Rotliegendes

Rotliegendes

Das Rotliegend (häufig auch Rotliegendes, aber fachlich nicht empfohlen)[1] ist eine Gesteinseinheit im hierarchischen Rang einer Gruppe und der untere Abschnitt der mittel- und westeuropäischen Dyas. Die Dyas („das Zweigeteilte“, nach der in Mitteleuropa ausgeprägten Zweiteilung in Rotliegend und Zechstein) war eine alternative Bezeichnung des Perm-Systems, die sich international nicht durchsetzen konnte. In der heutigen wissenschaftlichen Auffassung ist Rotliegend kein Zeitintervall mehr, sondern lediglich eine rein durch Merkmale definierte Gesteinseinheit (Einheit der Lithostratigraphie). Das Rotliegend entspricht überwiegend den internationalen chronostratigraphischen Serien des Unter- und Mittelperm (Cisuralium und Guadalupium).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Namensgebung

Das Rotliegend verdankt seinen Namen den vielfach auffällig rot gefärbten Gesteinen, aus denen die Gesteinseinheit aufgebaut ist. „Rotliegend“ ist ein alter Bergmannsausdruck aus dem Mansfelder Land und bezeichnet die roten, unter dem nutzbaren Kupferschiefer lagernden Gesteine. Da dieses taube Gestein im Liegenden des Kupferschiefers zu finden war, wurde es ursprünglich als „rotes totes Liegendes“ bezeichnet. Die Rotfärbung dieser Sandsteinschichten wird durch feinverteilte Hämatit-Schüppchen (Roteisenstein) verursacht und verweist auf die Ablagerung im heißen Klima.

Definition und Typregion

Die Untergrenze des Rotliegenden ist bisher noch nicht abschließend definiert worden; sie ist stark diachron. Im Saar-Nahe-Becken liegt die Untergrenze an der Basis der Remigiusberg-Formation, in der Wetterau an der Basis der Lindheim-Formation, im Thüringer Wald entweder an der Basis der Georgenthal-Formation/Möhrenbach-Formation oder an der Basis der Ilmenau-Formation. In der nördlichen Saalesenke wird die Untergrenze an die Basis der Halle-Formation, auf der Flechtlinger Scholle an der Basis der Süplingen-Formation, im Vorerzgebirge an der Basis der Härtensdorf-Formation, im Becken von Döhlen an der Basis der Unkersdorf-Formation und in Norddeutschland meist an die Basis der Vulkanit-Komplexe gelegt. Die Obergrenze ist dagegen fast überall gut definiert und quasi isochron; es ist die Basis des Unteren Werra-Tons (Kupferschiefer und seine Äquivalente). Die Gesteinseinheit Rotliegend beinhaltet terrestrische, fluviatile, lakustrine, äolische und vulkanogene Sedimente, von groben Konglomeraten und Brekzien, über Sandsteine bis zu feinkörnigen Tonen, Evaporiten und Kalken. Lokal sind mächtige magmatische Gesteine eingeschaltet (Laven, Pyroklastika, Ignimbrite, seltener subvulkanische Körper). Die Gesteine des Rotliegend sind, bedingt durch die wüstenhaften Bedingungen des Ablagerungsgebietes überwiegend rot gefärbt. Das Rotliegend erreicht lokal Mächtigkeiten bis über 3000 m. Typregion ist Mittel- und Westeuropa. Entsprechend der Unsicherheit der Untergrenze beginnt das Rotliegende regional wahrscheinlich bereits im Gzhelium, der obersten chronostratigraphischen Stufe des internationalen Oberkarbon (Pennsylvanium) und reicht bis in das untere Wuchiapingium, der unteren chronostratigraphischen Stufe des internationalen Oberperm (Lopingium). In absoluten Zahlen ausgedrückt umfasst das Rotliegend einen Zeitraum von wahrscheinlich über 45 Millionen Jahren, von etwa 302 bis 257 Millionen Jahren.

