Pumpenstrahlantrieb

Pumpenstrahlantrieb
Jetantrieb mit gesenkten Deflektorklappen

Ein Wasserstrahlantrieb (auch Pumpjetantrieb, Pumpenstrahlantrieb, Jetantrieb, Waterjetantrieb, etc.) ist ein Antriebsaggregat beispielsweise bei Hochgeschwindigkeitsfähren, Spezialschiffen, sowie bei Rettungseinheiten und in der Sportschifffahrt, hier speziell bei den Wassermotorrädern. Über schnelllaufende und leichte Benzin- oder Dieselmotoren oder Gasturbinen wird ein Impeller - also ein ummantelter Propeller - angetrieben, der Wasser unter dem Rumpf ansaugt und über bewegliche Düsen am Heck wieder ausstößt.

Der Wasserstrahlantrieb ist nicht mit dem Düsenringpropeller, einem Antriebssystem einiger moderner U-Boote und Torpedos, zu verwechseln.

Inhaltsverzeichnis

Funktion und Vergleichsunterschiede zum konventionellen Antrieb

Funktionsweise der Schubumkehr bei einem Wasserstrahlantrieb
Wirkung der Stellung der Düse bzw. der Klappe bei einem Wasserstrahlantrieb

Gelenkt wird durch die Vektorsteuerung, das heißt, die „bewegliche Düse“ wird in die Richtung gedreht, in die der Wasserstrahl austreten soll. Wird die Düse oder die Klappe so gedreht, dass der Wasserstrahl nach Backbord austritt, fährt das Boot/Schiff nach Backbord. Wird die Düse bzw. die Klappe hingegen so gedreht, dass der Wasserstrahl nach Steuerbord austritt, fährt das Boot/Schiff nach Steuerbord.

Rückwärts gefahren wird durch an der Austrittsdüse befindliche Schubumkehrklappen, die den Wasserstrahl nach unten vorne ablenken. Dass die Lenkdüse dabei nicht zerstört wird und/oder der nach vorne unten geschossene Wasserstrahl dabei nicht in den Wassereinlass des Jetantriebes gerät (und den Wirkungsgrad auf Null drückt), wird im Detail von jedem Hersteller anders gelöst.

Im Vergleich zum klassischen Wasserfahrzeug mit Propellerantrieb, lassen sich Wasserfahrzeuge mit Jetantrieb extrem flach bauen und betreiben und sind auch bei langsamster Fahrt äußerst wendig.

Die Kavitation setzt erst bei wesentlich höheren Strömungsgeschwindigkeiten ein, als bei einem offen stehenden Propeller, da die Druckverhältnisse im Betrieb am Blatt eines Impellers im Jetantrieb denen einer Pumpe entsprechen.

Das führt dazu, dass der Betrieb eines Jetantriebes wesentlich weniger Vibrationen und Lärm mit sich bringt, als der einer konventionellen Antriebsanlage. Außerdem muss bei schwerer See der Schub bei einer Jetanlage nicht zurückgenommen werden, da eine Jetanlage kein Problem damit hat, wenn der Antrieb plötzlich in der Luft hängt, während genau dieser Effekt in schwerer See einen konventionellen Antrieb beschädigen oder gar zerstören kann. Ein Boot oder Schiff, welches mit einem Jetantrieb ausgestattet ist, kann also bei schwerer See (zumindest was den Antrieb betrifft) deutlich schneller unterwegs sein, als ein gleiches Boot mit einem konventionellen Antrieb.

Der US-amerikanische Yachthersteller Hinckley, der einige seiner Boote sowohl mit Jets, als auch mit Wellenanlagen baut, hat bei Tests herausgefunden, dass in schwerem Wetter ein Boot mit Jetantrieb bei knapp der doppelten Geschwindigkeit eines konventionell angetriebenen, gleich großen Bootes sein Geschwindigkeitsmaximum findet. Das ist völlig unabhängig davon, ob zwei Boote mit Mehrantriebsanlagen oder mit Einzelantrieben miteinander verglichen werden.

Außerdem kann ein Boot mit einem oder mehrere Jetantrieben ohne Rücksicht auf den Antrieb nehmen zu müssen, trockenfallen, also in einem Gezeitengebiet bei Ebbe auf dem Grund stranden, während beim Trockenfallen oder Stranden eines konventionell angetrieben Bootes vor allem der Antrieb und die Steuerung bruchgefährdet sind.

Im Wasser befindliche Menschen, andere Säugetiere, Vögel und Fische werden durch einen Jetantrieb nicht gefährdet, während der Kontakt mit einem sich drehenden Propeller sehr schwere, lebensgefährliche und auch sofort tödliche Verletzungen zufügen kann. Ein Schwimmer ist von einem Boot mit Jetantrieb nur noch durch einen Zusammenstoß mit dem Rumpf bzw. vom Kiel bedroht und bei größeren Schiffen davon, unter Wasser gedrückt zu werden.

