- Raketenartillerie
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Ein Raketenwerfer, im ehemaligen Ostblock auch Geschosswerfer, aus dem russischen Gardewerfer, teils auch Raketenartillerie genannt, ist eine Abschussvorrichtung auf Anhänger oder Selbstfahrlafette, von der einzelne oder mehrfach (Mehrfachraketenwerfer), überwiegend ungelenkte Raketen abgefeuert werden können.
Raketenwerfer der sowjetischen Katjuscha-Bauweise können zwischen 4 und 40 Raketen aufnehmen, wobei Kaliber über 227 mm von Schienen, Kaliber darunter aus Rohren gestartet werden. Die Werfer sind meist auf Lkw, manchmal auch auf Kettenfahrgestelle montiert. Es gibt aber auch Raketenwerfer auf gezogenen Lafetten.
Die Schussweiten moderner Raketenwerfer reichen typisch von 10 bis 90 km. Der chinesische Mehrfachraketenwerfer WS-1B erreicht 180 km, das vergrößerte System WS-3 sogar 350 km.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Der Ursprung dieser Artillerie-Art geht auf die Chinesen zurück. Im Jahr 1232 erfolgte der erste belegte Angriff mit Feuerwerksraketen auf die Stadt Kaifeng. Nachdem das Schießpulver nach Europa kam, zeigten die Gelehrten grosses Interesse und bereits 1410 entwickelte der Franzose Friossart die Idee Raketen durch Rohre abzufeuern. 1591 entwickelte Johannes Schmidlap die erste Stufenrakete. Der erste der das Raketenprinzip wissenschaftlich dokumentierte war 1684 Isaac Newton. Nachdem Indien die von Chinesen entwickelte Vorrichtung zum Abschießen von Feuerwerkskörpern Ende des 18. Jahrhunderts gegen die Britische Ostindien-Kompanie eingesetzt hatte, brachten die Briten die Idee erneut nach Europa. Der erste große Einsatz von "Raketenwerfern" in Europa fand am 4. April 1807 statt, als die Engländer von See aus die Stadt Kopenhagen beschossen und Teile der Stadt in Flammen setzten. William Congreve (1772-1828) entwickelte diese Brandraketen um sie in den Napoleonischen Kriegen einzusetzen. In Folge wurden Einheiten für diese Waffe in Frankreich, Russland, Österreich, der Schweiz, USA und Sachsen aufgestellt. Durch die Entwicklung gezogener Geschütze wurden Artillerieraketen aber für einige Zeit wieder verdrängt.
Im Zweiten Weltkrieg entwickelten sich Mehrfachraketenwerfer, die auf Lastwagen oder Halbkettenfahrzeugen montiert waren, zu einer wichtigen Ergänzung der herkömmlichen Feldartillerie. Mit ihnen konnte ein Sättigungsfeuer, d. h. die Abdeckung eines großen Zielgebiets, auf relativ unkomplizierte und preiswerte Weise erzielt werden:
In der UdSSR waren zu Beginn des Zweiten Weltkrieges eine 82-mm-Rakete und eine 132-mm-Rakete einsatzbereit, die anfangs von Flugzeugen gegen Luft- und Bodenziele verschossen wurden – die Katjuscha-Raketen. Diese Raketen verwendeten stangenförmige Pulverpresslinge als Treibsatz. Ab Sommer 1941 setzte die Rote Armee in großer Zahl auf LKW montierte Mehrfach-Startgestelle ein, die binnen Sekunden Salven von Raketen verschießen konnten. Wegen ihres charakteristischen Pfeifgeräuschs und der optischen Ähnlichkeit zu nebeneinander angeordneten Orgelpfeifen wurde diese Waffe von deutscher Seite „Stalinorgel“ genannt.
Die Wehrmacht konterte mit 15- und 21-cm-Werfern, so genannten Nebelwerfern, die von Lafetten feuerten. Auch im pazifischen Raum wurden, insbesondere bei Landungsoperationen, massiv Artillerieraketen von Japan und den USA eingesetzt. Bei Kriegsende brachten die Amerikaner auf Panzern montierte 114-mm-Werfer auch in Europa zum Einsatz.
Einsatz
Die Vorteile dieser Waffe liegen im einfachen Aufbau der Lafette (geringer Rückstoß, daher auch geringes Gewicht), der leichten Bedienbarkeit sowie den niedrigeren Herstellungskosten im Gegensatz zu Artillerie-Geschützen. Nachteilig sind der große Bedarf an Treibpulver sowie die langen Nachladezeiten. Ein weiterer Nachteil ist die leichte Ortbarkeit infolge der großen Lärm- und Staubentwicklung beim Raketenabschuss.
Wegen der prinzipbedingt größeren Streuung der Geschosse ist der Mehrfach-Raketenwerfer eine typische Flächenfeuerwaffe, die ein vorher genau erkundetes Zielgebiet in kürzester Zeit mit einem massiven Feuerschlag belegt. Z. B. deckt eine Batterie von vier BM-30 Mehrfach-Raketenwerfern mit insgesamt 48 Raketen eine Zielfläche von ca. 800 × 800 m (640.000 m²) ein. Das Zielgebiet wird innerhalb von 20 Sekunden mit insgesamt 31.008 Bomblets (Submunition) der Raketen überschüttet. Auch ist es möglich, mittels Mehrfach-Raketenwerfern in kürzester Zeit Minensperren zu erstellen. Z. B. kann eine Batterie von vier BM-27-Systemen innerhalb von 20 Sekunden eine Fläche von 650 × 650 m mit 19.968 Sück PFM-1S Antipersonenminen eindecken.
Bei der Bundeswehr war bis in die 1990er Jahre das Leichte Artillerie-Raketen-System (LARS) im Einsatz. Es konnte 36 Raketen des Kalibers 110 mm innerhalb von 18 Sekunden abfeuern. Es standen verschiedene Gefechtskopfvarianten zur Verfügung, so Nebel-, Splittergranaten sowie Versionen zum schnellen Verminen großer Gefechtsfeldteile, die maximale Schussweite betrug ca. 12–14 km. Das modernere MLRS ist ein System auf Kettenfahrgestell, das zwölf 227-mm-Raketen aus Rohren verschießt. Dieses System kann auch moderne Panzerminen oder Submunition mit eigenem Suchkopf über einem Zielgebiet freisetzen. Vergleichbares Modell auf russischer Seite ist der BM-21 mit 40 Raketen, der seit der Einführung 1963 laufend modernisiert wurde.
Modelle
- Katjuscha (Raketenwerfer)
- BM-14
- BMD-20 8U33
- BM-21 9K51 Grad
- BM-22 9P140 Uragan
- BM-24
- BM-25 2K5 Korschun
- BM-27 9P140 Uragan
- BM-30 9A52 Smertsch
- RM-70 RM 70 M
- TOS-1 Buratino
- WS-1 und WS-2 der Volksrepublik China
- Nebelwerfer
- Wurfrahmen 40
- Panzerwerfer 42
- ASTROS-2
- MLRS (bei der Bundeswehr MARS -Mittleres Artillerie-Raketen-System- genannt)
- LARS
- Hydra
- Lance
- Pinaka
- Sergeant
- Honest John
- Pluton (Kurzstreckenrakete) Frankreich
- Fadschr-3 Iran
- Fadschr-5 Iran
Siehe auch
- Raketenartilleriebataillon der Bundeswehr.
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