RBerG

RBerG
Basisdaten
Titel: Rechtsberatungsgesetz
Abkürzung: RBerG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Berufsrecht der Rechtspflege
FNA: 303-12
Datum des Gesetzes: 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478)
Inkrafttreten am: 18. Dezember 1935
Letzte Änderung durch: Art. 21a Gesetz vom 21. Juni 2002
(BGBl. I S. 2010, 2072)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Juli 2002
(Art. 23 Gesetz vom 21. Juni 2002)
Außerkrafttreten: 30. Juni 2008, Art. 20 Gesetz zur
Neuregelung des Rechtsberatungsrechts
vom 12. Dezember 2007
(BGBl. I, S. 2840, 2860)
Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung.

Das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) (bis 1958 Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung genannt) regelte bis zum 30. Juni 2008 nebst fünf Ausführungsverordnungen in Deutschland die gewerbsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Danach durften neben Rechtsanwälten, Patentanwälten, Steuerberatern und Notaren nur solche Personen fremde Rechtsangelegenheiten - einschließlich des Einziehens von Forderungen (Inkasso) - geschäftsmäßig besorgen, denen eine entsprechende behördliche Erlaubnis erteilt ist. Andere Personen durften beispielsweise die Bezeichnung Rechtsbeistand nicht führen oder ein Inkassounternehmen betreiben.

Seit dem 1. Juli 2008 ist das Rechtsberatungsgesetz durch das Rechtsdienstleistungsgesetz abgelöst worden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bis 1935 gab es keine gesetzliche Regelung, die den Personenkreis beschränkte, der Rechtsberatung durchführen durfte. Nach der Gewerbeordnung von 1869 galt die Freiheit im gewerblichen Leben auch für das Gebiet der Rechtsberatung. Jeder war grundsätzlich zur gewerblichen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten befugt[1]. Dies änderte sich im Dezember 1935 mit Einführung des Gesetzes zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung. Fortan war die Rechtsbesorgung an die Erteilung einer Erlaubnis gebunden. Der Antragsteller wurde auf die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie auf genügende Sachkunde überprüft. Ziel des Gesetzes war es in erster Linie, die ab 1933 aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossenen jüdischen Rechtsanwälte daran zu hindern, in die nichtanwaltliche Rechtsberatung auszuweichen.[2] Daher wurde in § 5 der Ersten Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes vom 13. Dezember 1935 (RGBl I S. 1481) festgelegt, dass Juden die nach § 1 RBerG erforderliche Erlaubnis nicht erteilt wird. In Folge dieser Regelung konnten auch die noch amtierenden jüdischen Richter und Staatsanwälte, die nach der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz zum Jahresende 1935 aus dem Dienst ausscheiden mussten, nicht rechtsberatend tätig werden.

Die Vorarbeiten zu dem Rechtsberatungsgesetz stammen allerdings bereits aus den 1920er Jahren, ursprünglicher Zweck des Gesetzentwurfs war es, die Rechtssuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu schützen.[3] Weitere (sekundäre) Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes waren die Gewährleistung der Reibungslosigkeit des Rechtsverkehrs [4] und ein Wettbewerbsschutz für Rechtsanwälte [5] Insgesamt hatte das Rechtsberatungsgesetz keine ausgesprochen nationalsozialistische Tendenz und war auch kein Gesetz politischer Natur oder ein Ausnahmegesetz.[6]

Die Ausführungsbestimmungen, die den Juden die rechtsberatenden Tätigkeiten verwehrten, wurden 1945 aufgehoben; darüber hinaus blieb das Gesetz jedoch in Kraft. 1958 wurde das Gesetz unter der abgeänderten Überschrift „Rechtsberatungsgesetz“ in die Sammlung des Bundesrechts aufgenommen. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte mehrfach das Rechtsberatungsgesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar,[7] ebenso wenig verstieß das Rechtsberatungsgesetz gegen EU-Recht[8] oder die Europäische Menschenrechtskonvention.[9]

Durch das Gesetz zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 wurde der Beruf des Voll-Rechtsbeistandes geschlossen. Nach einer kurzen Übergangszeit war die Neuzulassung von Rechtsbeiständen nur noch mit Teilerlaubnissen für bestimmte Rechtsgebiete möglich. Die bereits erteilten Erlaubnisse galten weiter, Rechtsbeistände mit Vollerlaubnis konnten ihre Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer nach § 209 der Bundesrechtsanwaltsordnung beantragen. Aus der Schließung des Berufsstandes der Rechtsbeistände folgte außerdem, dass unentgeltlich Rechtsdienstleistenden künftig eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht mehr erteilt werden konnte.