Das sind die Hauptgründe, warum Jetantriebe (vor allem außerhalb Deutschlands) bei Lotsen- und Rettungsgesellschaften, aber auch bei Polizeien, Zoll und Küstenwachorganisationen immer mehr Verbreitung finden und Lotsenversetzboote, Seenotrettungsfahrzeuge, Polizei-, Zoll,- und Küstenwachboote mit konventionellen Antrieben langsam ablösen.

Geschichte und Schutzrechte

Den Anfang hat der Neuseeländer Sir William Hamilton 1954 gemacht, als er die Erfindung der Kreiselpumpe des Amerikaners Hanley zur Horizontalpumpe weiterentwickelte. Schon früh war die Nachfrage so groß, dass Hamilton Lizenzen für den Nachbau der Jetantriebe vergab. Inzwischen ist der (Nach-) Bau im Prinzip jedem möglich, da das Schutzrecht des Patentes abgelaufen ist. Bereits im Jahre 1866 gab es mit der HMS Waterwitch ein Panzerschiff, welches mit einem Wasserstrahlantrieb ausgestattet war.

Dabei gilt die Frage der Vektorsteuerung und der Schubumkehr als kompliziert und wird von jedem Hersteller anders behandelt. Patente auf dieses Ende des Jetantriebes sind noch gültig. Das Bild oben zeigt das Prinzip; welches der Schubumkehr eines Flugzeugtriebwerks ähnelt.

Ein anderes patentrechtliches Problem stellt sich am Ansaugstutzen des Jetantriebes, wo die Form des Diffusors das Strömungsverhalten beeinflusst. Es gibt hier für den Hochgeschwindigkeitsbereich verschiedene Patente.

Aktuell liefern die Wasserstrahlantriebe der zur Rolls-Royce-Gruppe gehörenden finnischen Firma KaMeWa die höchsten Geschwindigkeiten. Das Unternehmen baut auch den derzeit größten funktionsfähigen Jetantrieb, der von einer 26 MW starken Gasturbine angetrieben wird und einen Innendurchmesser von etwa drei Metern besitzt.[1]

Verbreitung, Wirkungsgrad und Baugrößen

Motorrettungsboot der Wasserwacht mit Jetantrieb

Inzwischen hat der Jetantrieb auch Eingang in die Freizeit-/Sportschifffahrt gefunden. Einmal kommt er dort bei Jetski zum Einsatz, wo die Vermeidung einer Gefährdung von Schwimmern und die kompakte Bauweise zum leichten Transport wesentlich sind.

Auch Außenbordmotorhersteller haben den Jetantrieb inzwischen im Programm, der dort allerdings anders funktioniert, da er sich dort nur als eine im Unterwasserteil integrierte Kreiselpumpe realisieren lässt. Gesteuert werden solche Jetantriebs-Außenbordmotoren, indem man den Motor in seiner Aufhängung am Spiegel des Bootes bewegt. Eine Schubumkehr gibt es hier jedoch nicht - zum Rückwärts fahren muss der Motor vielmehr 180 Grad um die Hochachse gedreht werden.

Der Wirkungsgrad eines Jetantriebes, sei es Außenborder oder klassischer Innenbordantrieb, ist jedoch stets etwas schlechter als der eines konventionellen Antriebes durch einen Propeller. Im Vergleich mit konventionellen Mehrpropellerantrieben sind erst Mehrfachanlagen mit mehreren Jets pro Boot ökonomisch, da der Mehranlagenbetrieb bei konventionellen Antrieben den Gesamtwirkungsgrad eines Bootes/Schiffes mit jeder weiteren Propellerwelle drückt, was bei Jetantrieben nicht der Fall ist. Je nach Bootstyp und -konstruktion sowie Einsatzzweck ist im Gesamtwirkungsgrad eine Mehrjetanlage im Vergleich mit einer Mehrwellenanlage bei zwei bis drei Einheiten je Boot gleichwertig.

Sogar an Bord von Segelbooten/-schiffen kann man den Jetantrieb inzwischen finden, da bei abgeschaltetem Antrieb gesegelt werden kann, ohne dass ein im Wasser befindlicher Propeller oder Faltpropeller den Strömungsverlauf und damit den Wasserwiderstand und die Segeleigenschaften ungünstig beeinflusst.

Der kleinste funktionsfähige Jetantrieb wird von der deutschen Modellbaufirma Graupner für Schiffsmodelle gefertigt, hat einen Innendurchmesser von knapp einem Zentimeter und besitzt sogar eine Schubumkehr und eine Vektorsteuerung. Verbreitet sind im Modellbaubereich auch die Jets von Kehrer Modellbau.

Einzelnachweise

  1. Information zu Antrieben von KaMeWa auf der Webseite von Rolls-Royce (PDF-Datei, engl.)

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