Recke-Volmerstein

Recke-Volmerstein
Denkmal für von der Recke; im Hintergrund das Kinderheim Overdyck

Adalbert (oder Adelberdt) Graf von der Recke-Volmerstein (* 28. Mai 1791 in Amt Hamme bei Bochum; † 10. November 1878 in Kraschnitz) war einer der Gründungsväter der Diakonie.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Albert Friedrich Karl Georg Ernst war das vierte von neun Kindern des Philipp Heinrich Christian Freiherr von der Recke-Vollmerstein, 1817 von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen in den Grafenstand erhoben, und dessen Gattin Louise Alexandrine Johanne Christine Freiin von der Recke. Erst nach seinem achten Lebensjahr nannte man ihn Adalbert (oder Adelberdt). Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Die gesundheitliche Labilität und tiefe Sensibilität des Jungen, gepaart mit unkindlichem Ernst, bereiteten den Eltern Sorge. Recke-Volmerstein studierte in Heidelberg Rechte und Medizin und trat 1813 freiwillig ins preußische Heer ein, in dem er als Gouvernementskommissar im Bereich der Verpflegung der Nordarmee eingesetzt wurde.

Beeinflusst von den Gedanken der Erweckungsbewegung und der Deutschen Christentumsgesellschaft nahm er sich seit 1816 einiger heimatlosen Kinder an. In der Region gab es, bedingt durch die napoleonischen Kriege, viele vagabundierende Kinder. Im Jahr 1819 begründete er mit seinem Bruder Werner in der Nähe des väterlichen Gutes Overdyck ein Rettungshaus, "welche nach Jahresfrist bereits 44 Pfleglinge zählte" (Recke-Volmerstein 1878, S. 203). Hierfür erwarb er eine ehemalige Freischule. Bald fassten die Räume die wachsende Anzahl nicht mehr. Der Graf kaufte deshalb die Trappistenabtei Düsselthal in der Nähe von Düsseldorf "und führte am 20. Juni 1822 den grössten Theil seiner Anstalt dorthin über. Theils um den häuslichen Bedarf an Früchten und Cerealien zu befriedigen, theils um seinen Zöglingen ein Feld nützlicher Thätigkeit eröffnen zu können, dotirte der Gründer sein Düsselthal mit 480 Morgen zugekauften Landes."[1]

1826 heiratete Recke-Volmerstein in aller Stille Mathilde Gräfin von Pfeil und Klein-Ellguth. Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor, sieben Mädchen und drei Knaben. Zwei der Kinder starben in jungen Jahren. Mathilde Gräfin von der Recke-Volmerstein hat entschieden den Geist und das Leben der Düsselthaler Anstalt mitgeprägt: "Die Arbeitsbereiche des Grafen umfassen neben der Repräsentation der Anstalt die 'Büreaus (Correspondenz, Buchführung, Buchhandel'), die Geldbeschaffung und die Leitung der 'Knabenanstalt'. Dazu zählen die Bereiche: 'Unterweisung, Erziehung'. Ein weiteres Ressort bildet die 'Handwerks-Schule' mit 'Buchdruckerei, Buchbinderei, Schumacherei, Schneiderei, Schreinerei, Schmiede, Schlosserei, Bäckerei, Küper und Wagnerei'. Hinzu kommt die Krankenpflege für die Knaben und männlichen Mitarbeiter der Anstalt. Schließlich wird als selbständiges Gebiet unter der Oberaufsicht des Grafen noch die 'Oekonomie' erwähnt, die sich vierfach untergliedert in: 'Mühle, Gärtnerei, Viehwirthschaft und Feldwirthschaft'. Die gesamte Haushaltsführung sowie die Betreuung der Mädchen und des weiblichen Personals gehören in den Aufgabenbereich der Gräfin. Auf den ersten Blick scheint die Organisation den Erfordernissen der Einrichtung angemessen zu sein. Doch täuscht die genannte Aufstellung darüber hinweg, dass es in vielen Arbeitszweigen immer wieder an Personal, insbesondere an ausgebildetem, mangelt."[2]

