Radiobaryt

Radiobaryt
Baryt, Schwerspat
Doppelender-Kristall-Gruppe aus Cumbria (England)
Chemische Formel BaSO4
Mineralklasse Wasserfreie Sulfate ohne fremde Anionen
7.AD.35 (8. Auflage: VI/A.09-20) (nach Strunz)
28.3.1.1 (nach Dana)
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse orthorhombisch-dipyramidal 2/m\ 2/m\ 2/m
Farbe weiß, grau, rötlich, gelblich, bräunlich bis schwarz
Strichfarbe weiß
Mohshärte 3 bis 3,5
Dichte (g/cm³) 4,5
Glanz Fettglanz, Glasglanz
Transparenz meist durchscheinend bis undurchsichtig, selten durchsichtig
Bruch uneben, muschelig
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach {001}, vollkommen nach {210}
Habitus Prismen, Pyramiden, oft tafelig
Häufige Kristallflächen
Zwillingsbildung
Kristalloptik
Brechzahl α=1,634 bis 1,637 β=1,636 bis 1,638 γ=1,646 bis 1,648 [1]
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
Δ=0,012 [1] ; zweiachsig positiv
Winkel/Dispersion
der optischen Achsen
2vz ~ 36° bis 40°
Pleochroismus farblos
Weitere Eigenschaften
Radioaktivität nicht radioaktiv
Magnetismus nicht magnetisch
Besondere Kennzeichen Fluoreszenz, Phosphoreszenz

Baryt, auch unter seinem Synonym Schwerspat und seiner chemischen Bezeichnung Bariumsulfat bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der wasserfreien Sulfate ohne fremde Anionen. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung BaSO4 und entwickelt meist tafelige oder prismatische Kristalle, aber auch massige Aggregate, die in reiner Form von weißer Farbe sind, durch Fremdbeimengungen aber auch viele andere Farben annehmen können.

Inhaltsverzeichnis

Besondere Eigenschaften

Baryt zeigt bei langwelligem UV-Licht eine gelbliche, orange- oder rosafarbene Fluoreszenz. Bei kurzwelligem UV-Licht kann gelegentlich Phosphoreszenz beobachtet werden.

Baryt ist chemisch recht beständig und löst sich auch in heißer, konzentrierter Schwefelsäure nur langsam. Beim Erhitzen neigt das Mineral jedoch zur Rissbildung und erzeugt eine gelbgrüne Flammfärbung.

Etymologie und Geschichte

Seinen traditionellen Namen Schwerspat (aus dem Griechischen βαρύς (barýs) = schwer) bekam Baryt aufgrund seiner für ein nichtmetallisch wirkendes Mineral relativ hohen Dichte von 4,5 g/cm³.

Varietäten und Modifikationen

Barytrose aus Tunesien

Radiobaryt enthält einen hohen Anteil Radium, welches Barium in der Struktur ersetzen kann. Es ist das radioaktivste natürlich vorkommende Mineral.[2]

In wüstenhaftem Klima entstehen als besondere Wachstumsform, bei der zwischen den tafeligen Kristallen Sandkörner eingeschlossen werden, die sogenannten Barytrosen.

Baryt ist das namensgebende Mineral einer Gruppe strukturell ähnlicher Minerale. Weitere Mitglieder dieser Gruppe sind Anglesit, Coelestin, Hashemit und Kerstenit.

Bildung und Fundorte

rosa Barytrose aus Marokko

Baryt bildet sich aus hydrothermalen Lösungen oder auch sedimentär, teilweise unter Mitwirkung biologischer Prozesse.

Die bedeutendsten Lagerstättentypen sind SEDEX Lagerstätten. Da Bariumsulfat nur sehr schwer löslich ist, findet eine Ausfällung des Minerals häufig an Orten statt, an denen sich Ba-reiche und sulfatreiche Lösungen mischen. So bilden sich die submarinen SEDEX Lagerstätten bei der Mischung aufsteigender Barium-reicher Hydrothermallösungen mit sulfathaltigem Meerwasser. Dieser Lagerstättentyp kann einige Millionen bis Milliarden Tonnen Baryterz enthalten, welche oftmals, aber nicht immer, mit Pb-Zn-Ag-haltigen Massivsulfiden vergesellschaftet sind. Beispiele sind die Lagerstätten in der Brooks Range in Alaska mit etwa 2 Milliarden Tonnen Baryt[3], der Nevada Barytgürtel in den USA oder die Lagerstätten Meggen und Rammelsberg in Deutschland (beide stillgelegt).

