Régine Chopinot

Régine Chopinot

Régine Chopinot (* 1952 in Fort-de-l’Eau, Algerien) ist eine französische Tänzerin und Choreographin. Die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes hat sie von Frankreich aus seit Ende der 70er Jahre wesentlich beeinflusst. Ihr facettenreiches Werk ist erfolgreich und umstritten zugleich. Außerdem ist Chopinot vor allem in Frankreich aufgrund ihrer kritischen Auseinandersetzung mit gegenwärtigen kulturpolitischen Themen bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Stationen

Mit der Compagnie du Grèbe gründet Chopinot 1978 in Lyon ihre eigene Compagnie. Seitdem schuf sie mehr als 50 Choreografien, zumeist in Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern wie Andy Goldsworthy, Jean Le Gac und Jean Michel Bruyère, sowie auch Musikern wie zum Beispiel Tôn-Thât Thiêt oder Bernard Lubat.

1981 gewinnt Chopinot den zweiten Preis beim Concours International de Chorégraphie de Bagnolet (Seine-Saint-Denis) mit ihrem Stück Halleys Comet. Im Alter von 34 Jahren übernimmt sie die Leitung des „Centre Chorégraphique National de La Rochelle“, eines der größten Centre Chorégraphique National von Frankreich. Bis heute leitet sie die Einrichtung, seit 1993 unter dem Namen „Ballet Atlantique-Régine Chopinot“ (BARC). 2008 wird sie das BARC im gegenseitigen Einverständnis mit ihren Förderen verlassen.

Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Jean-Paul Gaultier, der in den Jahren zwischen 1983 und 1993 die Kostüme für ihre Stücke kreierte, macht sich Chopinot einen Namen mit humorvollen, farbenreichen, in ästhetischer Hinsicht provozierenden Stücken.

In den neunziger Jahren beginnt sie, mit ihren Arbeiten gegen die aufkommende Institutionalisierung und Kommerzialisierung des zeitgenössischen Tanzes zu agieren. Sie experimentiert mit neuen Ausdruckformen und Themen, die aktuellen Trends zuwider laufen. Das Wesen des Menschen, naturbelassene Elemente und Rhythmen und die Auseinandersetzung mit Körperpraktiken und -lehren prägen ihre choreografischen Arbeiten aus dieser Zeit.

Mit den Stücken Chair-Obscur (2002), WHA (2004) und O.C.C.C. (2006) markiert Chopinot eine neue Schaffensperiode, in der sie Themen wie Leben, Tod, Zeit, Erinnerung etc. in den Mittelpunkt rückt und die choreografische Form nach und nach auflöst. Für WHA erhält Chopinot den Preis für die beste französische Choreografie des „Syndicat professionel de la critique de theater, musique et danse“. O.C.C.C. kann als Rückblick auf ihr choreografisches Schaffen verstanden werden, in dem das Publikum eine Reise durch Chopinots künstlerische Vergangenheit erfährt, deren markanter Stil jeder Zeit sichtbar wird.

Pädagogische Arbeit

Chopinots choreografische Arbeit ist eng mit ihrer Arbeit als Tanzpädagogin verbunden. In Hanoi und La Rochelle bildet sie seit 2000 Tänzerinnen und Tänzer des Opernballets aus. Außerdem unterrichtet sie an der Hochschule für Tanz in Vietnam. Im Rahmen ihrer Tourneen bietet Chopinot in der Regel auch Workshops an, wo sie ihr Können an Tänzer weltweit weitergibt und intensive künstlerische Begegnungen herstellen möchte.