Ein Höhepunkt für die Rettungsanstalt war der Besuch des Kronprinzen, des nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, im Oktober 1833. Darüber berichtete die Anstaltsmutter u.a.: "Er besah alle Stuben aufs genaueste und ging dann auf dem Schlafsaal, wo er den ganzen Saal entlangging, ein Bett nach dem anderen in Augenschein nehmend und an der anderen Reihe wieder herunterkam. Im Betsaal betrat er gleich die Kanzel und sah die aufgeschlagene Bibelstelle nach, die zufällig gerade die merkwürdigen Worte enthielt 2. Timoth. 1, 8-9, welches in der Prachtausgabe gerade obenanstand. - Er erfüllte die Worte in seiner ganzen Bedeutung so schön und gab kund, welcher Geist sein Inneres belebte, denn mit jedem Wort sprach er seine Liebe fürs Reich Gottes aus... In der Küche mußte ich ihm alle Töpfe aufdecken, und er betrachtete die Speisen aufs allergenaueste und begehrte sie zu schmecken; es war nichts wie die Suppe fertig, und dann aß er davon einen ganzen Teller. Sagend: 'Man muß nichts halb tun, sehen Sie, ich lasse keinen Tropfen übrig,' bog er den Teller über den Löffel, den letzten herausgießend. - So besah er mit gleichem Interesse und Teilnahme alle Teile der Anstalt und gab oft seine Freude darüber zu erkennen." [3]

1845 erwarb Recke-Volmerstein die Herrschaft Kraschnitz, einen 1717 Hektar großen Besitz. 1847 beendete er sein Wirken in Düsselthal, um sich verstärkt seinem neuen Besitz und dem sozialen Engagement in Schlesien widmen zu können. Graf Adelberdt von der Recke-Volmerstein starb hier, bis zuletzt für seine Anstalten lebend. Seine Frau war bereits elf Jahre vorher verstorben.

1860 gründete Recke-Volmerstein in Kraschnitz das Deutsche Samariter-Ordensstift für behinderte und kranke Kinder. In Anlehnung an die 1867 gegründete Anstalt in Bethel bei Bielefeld richtete er wenig später auch eine Diakonissenanstalt in Kraschnitz ein, die unter dem Namen Schlesisches Bethel bekannt wurde. Zuvor hatte er 1863 die Grundherrschaft Kraschnitz an seinen Sohn Leopold übergeben.

Adalbert von der Recke korrespondierte mit Johann Hinrich Wichern, der mit dem Rauhen Haus in Hamburg eine ähnliche Einrichtung begründet hatte.

Mit der Schriftstellerin Elisa von der Recke war er weitläufig verwandt.

Die Graf-Recke-Straße in Düsseldorf ist nach ihm benannt.

Einzelnachweise

  1. C. von Recke-Volmerstein, 1878 (S. 203), siehe Literatur
  2. Gerlinde Viertel, 2006 (S. 169), siehe Literatur
  3. Karl Schöpff/Walther Vogel, 1922 (S. 264), siehe Literatur

Werke (Auswahl)

  • Zur Feier der Versammlung der Gesellschaft der Menschenfreunde in Limburg am 18ten October 1820, Iserlohn, 1820
  • Der Eid. Eine religiöse Abhandlung. Zum Besten der Rettungs-Anstalten zu Düsselthal und Overdyk, Barmen, 1830
  • Die Himmelsleiter oder Angelika's Fabelbuch. Mit 18 schönen Lithographien, Düsselthal, 1846

Siehe auch

Literatur (Auswahl)

  • C. von Recke-Volmerstein: Geschichte der Herren von der Recke. Breslau, 1878
  • Karl Schöpff und Walther Vogel: Ein Menschenfreund. Adelberdt Graf von der Recke von Volmerstein. Sein Lebensbild und Lebenswerk nach Briefen, Tagebuchblättern und sonstigen Urkunden dargestellt. Gütersloh, 1922
  • Eva Maria Cranz: Adelberdt Graf von der Recke-Volmerstein. Der Wiedererwecker des allgemeinen Priestertums. Göttingen, 1941
  • Gerlinde Viertel: Anfänge der Rettungshausbewegung unter Adelberdt Graf von der Recke-Volmerstein (1791-1878). Köln, 1993
  • Gerlinde Viertel: Mathilde Gräfin von der Recke-Volmerstein (1801-1867). In: Hauff Adelheid v. (Hrsg.): Frauen gestalten Diakonie. Band 2: Vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Stuttgart, 2006 (S. 163-180)

Weblinks


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