- Ruthenien
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Ruthenien (abgeleitet von Ruthenia, dem lateinischen Namen für Rus) ist im deutschen Sprachgebrauch ein historischer Landschaftsname, den im Laufe der Geschichte verschiedene Gebiete Osteuropas trugen, meistens im Bereich der heutigen Staaten Ukraine und Weißrussland.
Die Bewohner der jeweiligen Gebiete hießen im Deutschen Ruthenen (selten: Ruthenier), das Eigenschaftswort lautet ruthenisch. Gleichbedeutend mit Ruthenien ist der Name Reußen, entsprechend (die) Reußen und reußisch; diese Form findet sich in älterer Literatur häufiger.
Das Wort Ruthene (Ruthenen) leitet sich vom lateinischen ruthenus (rutheni) ab, das wiederum ab dem 11. Jahrhundert als die lateinische Entsprechung des Ethnonyms Rusyn/Rusin belegt ist. Der Ausdruck „Ruthenen“ selbst bezeichnet die seit etwa dem 15. Jahrhundert im Großfürstentum Litauen, in Polen-Litauen und dem Königreich Ungarn lebenden Slawen östlichen christlichen Glaubens; die (Groß-)Russen hießen damals bereits Moscovitae oder Russi.
Wegen seiner mangelnden Eindeutigkeit führte die Verwendung des Namens Ruthenien immer wieder zu Missverständnissen, ein Grund mit dafür, warum er im 20. Jahrhundert, außer in historischen Abhandlungen mit eindeutigem Kontext, immer ungebräuchlicher wurde.
Allerdings findet man Ruthenien als (inoffizielle) Bezeichnung für die Karpatoukraine neuerdings wieder häufiger.
Übersicht
Der Name Ruthenien (oder Reußen) ist Bestandteil alter Landschaftsnamen:
- Weißruthenien (Weißreußen, auch Weißrussland, umfasste nur einen Teil des Gebiets des heutigen Staates Weißrussland)
- Schwarzruthenien (Schwarzreußen, auch Schwarzrussland)
- Rotruthenien (Rotreußen, auch Rotrussland), auch Galizien)
Die Herrscher des Großfürstentums Litauen trugen zeitweilig den Herrschertitel eines rex ruthenorum („König der Ruthenen“), wobei „Ruthenen“ hier noch alle Ostslawen bezeichnet und keine Differenzierung zwischen Ukrainern, Weißrussen und (Groß-)Russen erkennbar ist.
Für die Zeit des Polnisch-Litauischen Reiches gab es bereits zwei verschiedene Begriffe von Ruthenien beziehungsweise Ruthenen:
- Im engeren Sinne: die Woiwodschaft Ruthenien, eine Verwaltungseinheit um die Stadt Lemberg
- Im weiteren Sinne verstand man unter Ruthenen die gesamte ostslawische Bevölkerung des Reiches (mit meist orthodoxem Glauben). Davon abgeleitet die Begriffe:
- Ruthenische Länder (häufiger: Reußische Länder): die Siedlungsgebiete der Ruthenen
- Ruthenische Sprache: die dort gesprochene gemeinsame Vorform des Ukrainischen und Weißrussischen
- Ruthenische Metropolie: das griechisch-orthodoxe Erzbistum, in dem die betreffenden Gebiete kirchlich organisiert waren
In der Habsburger- und insbesondere der Österreichisch-Ungarischen Monarchie bezeichnete man 1772–1918 die ostslawischen (ukrainischsprachigen) Reichsangehörigen amtlich als Ruthenen. Davon abgeleitet:
- die Sprachbezeichnung ruthenisch für ukrainisch
- gelegentlich die Bezeichnung Ruthenen auch für die ukrainischsprachige Bevölkerung im Russischen Reich
Nach 1918 blieben die Begriffe Ruthenen und (Karpato-)Ruthenien in Bezug auf die Karpatoukraine teilweise in Gebrauch, während sie sonst schwanden.
- Im Lateinischen wird zudem Russland sowohl als Russia wie auch als Ruthenia bezeichnet, während gleichzeitig das heute ukrainische Galizien-Wolhynien in mittelalterlichen Quellen als Russia geführt wird, so bei der Krönung des Fürsten Danylo von Galizien-Wolhynien zum rex russiae im Jahre 1253.[1]
Trivia
- Das chemische Element Ruthenium ist nach dem Russischen Reich benannt, da sein Entdecker Gottfried Osann Professor in Dorpat (Tartu, heute Estland) war.
Einzelnachweise
- ↑ siehe Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, München (Beck) 1994, S. 41
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