Untergliederung des Rotliegend-Gruppe

Das Rotliegend wurde in Deutschland in einer ganzen Reihe voneinander getrennter Becken abgelagert, die daher jeweils ihre eigene Sedimentationsgeschichte haben. Entsprechend lassen sich die Sedimente der einzelnen Becken lithostratigraphisch nicht oder nur schwer korrelieren; deshalb wurden für jedes Teilbecken separate Formationen ausgeschieden.

  • Saar-Nahe-Becken (Remigiusberg-Formation, Altenglan-Formation, Wahnwegen-Formation, Lauterecken-Formation, Meisenheim-Formation, Disibodenberg-Formation, Oberkirchen-Formation, Thallichtenberg-Formation, Donnersberg-Formation, Wadern-Formation, Sponheim-Formation, Standenbühl-Formation, Kreuznach-Formation). Die Formationen werden von manchen Autoren auch zu einigen Subgruppen zusammengefasst.
  • Wetterau (Lindheim-Formation), Altenstadt-Formation, Düdelsheim-Formation, Schöneck-Formation, Bleichenbach-Formation, Rodenbach-Formation)
  • Thüringer Wald („basale Sedimente“ (noch nicht benannt), Georgenthal-Formation, Möhrenbach-Formation, Ilmenau-Formation, Manebach-Formation, Goldlauter-Formation, Oberhof-Formation, Rotterode-Formation, Tambach-Formation, Elgersburg-Formation, Eisenach-Formation, „Grenzkonglomerat“ (noch nicht benannt))
  • Nordöstliches Saale-Becken (Halle-Formation (z.B. Galgenberg), Hornburg-Formation, „Brachwitzer Schichten“ (muss neu gegliedert werden), Eisleben-Formation)
  • Flechtinger Scholle (Süplingen-Formation, Roxförde-Formation, Winkelstedt-Formation, Uthmöden-Formation, Bebertal-Formation, Föhrberg-Formation)
  • Döhlener Becken (Unkersdorf-Formation, Döhlen-Formation, Niederhäslich-Formation, Bannewitz-Formation)
  • Nordwestsächsisches Rotliegend-Becken (Kohren-Formation, Rochlitz-Formation, Oschatz-Formation, Wurzen-Formation)[2]
  • Vorerzgebirge (Härtensdorf-Formation, Planitz-Formation, Leukersdorf-Formation, Mülsen-Formation)
  • Norddeutsches Rotliegendbecken, Teil des Südlichen Permbecken (vier Subgruppen: Altmark-Subgruppe, Müritz-Subgruppe, Havel-Subgruppe, Elbe-Subgruppe)

Fossilien

Fossilien aus dem Rotliegenden kennt man vor allem aus dem Saarland (Lebach und Oberthal), Rheinland-Pfalz (Nierstein, Bad Sobernheim, Odernheim, Jeckenbach, Rockenhausen), Thüringen (Manebach, Friedrichroda, Tambach-Dietharz), Sachsen-Anhalt (Raum Halle/Saale) und Sachsen (Chemnitz, Dresden). Berühmt sind die Tierfährten von Nierstein, die Saurier (Amphibien) von Odernheim und Jeckenbach, die Ur-Reptilien vom Fundort „Bromacker“ bei Tambach-Dietharz sowie der „Versteinerte Wald“ von Chemnitz.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. diese deklinierbare Variante sollte nach den Empfehlungen der Stratigraphischen Kommission nicht verwendet werden, da sie als internationale Bezeichnung in nicht deutschsprachigen Ländern schwerer anwendbar ist
  2. siehe Günter Schwerdtner, Heidrun Anger und Manfred Störr: Die Kaolinlagerstätten des Kemmlitzer Reviers. Bergbau in Sachsen, 13: 116 S., Dresden 2007 ISBN 978-3-9811421-1-2 PDF

Literatur

  • Manfred Menning, Reinhard Benek, Jürgen Boy, Bodo-Carlo Ehling, Frank Fischer, Birgit Gaitzsch, Reinhard Gast, Gotthard Kowalczyk, Harald Lützner, Wolfgang Reichel und Jörg W. Schneider: Das Rotliegend in der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002 - "Paternoster-Stratigraphie" auf dem Rückzug. Newsletters on Stratigraphy, 41(1-3): 91-122, Stuttgart 2005 ISSN 0078-0421

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