden, da eine vollständige Testung der Population zu aufwendig oder nicht alle Individuen zugänglich wären. Wie auch die Inzidenz ist die Prävalenz damit eine relative und approximative Größe.

Prävalenz(ratio)   =   Anzahl der zum Untersuchungszeitpunkt Kranken   /   Anzahl der "betrachteten" Individuen.

Wird dagegen nur die Zahl der in einem bestimmten Zeitraum Neuerkrankten betrachtet, spricht man von der Inzidenz(rate):

Inzidenz(rate)   =   Anzahl der neu Erkrankten   /   (betrachtete Zeitspanne * Anzahl der "betrachteten" Individuen),

oft angegeben in

  • Anzahl der Neuerkrankungen pro Jahr pro 100.000 Einwohner.

Anders als bei der Inzidenz werden bei der Prävalenz also die zum Untersuchungszeitpunkt bereits als krank Bekannten hinzugezählt, nicht lediglich die in einer betrachteten Zeitspanne neu Hinzugekommenen.

Inhaltsverzeichnis

Punktprävalenz vs. Periodenprävalenz

Prävalenz kann für bestimmte Fragestellungen folgendermaßen präzisiert werden:

  • Die Punktprävalenz wird definiert durch einen genau bestimmten Zeitpunkt, z. B. „im Augenblick“ oder „zum gegebenen Stichtag“.
  • Die Periodenprävalenz wird bestimmt durch einen Zeitraum wie „in den letzten sieben Tagen“, „im geschlechtsreifen Alter“ oder „im Senium“, im letzten Jahr (Jahresprävalenz) oder während des gesamten Lebens (Lebenszeitprävalenz).

Bedeutung von Prävalenzangaben anhand des Beispiels Adipositas:

Wenn in Amerika der Anteil der schwer Übergewichtigen (somit „das Merkmal, die Krankheit“) in der erwachsenen Bevölkerung (die „bestimmte Population“; bei Kindern stellt sich das Problem wieder anders!) von 12,0 % im Jahr 1991 auf 17,9 % im Jahr 1999 stieg, kann die Dynamik des Geschehens mittels Angabe zweier Punktprävalenzen weit besser vermittelt werden, als wenn man den Anteil der Übergewichtigen als Periodenprävalenz (zwischen 1991 und 1999) angegeben hätte. Noch aussagekräftiger wird die Untersuchung, wenn erkannt wird, dass diese Zunahme unabhängig vom Geschlecht, von soziodemographischen Gruppen und geographischen Regionen des Landes erfolgte, wenn also mit der genaueren Bestimmung der untersuchten Population das Problem als ein gesamtgesellschaftliches erkannt wird.

30-Tages-Prävalenz vs. 12-Monats-Prävalenz vs. Lebenszeitprävalenz

Auch in den wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit dem Drogenkonsum beschäftigen, wird der Begriff der Prävalenz verwendet, wobei dieser nicht ganz unumstritten ist, da sich der Terminus entsprechend der o. g. medizinischen Verwendung ursprünglich an einem Modell von Drogenkonsum als „Krankheit“ orientiert (ebenso wie z. B. Epidemiologie). Gängige Maßzahlen für die Verbreitung einer bestimmten Droge in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe sind neben der „Lebenszeitprävalenz“ die „12-Monats-Prävalenz“ und „30-Tages-Prävalenz“.

Die international gebräuchliche Bezeichnung „Lebenszeitprävalenz“ ist sprachlich etwas irreführend, da damit ja nicht das Auftreten des Ereignisses in der gesamten Lebensdauer erfasst wird, sondern nur das Auftreten in der bis zum Erhebungszeitpunkt verstrichenen Lebenszeit. Für die Auftrittswahrscheinlichkeit über die gesamten Lebensdauer der Untersuchungspopulation wurde der Ausdruck „Gesamtlebenszeitprävalenz“ geprägt. So wird z. B. in Österreich die Punktprävalenz des Alkoholismus in der erwachsenen Bevölkerung auf 5 % und die „Gesamtlebenszeitprävalenz“ auf 10 % geschätzt.[1]

Prävalenzratio vs. Prävalenzrate

Prävalenz wird meistens als Prävalenzratio dargestellt – nämlich die Anzahl der jetzigen Fälle in einer Population (z. B. Erkrankte, Verstorbene, Unterernährte usw.) dividiert durch die Anzahl aller Mitglieder dieser Population. Häufig wird auch von Prävalenzrate gesprochen – nämlich die Anzahl der jetzigen Fälle in einer Population (z. B. Erkrankte, Verstorbene, Unterernährte usw.) dividiert durch die Anzahl aller Mitglieder dieser Population, die im Zeitraum unter dem betrachteten Risiko standen. Oft werden die beiden Begriffe Ratio (bzw. Quote) und Rate verwechselt.[2]

Bei Punktprävalenzen sind Prävalenzratio und Prävalenzrate zwar numerisch identisch. Bei Periodenprävalenzen kann sich hingegen – besonders bei sehr hohen Prävalenzraten und bei hoher Mortalität – ein enormer Unterschied zwischen den beiden Berechnungsarten ergeben. Während der Prävalenzratio grundsätzlich zwischen 0 % und 100 % liegen muss, kann die Prävalenzrate 100 % erheblich überschreiten.

Fiktives Beispiel zur Jahresprävalenz: In einem Seuchengebiet, in dem 1000 Menschen leben, erkranken im Verlaufe eines Jahres 80 % an einer tödlichen Krankheit, wobei die Anzahl der Neuerkrankungen über das Jahr gleich verteilt ist. Wenn 800 der 1000 Menschen im Verlauf des Jahres erkranken und sterben, beträgt der Jahresprävalenzratio 80 % (800/1000). Da nach Ende des Beobachtungszeitraums nur noch 200 Personen leben, lebten im Seuchengebiet über den Beobachtungszeitraum durchschnittlich 600 Personen ({1000+200}/2). Die Jahresprävalenzrate beträgt daher 133 % (800/600).

Seroprävalenz

Als Seroprävalenz wird die Häufigkeit des Vorkommens von Antikörpern im Blut bezeichnet, die auf eine durchgemachte oder bestehende Infektion hindeuten. Die Seroprävalenz wird mit serologischen Methoden getestet.

Beispiele für die Prävalenzratio

  • Die Prävalenzratio für HIV/Aids beträgt weltweit 0,0059, in Deutschland 0,0007, in Österreich 0,0011 (Stand 2006).
  • Die Prävalenzratio für Hepatitis C beträgt weltweit 0,026, in Deutschland 0,005 und in den Hochrisikogebieten der Welt 0,050 und mehr.
  • Die Prävalenzratio chronischer Hepatitis B-Virusträger zu sein beträgt in der westlichen Welt unter 0,01, in Deutschland unter 0,008.

Siehe auch

Quellen

  1. [1] A. Uhl, N. Kopf, A. Springer, I. Eisenbach-Stangl, U. Kobrna, S. Bachmayer, W. Beiglböck, W. Preinsperger, R. Mader: 'Handbuch: Alkohol – Österreich: Zahlen, Daten, Fakten, Trends 2001. Zweite, überarbeitete und ergänzte Auflage. Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Wien 2001.
  2. K. J. Rothman, S. Greenland: Modern Epidemiology Second Edition. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 1998.

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