Riggenbach-Gegendruckbremse

Riggenbach-Gegendruckbremse

Die Gegendruckbremse, nach ihrem Erfinder Niklaus Riggenbach auch Riggenbach-Gegendruckbremse genannt, ist eine dynamische Bremse bei Dampflokomotiven, die durch eine Kombination mehrerer Maßnahmen die Lokomotive in den Antriebszylindern abbremst. Damit werden Verschleiß und Überhitzung der Radreifen der Antriebsräder verhindert und eine dauernde hohe Bremskraft erreicht.

Die Gegendruckbremse darf nicht mit der Gegendampfbremse verwechselt werden, welche nur die Möglichkeit der Bremswirkung einer Dampfmaschine mit Rundschiebern ausnutzt, und nicht als zusätzliches Bremssystem zugelassen ist.

Funktionsweise

Vereinfacht gesagt wird die Funktionsweise der Zylinder umgedreht, indem in ihnen Luft komprimiert wird. Da der übliche Dampfweg nach dem Verlassen des Zylinders in die Rauchkammer unterhalb des Kamins führt, würden die Zylinder ohne geänderte Luftzuführung die mit Verbrennungsrückständen verschmutzte Luft ansaugen. Dies wird durch eine separate Ansaugöffung, über die im Gegendruckbetrieb saubere Umgebungsluft angesaugt wird, verhindert. Über eine zusätzliche Luftleitung wird die komprimierte Luft abgeleitet, denn die verdichte Luft soll nicht in den Dampfkessel gelangen. Die Frischluftansaugöffnung hat keinen typischen Montagepunkt, befindet sich aber in der Regel in der Nähe der Zylinder.

Die Gegendruckbremse wird über ein Gestänge vom Führerstand aus bedient, wobei eine kombinierte Ansteuerung möglich ist. Bei ihr tritt die Gegendruckbremse automatisch in Kraft, sobald die Steuerung einen negativen Wert aufweist, also mit auf vorwärts ausgelegter Steuerung eigentlich im Rückwärtsgang zu arbeiten. Sobald die Steuerung eine negative Stellung erreicht hat, werden Ansaugöffnung und Abluftleitung freigegeben.

Um ein Überhitzen der Zylinder bei starker Verdichtung zu verhindern, besteht die Möglichkeit der Einspritzung von Wasser in die Ansaugluft. Die Wassermenge wird dabei mit dem Verdichtungsgrad erhöht (in der Regel direkt abhängig von der Steuerung). Ohne diese Wassereinspritzung bestünde die Gefahr, dass der Ölfilm im Zylinder zerstört würde. Ein Regelventil, das von der Steuerung bedient wird, reguliert den Gegendruck, womit auch ein dynamischer Bremsvorgang ermöglicht wird.

Eigenschaften von Lokomitven mit Gegendruckbremse

Einer Gegendruckbremse ist es nicht nur möglich, eine eingestellte Bremskraft geschwindigkeitabhängig zu halten; die Bremsleistung verstärkt sich sogar bei höherer Geschwindigkeit. In diesem Punkt unterscheidet sie sich von Reibungsbremsen, die bei Geschwindigkeitserhöhung in ihrer Wirkung zuallermeist nachlassen (aufgrund von Fading). Die eigentliche Bremsleistung hängt direkt mit der Anzahl Umdrehungen des Rades zusammen, das heißt, je mehr Umdrehungen das Rad in der gleichen Zeit macht, desto mehr Bremsleistung kann aufgebracht werden. Die Lokomotive kann somit, trotz wechselndem Gefälle, in einem engen Geschwindigkeitsbereich gehalten werden, ohne dass zwingend etwas an der Einstellung geändert werden muss, und ist somit die ideale Beharrungsbremse, eine Bremse, bei der die Geschwindigkeit - in der Regel im Gefälle - gehalten, aber nicht reduziert werden soll.

Heutige Lokomotiven haben auf der Seite, auf der die verdichte Luft den Zylinder verlässt, einen Schalldämpfer. Die verdichtete Luft wird in der Regel über den Kamin abgeführt, damit darin der Zug für die Feuerung erhalten bleibt und der Hilfsbläser nicht eingesetzt werden muss. Die Dampflok-typischen Auspuffschläge ertönen so auch bei aktiver Gegendruckbremse, wobei ein Tonhöhen- und Lautstärkenunterschied zum normalen Auspuffschlag erkennbar ist. Die Anzahl der Auspuffschläge pro Radumdrehung wird allerdings nicht verändert.

Einsatzbereiche

Riggenbach-Gegendruckbremsen fanden besonders bei Dampflokomotiven, die auf längeren Gefällestrecken eingesetzt waren, und bei Zahnradbahn-Lokomotiven (z. B. bei der Wiener Kahlenbergbahn) Anwendung. Für den Betrieb auf Steilstrecken war ihr Vorhandensein unabdingbar, da diese dynamische Bremse bei Dampfloks die vorgeschriebene dritte unabhängige Bremse ist.

Ein weiteres Einsatzgebiet war im Mess- und Versuchswesen bei Bremslokomotiven zur stetigen Bremsung von in Beharrungsfahrt zu testenden Triebfahrzeugen. Hier überlebten einige Dampflokomotiven in Deutschland bis Mitte der 1970er Jahre in einer Nischennutzung.


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