Kritik am RBerG

Das Gesetz erfuhr zunehmende Kritik. Es wurde als ein dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Rechtsanwaltschaft dienendes Regulierungsinstrument und als Bevormundung des Bürgers, durch das auch altruistische Tätigkeiten unangemessen stark eingeschränkt würden, angesehen. Insbesondere die fehlende Definition einer Rechtsberatung im Sinne des Gesetzes erschwerte die Abgrenzung erlaubter von unerlaubter Beratung durch Nicht-Anwälte. Hierzu gehörten beispielsweise Beratungen über Fördermittel, welche nach der seinerzeitigen Auslegung ausschließlich Rechtsanwälten vorbehalten bleiben sollten.

Jedoch ermöglichte eine öffentliche Stellungnahme der Bundesregierung zum Thema Insolvenzberater Unternehmensberatern, in diesem Bereich schon jetzt tätig zu sein.

Am 29. Juli 2004 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Strafvorschriften des RBerG im Lichte seiner Schutzzwecke auszulegen sind. Im konkreten Verfahren wurde die Verurteilung eines pensionierten Richters aufgehoben. Dieser hatte sich wegen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten selbst angezeigt und angekündigt, das auch weiterhin zu tun, ohne eine entsprechende Zulassung zu besitzen. Die Ratsuchenden seien in diesem Sonderfall aufgrund der erheblichen Berufserfahrung des ehemaligen Richters nicht gefährdet. Seine Verurteilung zu einer Geldbuße sei deshalb unverhältnismäßig und verletze ihn in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).[10]

Eine Abschottung des deutschen Markts vor ausländischen Anbietern aus dem Bereich der EU, die im Ausland erlaubnisfrei Rechtsrat erteilen dürfen, wurde von Kritikern unter dem Gesichtspunkt der Freiheit, Dienstleistungen europaweit anbieten zu dürfen, als Verstoß gegen EU-Recht angesehen. In anderen Ländern wie z.B. USA, Österreich und der Schweiz gibt es keine vergleichbare Regelung. In dem Gutachten für den 58. DeutscherJuristenTag in München 1992, S. C68 ff. stellt Ulrich Everling fest, dass keiner der von ihm untersuchten Mitgliedsstaaten der EU die Rechtsberatung den Anwälten vorbehalte. Nicht einmal die entgeltliche kommerzielle Rechtsbesorgung sei in anderen Staaten vergleichbaren Beschränkungen wie in der Bundesrepublik Deutschland unterworfen. In einigen Staaten gebe es überhaupt keine Zulassungsvoraussetzungen für die berufliche Rechtsberatung. Lediglich die Führung der Berufszeichnung „Rechtsanwalt“ sei an die üblichen Voraussetzungen gebunden. In all diesen Staaten stehe es also jedermann frei, auch ohne entsprechende berufliche Vorbildung und Examina juristisch zu beraten.[11]

Einzelnachweise

  1. Kleine-Cosack, Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz, Heidelberg 2004, ISBN 3-8114-3107-2, Seite 38 Rn. 3
  2. Kleine-Cosack, Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz, Heidelberg 2004, ISBN 3-8114-3107-2, Seite 38 Rn. 2
  3. Stellungnahme von RiBGH Caliebe vor dem Rechtsausschuss des Bundestages
  4. Kleine-Cosack, Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz, Heidelberg 2004, ISBN 3-8114-3107-2, Seite 44 Rn. 17.
  5. Kleine-Cosack, Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz, Heidelberg 2004, ISBN 3-8114-3107-2, Seite 45 Rn. 18
  6. Chemnitz/Johnigk, Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz, 11. Auflage, Köln 2003, ISBN 3-933188-07-5, Vorbemerkung Rn. 3
  7. BVerfGE 41, 378; 75, 246, 275; 97, 12, 26
  8. EuGH AnwBl 1997, 114
  9. EGMR NJW 2001, 1555
  10. BVerfG 1 BvR 737/00
  11. (DFG-VK Zeitschrift 4/3)

Kommentare

  • Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz von Rennen / Caliebe, Verlag C.H.Beck München 2001, 3. Auflage, ISBN 3-406-45470-4,
  • Kommentar zum Rechtsberatungsgesetz von Chemnitz / Johnigk, Aschendorff-Verlag Köln 2003, 11. Auflage, ISBN 3-933188-07-5.
  • Rechtsberatung: das Rechtsberatungswesen von 1919 - 1945 und die Entstehung des Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes von 1935 von Simone Rücker, Tübingen: Mohr Siebeck, Diss. 2007, ISBN 3-16-149339-7,

Weblinks

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