- Kommerzialisierung
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Der Begriff Kommerzialisierung beschreibt die Ausbreitung des Marktes und einer ökonomischen Handlungslogik in andere gesellschaftliche Bereiche. Unter anderem spielt die Frage der Kommerzialisierung von immateriellen Gütern im Zivilrecht eine Rolle. Daneben wird in kulturkritischen Analysen von der Kommerzialisierung der Künste, der Wissenschaften oder des Sportes gesprochen.
Inhaltsverzeichnis
Zivilrecht
In der deutschen Rechtswissenschaft wird unter Kommerzialisierung diskutiert, inwieweit Schadensersatz in Geld für Schäden zu leisten ist, die ursprünglich als Nichtvermögensschäden verstanden worden sind. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in der heutigen Wirtschaftsgesellschaft nahezu alles für Geld zu haben ist.
Das Gesetz unterscheidet allerdings in § 253 Abs. 1 BGB ausdrücklich zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschäden und lässt für letztere eine Entschädigung in Geld nur dann zu, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (z.B. Schmerzensgeld).
Nach der Rechtsprechung zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht es darum, inwiefern Teile dieses Rechtes vermögenswerten Charakter haben können, so dass Verletzungen einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen.[1] Gegen die Kommerzialisierung wird eingewandt, dass dadurch das Persönlichkeitsrecht für Dritte verfügbar würde. Befürworter argumentieren, dass die Persönlichkeit Prominenter ohnehin einer wirtschaftlichen Verwertung zugänglich sei und dies daher auch den Trägern des Persönlichkeitsrechts - oder deren Rechtsnachfolgern - zugute kommen solle.
Diskutiert wurde die Kommerzialisierung auch im Hinblick auf „entgangene Urlaubsfreuden“ (jetzt § 651f Abs. 2 BGB: „Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.“). Andere stützen auch die zwischenzeitlich gewohnheitsrechtlich anerkannte richterliche Rechtsfortbildung auf den Kommerzialisierungsgedanken, nach der bereits die Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug benutzen zu können, Geldeswert besitzt (sog. Nutzungsausfallentschädigung).
Öffentliches Recht
Zur Vermeidung von Informationsmonopolen ist im Bereich der Rundfunkfreiheit eine durchgängige Kommerzialisierung von Informationen von allgemeiner Bedeutung unter Ausschluss von Dritten verfassungsrechtlich unzulässig.[2]
Kultursphäre
In den verschiedenen Sparten der Kultur - z.B. Museen, Theater, Musikfestspiele -, die in der Regel von staatlicher Seite finanziert werden, suchen die verantwortlichen Leiter nach privaten Sponsoren, die die knapper gewordenen öffentlichen Mittel kompensieren oder aber ambitionierte Museums- und Festspiel-Projekte ermöglichen sollen. Die Sponsoren nutzen dies, um mit einem im Verhältnis zur Basisfinanzierung relativ geringen Betrag einen Imagetransfer herbeizuführen, das heißt: das Licht, das auf das kulturelle Event fällt, soll auch ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit in einem besseren Licht erscheinen lassen.
Siehe auch
Literatur
- Jürgen Heinrich: Medienökonomie, Bd. 2: Hörfunk und Fernsehen, Westdeutscher Verlag 2002
- Jochen Taupitz (Hg.): Kommerzialisierung des menschlichen Körpers. Veröffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, Bd. 28, 2007, X, ISBN 978-3-540-69894-4
Weblinks
- Volker Lilientahl zur Kommerzialisierung der TV-Sender ARD und ZDF, Bundeszentrale für politische Bildung.
- Dirk Schindelbeck: Mittendrin statt nur dabei? Zur Entwicklungsdynamik von Fußball, Medien und Kommerz. In Aus Politik und Zeitgeschichte (B26/2004), Bundeszentrale für politische Bildung.
- Kommerz in der Welt des Sports
Einzelnachweise
- ↑ Reinhard Ellger: Bereicherung durch Eingriff: das Konzept des Zuweisungsgehalts im Spannungsfeld von Ausschliesslichkeitsrecht und Wettbewerbsfreiheit, Mohr Siebeck, 2002, ISBN 3161475755, S. 782.
- ↑ Andreas Steinert: Medienrecht, Telekommunikationsrecht und Kartellrecht- die Offenhaltung der Medienordnung, LIT Verlag Münster, 2003, ISBN 3825866254, S. 57
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