Reziprokes Polynom

Reziprokes Polynom

In der Mathematik ist ein reziprokes Polynom ein Polynom, dessen Koeffizienten in einem geeigneten Sinne symmetrisch sind:

Ein Polynom

 c_nX^n + c_{n-1}X^{n-1} + \ldots + c_1 X + c_0

vom Grad n heißt reziprok, wenn  c_k = c_{n-k}\, für k=0,...,n gilt (die Folge der Koeffizienten ist also spiegelsymmetrisch).

Dies ist genau dann der Fall, wenn

p(X) = X^n\cdot p\!\left(\frac1X\right).

Manchmal wird das Polynom p^*(X) = X^n\cdot p\!\left(\frac1X\right) das reziproke Polynom von p(X) genannt.

In diesem Fall nennt man Polynome, die die Symmetriebedingung erfüllen, selbst-reziprok - dies ist die übliche Sprechweise in der englischsprachigen Fachliteratur.[1]

Reziproke Polynome werden oft auch über endlichen Körpern verwendet.[2]

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

  1. Die Kreisteilungspolynome sind reziprok.[3]
  2. Alexanderpolynome von Knoten (siehe Knotentheorie) sind reziprok. Für ein Alexanderpolynom der Form c_0+c_1 t + \cdots + c_0 t^n führt (nach Skalierung mit t n / 2) die Substitution z^2=t+\frac{1}{t}-2 auf das Conway-Polynom.

Eigenschaften

Reziproke Polynome haben zum Beispiel folgende Eigenschaften:

  • Ist x eine Nullstelle eines reziproken Polynoms, so ist auch 1 / x eine Nullstelle.
  • Daraus folgt: ist der Grad eines reziproken Polynoms p ungerade, so ist − 1 eine Nullstelle. Dann ist p(X) durch X + 1 teilbar. Der Quotient (siehe Polynomdivision) ist wieder ein reziprokes Polynom.
  • Ist der Grad n = 2k eines reziproken Polynoms p gerade, so kann p(X) geschrieben werden als
p(X) = X^k q\!\left(X+\frac1X\right)
mit einem eindeutig bestimmten Polynom q vom Grad k = n / 2. Die Nullstellen von p sind also genau die Lösungen x von
x + \frac1x = z

für die Nullstellen z von q.

Varianten

Variante 1

Man kann die Symmetriebedingung folgendermaßen abwandeln: Polynome

c_nX^n + c_{n-1}X^{n-1} + \ldots + c_1 X + c_0

vom Grad n, für die

c_k = -c_{n-k}\, für k=0,...,n

gilt, haben ähnliche Eigenschaften wie reziproke Polynome:

  • Sie sind genau die Polynome p vom Grad n, die p(X) = -X^n\cdot p\!\left(\frac1X\right) erfüllen.
  • Ist x eine Nullstelle, so auch 1 / x. Jedes solche Polynom hat die Nullstelle 1.

Variante 2

Wir nehmen an, dass der verwendete Grundkörper nicht Charakteristik 2 hat.

Man kann Polynome

c_nX^n + c_{n-1}X^{n-1} + \ldots + c_1 X + c_0

vom Grad n betrachten, deren Koeffizienten

c_k = (-1)^kc_{n-k}\, für k=0,...,n

erfüllen. Nichttriviale Polynome dieser Art sind nur für gerade n möglich.

Sie haben folgende Eigenschaften:

  • Sie sind charakterisiert durch
p(X) = X^n\cdot p\!\left(-\frac1X\right).
  • Ist x eine Nullstelle, so auch − 1 / x.
  • Ist n nicht durch 4 teilbar, so sind i und − i Nullstellen. Ein solches Polynom ist also durch X2 + 1 teilbar; der Quotient ist wieder ein Polynom derselben Art, dessen Grad durch 4 teilbar ist.
  • Ist n = 4k durch 4 teilbar, so lässt sich ein derartiges Polynom p als p(X) = X^{2k}\cdot q\!\left(X-\frac1X\right) mit einem eindeutig bestimmten Polynom q vom Grad 2k = n / 2 schreiben. Die Nullstellen von p sind also die Lösungen x der Gleichungen x - \frac1x = z für die Nullstellen z von q.

Literatur

  • Meyers großer Rechenduden, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1961.
  • Helmut Meyn, Werner Götz: Self-reciprocal Polynomials Over Finite Fields, [1]

Einzelnachweise

  1. Bei komplexen Polynomen, f \in \C[X], verwendet man meist eine ähnliche Symmetrie-Bedingung, nämlich c_k = \overline{c_{n-k}} für k=0,...,n (die Koeffizienten werden konjugiert).
  2. Siehe zum Beispiel den Artikel von Meyn/Götz.
  3. Man könnte hier noch den Beweis skizzieren, oder eine Referenz angeben.

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