Ganglagerstätten bilden sich auf Spalten in verschiedensten Gesteinen. Die Gänge können mehrere Meter mächtig werden und einige Millionen Tonnen Baryt enthalten. Oftmals kommen auf den Gängen neben Baryt auch Fluorit, Quarz, Calcit und verschiedene Sulfide vor. In Deutschland werden derzeit die Lagerstätten Grube Clara in Oberwolfach im Schwarzwald und im Schwerspatbergwerk Dreislar im Sauerland abgebaut (beide durch die Sachtleben Bergbau GmbH). Die Lagerstätte Gehren bei Ilmenau im Thüringer Wald wird derzeit wieder aufgefahren und die Produktion von Flussspat mit dem Nebenprodukt Baryt soll in den nächsten Jahren wieder aufgenommen werden (Firma Phönix Fluss- und Schwerspat Bergwerk GmbH)[4]. Bis Juni 2007 wurde noch bei Bad Lauterberg im Harz auf der Grube Wolkenhügel Baryt abgebaut. Bis 1991 wurde im sächsischen Vogtland die Lagerstätte Brunndöbra abgebaut. Weniger bedeutende Reviere lagen im Richelsdorfer Gebirge bei Sontra, im Spessart bei Lohr am Main (z.B. bei Rechtenbach, Partenstein und Frammersbach) und im Saarland bei Nohfelden. Zwischen den Dörfern Aue und Haindorf (Schmalkalden) gab es von 1887 bis 1978 eine Schwerspatmühle, die "Auehütte". Die Bahnstation trägt heute noch diesen Namen. Sie wurde 1887 in dem Gebäude des Walzwerkes einer vorherigen Eisenverhüttung von der Familie Utendörffer eingerichtet. Als VEB in der DDR schloss sie 1978. In Hartenrod, heute Bad Endbach im Landkreis Marburg-Biedenkopf (Hessen), wurden in den Gruben „Bismarck“ ab 1884 und „Koppe“ von 1919 bis 1957 ein hochwertiges Schwerspatvorkommen abgebaut und in der angeschlossenen Spatmühle verarbeitet.

Weitere Fundorte sind unter anderem Freiberg, Halsbrücke, Pöhla, der Harz, das Lahn-Dill-Gebiet und der Thüringer Wald sowie Oberwolfach im Schwarzwald (Grube Clara) in Deutschland, Alston Moor, Cumbria, Frizington und Mowbray in England, Iglesias auf Sardinien, Baia Sprie und Cavnic in Rumänien, Banská Štiavnica in der Slowakei, Dědova hora und Příbram in Tschechien, sowie Elk Creek/South Dakota in den USA.

Struktur

Elementarzelle von Baryt

Baryt hat die chemische Zusammensetzung BaSO4, wobei Barium auch verstärkt durch Strontium (Diadochie) ersetzt werden kann. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Kristallklasse orthorhombisch-dipyramidal 2/m\ 2/m\ 2/m.

Verwendung

Die Hauptverwendung für Baryt ist in der Tiefbohrtechnik als Zusatz für Bohrspülungen. Der Grund hierfür ist die hohe Dichte des Baryts, mit dem ein hoher Schweredruck in der Flüssigkeit erzielt wird, der das Bohrloch stabilisiert und es ermöglicht, das durch den Bohrmeißel zerkleinerte Gestein an die Erdoberfläche zu transportieren.

Des Weiteren wird Baryt zur Herstellung von weißen Pigmenten wie Lithopone und von fotografischen Papieren verwendet und ist selbst auch im Colour Index unter C.I. Pigment White 22 bzw. C.I. 77120 gelistet. Es ist ebenso Bestandteil von Schwerbeton wie von Kontrastmitteln bei Röntgenuntersuchungen des Magens. Baryt wird außerdem als Rohstoff zur Gewinnung von Barium abgebaut.

In der Automobilindustrie wird Baryt Kunststoffen und Dämmmatten beigemischt, um die Schalldurchlässigkeit zu vermindern.

Als Schmuckstein wird Baryt nur selten verwendet, da er zu weich (Mohs-Härte 3 bis 3,5) und empfindlich (vollkommene Spaltbarkeit) ist. Er wird von Sammlern bevorzugt in Form eines facettierten Achtecks geschliffen [5].

Als Zuschlagsstoff wird Schwerspat benutzt, um die Strahlendurchlässigkeit von Beton zu vermindern (Barytbeton). Einsatzgebiet sind z.B. Wände in Röntgenräumen im Krankenhaus oder Behandlungsräume in der Onkologie.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b MinDat - Baryte (engl.)
  2. http://www.webmineral.com/data/Radiobarite.shtml Radiobaryt
  3. Johnson, C.A., Kelley, K.D., Leach, D.L., 2004. Sulfur and oxygen isotopes in barite deposits of the western Brooks Range, Alaska, and implications for the origin of the Red Dog massive sulfide deposits. Economic Geology V. 99, p. 1435 - 1448
  4. http://www.rdb-ev.de/zeitung07/07-03-112-120.pdf Fluss- und Schwerspat Gehren
  5. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV Verlags GmbH, 1976/1989, ISBN 3-405-16332-3, S. 222

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3
  • Edition Dörfler: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag, ISBN 3-89555-076-0

Weblinks


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