Reut-Nicolussi

Reut-Nicolussi

Eduard Reut-Nicolussi (* 22. Juni 1888 in Trient; † 18. Juli 1958 in Innsbruck) war Jurist (Völkerrecht) und Politiker.

Eduard Reut-Nicolussi wuchs in Lusern auf, der Sprachinsel der Zimbern auf der Hochebene südlich des oberen Valsugana im Trentino. Er schloss das Gymnasium in Trient (damals Welschtirol im Staat Österreich-Ungarn) ab und studierte Jura in Innsbruck.

Im Ersten Weltkrieg war er Soldat bei den österreichischen Kaiserjägern.

Nach Kriegsende und noch vor dem Friedensvertrag von St. Germain wurde er für Südtirol und Welschtirol (heute: Trentino) in die Wiener Nationalversammlung gewählt. Dort hielt er nach Abschluss des Friedensvertrags im Sommer 1919 seine erste Aufsehen erregende Rede über die Lage des an Italien gefallenen Südtirol und der deutschsprachigen Sprachinseln der Zimbern.

Noch im selben Jahr zog er nach Bozen, wo er als Rechtsanwalt tätig war und wurde Abgeordneter im italienischen Parlament als Vertreter des deutschsprachigen Südtirol für den "Deutschen Verband" (DV), einen Zusammenschluss der katholisch-konservativen "Tiroler Volkspartei" mit der großdeutschen "Freiheitlichen Partei". Der DV erreichte bei den italienischen Parlamentswahlen im Jahr 1921 in Südtirol mehr als 90% der Stimmen.

Nach der Machtübernahme durch die Faschisten unter Benito Mussolini im November 1922 setzte eine rücksichtslose Politik der Italianisierung Südtirols und der Sprachinseln der Zimbern ein, die maßgeblich von Ettore Tolomei aus Rovereto (Trentino) geleitet wurde. Gleichzeitig wuchs der Druck auf die Abgeordneten Südtirols (u.a. 1926 Verbot des DV ), so dass Reut-Nicolussi 1927 auf abenteuerliche Weise nach Innsbruck flüchten musste, wo er sich an der dortigen Universität 1931 in Rechtsphilosophie und Völkerrecht habilitierte und er in den folgenden Jahren bis zu seiner Emeritierung lehrte.

In den Jahren bis 1938 war er politisch aktiv zeitweilig als Leiter des "Deutschen Schulvereins Südmark", eines im Gegensatz zum radikal-irredentistischen "Andreas-Hofer-Bund für Tirol" eher gemäßigten Verbands.

Nach dem Anschluss Österreichs 1938 durfte Reut-Nicolussi wegen seiner erklärten Opposition gegen die nationalsozialistische Südtirolpolitik der Option nur mehr Zivilrecht lehren. Gleichzeitig war er in Tiroler Widerstandskreisen aktiv, ohne allerdings nachhaltige Wirkung zu erzielen.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war er als aktiver Widerständler kurzzeitig in der Tiroler Landesregierung, resignierte aber, nachdem auf der Pariser Friedenskonferenz im Sommer 1946 klar wurde, dass Südtirol bei Italien bleiben würde, und zog sich weitgehend aus der Politik zurück. Im Mai 1946 wurde Reut-Nicolussi zum Vorsitzenden des "Verbandes der Südtiroler" gewählt. 1945 erhielt er an der Universität Innsbruck einen Lehrstuhl für Völkerrecht und Rechtsphilosophie.

Reut Nicolussi war auch Mitglied der CV Verbindungen Austria Innsbruck und Traungau Graz.

Von 1947 bis 1951 war er Präsident der Tiroler Pfadfinder und von 1951 bis zu seinem Tod Ehrenpräsident.

Im Jahr 1951 wurde er Rektor der Universität Innsbruck.

Eduard Reut-Nicolussi starb am 18. Juli 1958 in Innsbruck im Alter von 70 Jahren. In Innsbruck wurde eine Straße nach ihm benannt.

Werke

  • Tirol unter dem Beil, 1928
  • Das altösterreichische Nationalitätenrecht in Welschtirol, 1930
  • Unparteilichkeit im Völkerrecht, 1940
  • Leitfaden der Redekunst, 1949.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eduard Reut-Nicolussi — (* 22. Juni 1888 in Trient, Österreich Ungarn; † 18. Juli 1958 in Innsbruck) war ein Südtiroler Jurist (Völkerrecht) und Politiker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Nicolussi — ist ein italienischer Familienname, den u. a. ca. zwei Drittel der Bewohner der zimbrischen Trentiner Gemeinde Lusern tragen. Hier einige Träger dieses Namens: Eduard Reut Nicolussi (1888 1958), aus Lusern stammender österreichischer Jurist… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Straßen in Innsbruck — Dies ist eine Liste Innsbrucker Straßennamen. Es sind auch Namen öffentlicher Brücken im verbauten Stadtgebiet über den Inn und die Sill angegeben. Zu jedem Eintrag sind die Katastralgemeinde (KG) und fallweise der statistische Bezirk… …   Deutsch Wikipedia

  • Luserner Zimbrisch — Lusern …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Reu — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Lusern — Luserna …   Deutsch Wikipedia

  • A.V. Austria — Wappen Die A.V. Austria Innsbruck ist eine katholische, farbentragende, nichtschlagende Verbindung im ÖCV, die 1864 gegründet wurde. Sie ist damit die älteste Verbindung dieses Verbandes. Inhaltsverzeichnis 1 Die ersten Jahre 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Austria Innsbruck — Wappen Die A.V. Austria Innsbruck ist eine katholische, farbentragende, nichtschlagende Verbindung im ÖCV, die 1864 gegründet wurde. Sie ist damit die älteste Verbindung dieses Verbandes. Inhaltsverzeichnis 1 Die ersten Jahre 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Deutschfreiheitlich — Deutschfreiheitlichkeit war eine politische Strömung in Österreich in der Zeit vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Wichtigstes Ziel dieser bürgerlichen Bewegung war die Vereinigung der ehemals zum Heiligen Römischen Reich bzw …   Deutsch Wikipedia

  • Italienisierung — Die Italianisierung bezeichnet den Versuch der ab 1922 regierenden faschistischen Regierung Italiens die im Rahmen des Irredentismus einverleibten Gebiete mit nicht italienischer Bevölkerungsmehrheit sprachlich und kulturell italienisch zu… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”