Stücke

  • Jardin de pierres (1978)
  • Ma Grand’mère Hippocampe (1978)
  • Pierre dans l'eau (1979)
  • L’Origine des poissons (1979)
  • Reflux (1979)
  • À Réaction (1980)
  • Halley’s Comet (1981)
  • Appel d’Air (1981)
  • Grand Écart (1982)
  • Simone Popinot, (1982)
  • Swim One (1982)
  • Délices (1983), 8 Tänzer und Schauspieler
  • Via (1984), 5 Tänzer
  • Les Rats (1984), Choreografie für die Tänzer der "Groupe de Recherche Chorégraphique" der Opéra Garnier (GRCOP) in Paris
  • Rude Raid (1984), Video, 13 min.
    Regie & Ausstattung: Marc Caro | Choreografie: Régine Chopinot
  • Fred le Bordel (1985), 4 Tänzer
  • Rossignol (1985), 9 Tänzer
  • Le Défilé (1985), 16 Tänzer, Schauspieler und Models
  • A la Rochelle, il n’y a pas que des pucelles … (1986), 9 Tänzer
  • Gustave (1987), Film 35 mm, 6 min. Regie: Régine Chopinot
  • K.O.K. (1988), 4 Tänzer, 1 Schauspieler, 1 Sängerin und 1 Pianist
  • Transport (1989), 4 Tänzer
  • Ana (1990), 19 Tänzer
  • Saint-Georges (1991), 12 Tänzer
  • Façade (1993), 11 Tänzer, 1 Erzähler und 1 Orchester
  • Soli – Bach (1994), 10 Tänzer. Kostüme: Jean-Paul Gaultier
  • Végétal (1995), 15 Tänzer. Ausstattung: Andy Goldsworthy
  • Colonne (1997)
  • Paroles du Feu (1997)
  • Les Quatre saisons (1998)
  • Chant de lune (1999)
  • La Danse du Temps (1999)
  • Trans(E) (2000)
  • Moi Monstre (2000)
  • Chair-Obscur, (2002), 6 Tänzer
  • Le Sentiment océanique (2002)
  • Non, Neue Variation von Chant de lune (2003)
  • W.H.A.(Warning Hazardous Area) (2004), 10 Tänzer. Kostüme: Jean-Paul Gaultier
  • Les Garagistes (2005)
  • O.C.C.C, (2006)

Aktuelle Projekte und kulturpolitischer Hintergrund

In jüngster Vergangenheit erhielt Chopinot nur noch wenige Einladungen von etablierten Tanz- und Theaterhäusern, was im Zusammenhang mit ihrer Kritik an der Institutionalisierung und Kommerzialisierung des zeitgenössischen Tanzes und ihren zunehmend radikaler werdenden Stücken zu sehen ist. Stattdessen zeigt sie ihre Arbeiten vermehrt in unabhängigen Kunsthäusern, wie zuletzt "LES GARAGISTES|GARAGE" im Dezember 2007 im Kunsthaus Tacheles in Berlin:

„Ihr Anspruch ist es, frei von den Zwängen eines großen Apparates in eine ungefilterte Kommunikation mit dem Publikum zu treten. […] Hier [im Kunsthaus Tacheles] kann sie, seit über 20 Jahren als Leiterin des renommierten Centre Chorégraphique National de La Rochelle amtierend, ihrer ungebrochenen Fähigkeit Raum geben, auch außerhalb etablierter Institutionen künstlerische Relevanz zu entfalten. Und das mit einem Stück, das eher minimalistisches Testlabor als choreografisches Objekt ist: GARAGE.“ [1]
„Für mich ist das Tacheles ein Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit…Ich war beeindruckt von seiner ungeschminkten Schönheit und Vitalität…Gerade weil ich aus der Institution komme, versuche ich jetzt, all das Überflüssige einzusparen, was um die Kunst herum aufgebaut wird. Ich komme nach Berlin, um herauszufinden, ob ich als Künstlerin die nötige Kraft habe, um auf Zwischeninstanzen wie Kuratoren oder Agenten zu verzichten.“ [2]
„Chopinot hat unter den für ihre Arbeit geeigneten Spielorten in Berlin das Tacheles gewählt. Zuallererst wegen seiner warmen und brutalen Schönheit. Und dann wegen seiner Entblößtheit, weil ihm außer einer großen Vergangenheit fast alles fehlt. Dort und genau so sieht ihr ideales GARAGE aus. Hat man seither etwas Besseres geschaffen? Die gesamte Kulturpolitik, die nach der großen Zeit des Tacheles in Deutschland, aber auch in Frankreich, in Europa, mit Mühe darauf geachtet hat, die Künstler und ihre Milieus mehr auf kategoriale und weniger kategorische Beschäftigungen zu lenken, hat sie etwas Besseres geschaffen als die Freiheit, die im Tacheles im Vordergrund stand? Sind wir dem künstlerischen Schaffen näher gekommen, oder haben wir uns von ihm entfernt? "Weitergehen", in der Kunst, hat nicht immer die Bedeutung, die man zuerst einmal annimmt.“ [3]

„LES GARAGISTES | GARAGE“ ist ein Solostück, das Chopinot selbst tanzt, begleitet von dem Gitarristen und Keyboarder Gianni-Grégory Fornet und der Lichtdesignerin Maryse Gautier:

„Sie schreitet, sie schwebt nicht. Die kleine, drahtige Régine Chopinot stampft wie ein Bauarbeiter. LES GARAGISTES – die Automechaniker – hat die Rebellin des zeitgenössischen Tanzes ihr neuestes Stück genannt. Das meint Werkstatt, Reparatur, Experiment. Die Bewegungen bleiben eine endlose Serie gewagter Möglichkeiten, ein ästhetisches Glücksspiel des Moments. […] Impulse geben die meist ruppigen Akkorde von Gitarrist Gianni-Grégory Fornet sowie Lichtquadrate von Maryse Gautier. Für Minuten fühlt Chopinot in das Klang- und Farbengemisch hinein. Dann – plötzlich explodiert die Bewegung. Dieses Geduldsspiel strengt die Zuschauer an. Es strapaziert. Die Spannung aber verliert es nie.“ [4]

Über Chopinot

„Für sie bedeutet Choreographie nicht mehr eine Serie von getanzten Objekten oder von aufgetauchten, auftauchenden, oder noch aufzutauchenden Tanzkonzepten. Es ist ein endloses Zurück-Hinaufgehen auf nie gebahnten Wegen zu nie durchquerten und immer nackteren, ruhigeren Ländern, hin zum Punkt, an dem Formen erscheinen, dem Punkt, wo sie auch und endlich wieder zurück verschwinden können. Etwas erschaffen heißt dann nicht mehr, etwas verwirklichen, nicht mehr, die Wirklichkeit durch die regelmäßige Herstellung von Kunstobjekten oder mehr oder minder aufregenden ästhetischen Konzepten zu erweitern, erschaffen heißt dann, die Wirklichkeit zur Schöpfung hin auflösen, sie im steten Wieder-Hinaufgehen eines jeden Objektes entledigen.“ [5]

Weblinks

Quellen

  1. Berliner Zeitung vom 30. November 2007
  2. Tanzraum Berlin 11-12 2007, S.3, Text: Frank Weigand
  3. www.tacheles.de
  4. Simone Thielmann – Kölner Stadtanzeiger, 10. September 2005
  5. www.tacheles.de

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Regine Chopinot — Régine Chopinot Régine Chopinot, née en 1952, à Fort de l Eau, en Algérie, est une danseuse et chorégraphe française de danse contemporaine. Sommaire 1 Biographie 2 Chronologie des créations de Régine Chopinot …   Wikipédia en Français

  • Régine Chopinot — Naissance  1952 Fort de l Eau en Algérie française Activité principale Chorégraphe, danseuse Style Danse contemporaine Lieux d activité La Rochelle Années d activité …   Wikipédia en Français

  • Regine Chopinot — Régine Chopinot (* 1952 in Fort de l’Eau, Algerien) ist eine französische Tänzerin und Choreographin. Die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes hat sie von Frankreich aus seit Ende der 70er Jahre wesentlich beeinflusst. Ihr facettenreiches Werk …   Deutsch Wikipedia

  • Chopinot — Régine Chopinot (* 1952 in Fort de l’Eau, Algerien) ist eine französische Tänzerin und Choreographin. Die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes hat sie von Frankreich aus seit Ende der 70er Jahre wesentlich beeinflusst. Ihr facettenreiches Werk …   Deutsch Wikipedia

  • Claude Hudelot — (né le 20 juillet 1942 à Chanceaux, en Côte d’Or) est un sinologue, un historien de la Chine contemporaine, un producteur de radio (France Culture), un réalisateur de documentaires pour la télévision et un commissaire d’exposition… …   Wikipédia en Français

  • Didier Deschamps (danseur) — Pour les articles homonymes, voir Deschamps. Didier Deschamps Naissance  1954 Lyon Activité principale Chorégraphe, danseur, pédagogue Style …   Wikipédia en Français

  • Jean-Paul Gaultier — Pour les articles homonymes, voir Gaultier. Jean Paul Gaultier …   Wikipédia en Français

  • Jean-paul gaultier — Pour les articles homonymes, voir Gaultier. Jean Paul Gaultier …   Wikipédia en Français

  • Jean Paul Gaultier — Pour les articles homonymes, voir Gaultier. Jean Paul Gaultier …   Wikipédia en Français

  • Philippe Decouflé — en 2006 Naissance 22 octobre 1961 …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”