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Rötliche Saugbarbe Rötliche Saugbarbe (Garra rufa)
Systematik Otophysi Ordnung: Karpfenartige (Cypriniformes) Überfamilie: Cyprinoidei Familie: Karpfenfische (Cyprinidae) Gattung: Garra Art: Rötliche Saugbarbe Wissenschaftlicher Name Garra rufa Heckel, 1843
Die Rote Saugbarbe (Garra rufa), engl. doctor fish[1], ist ein bis zu 14 cm großer Fisch aus der Familie der Karpfenfische (Cyprinidae). Sie kommt in Jordan-, im Orontes- und in Euphrat-Tigris-System, sowie in einigen Küstenflüssen Nordsyriens und der südlichen Türkei vor. Bekannt (s.u.) wurde vor allem eine Population aus der Region Kangal in der Türkei, weshalb sie auch Kangalfische genannt werden. Charakteristisch ist eine rötliche Färbung der Schwanzflosse. Erstmals erwähnt wurde die Tierart 1843 vom Biologen Johann Jakob Heckel. Die nachfolgenden Informationen beziehen sich vor allem auf die Population aus Kangal. Eine Population der Roten Saugbarbe lebt in warmen Quellen mit einer Wassertemperatur bis zu 36 °C.[2]Inhaltsverzeichnis
Hautpflege durch Saugbarben
Saugbarben sind als Psoriasisfische[3] bekannt geworden, und sie leben in warmen, sehr nährstoffarmen Gewässern, in denen es einen evolutionären Vorteil darstellt, ohne Scheu zum Beispiel auf Menschen zuzuschwimmen und dort die aufgeweichten oberen Hautschichten abzuknabbern. Mitunter wird von Versuchspersonen dieser Vorgang auch als „Anstubsen“ der betroffenen Hautstellen beschrieben. Hierbei lösen sich Hautpartikel und werden von den Fischen gefressen.[4] Dies geschieht besonders leicht bei Verhornungsstörungen, wie zum Beispiel der Psoriasis. Es wird auch von Neurodermitis-, Akne- oder Ekzem-Patienten berichtet, denen die Fische auf diese Weise Linderung und Hilfe verschaffen.
Durch das milde mechanische Abtragen der hyperkeratotischen Plaques[5] bildet sich tatsächlich die Psoriasis sichtbar zurück, vor allem durch das Zusammenspiel mit der Sonne - denn die Behandlung erfolgt in der Regel in einem Becken unter freiem Himmel. Berichte, in denen von der Absonderung eines Dithranol-haltigen Sekretes durch die Fische berichtet wird, sind unzutreffend, da es sich bei Dithranol um eine synthetisch hergestellte Substanz handelt, die als Medikament in der Medizin gegen Psoriasis eingesetzt wird. Unwahrscheinlich sind auch Berichte, nach denen beim „Knabbern“ der Fische an der menschlichen Haut Speichel in die Haut injiziert wird. Die Kiefer der Garra rufa scheinen in anatomischer Hinsicht diesen Vorgang nicht zu ermöglichen.
Die Berichte über medizinische Erfolge der Rötlichen Saugbarben und über verjüngende oder hautreinigende Funktion des „Knabberns“ haben zu einem Boom des Handels mit den kleinen Karpfenfischen geführt. Man kann sie inzwischen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kaufen oder auch mieten. Dort sind sie als Kangalfische oder Knabberfische bekannt. Andernfalls kann man in Thermen oder Bädern mit eigenem Bestand Kuren buchen. In der Türkei sollen Krankenkassen Zuzahlungen zu Behandlungen im Heimatgebiet der Fische gewähren.
Gesundheitliche Risiken
Die Anwendung der Rötlichen Saugbarbe am Menschen birgt infektionshygienische Risiken. Es besteht die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern von Mensch zu Mensch und die Gefahr der Infektion mit Erregern der Fische, falls die Fische bei mehreren Patienten genutzt werden. In den mitteleuropäischen Therapiezentren wird damit unterschiedlich umgegangen: Entweder werden die Fische bei mehreren Patienten eingesetzt und zwischen zwei Einsätzen einer Quarantäne unterzogen oder sie werden nach der Behandlung getötet, um jegliches Risiko der mikrobiologischen Übertragung von Krankheitserregern durch die Fische auf den Menschen auszuschließen.[6]
Rechtliche Bewertung
Aufgrund der internationalen Popularität steht der Export der Rötlichen Saugbarbe (Kangalfisch; Doktorfisch) in der Türkei inzwischen unter Strafe.
Garra rufa ist nach Deutschem Tierschutzgesetz uneingeschränkt geschützt. Eine gewerbsmäßige Haltung zu kosmetischen und Wellness-Zwecken ist nach Auffassung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen nicht erlaubnisfähig, weil durch die Haltung den Fischen unvermeidbare Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden, die mit einem vernünftigen Grund nicht in Einklang zu bringen sind. Rechtlich sind Kangalfische beim Einsatz am Menschen, ähnlich den medizinischen Blutegeln oder Fliegenmaden zur Behandlung von Wunden, als Arzneimittel zu sehen. Werden sie zur Linderung oder Heilung von Krankheiten eingesetzt, ist eine Heilpraktikererlaubnis erforderlich.[6]
Literatur
- S. Durna, F. Bardakci, N. Degerli: Genetic diversity of Garra rufa Heckel, 1843 (Teleostei: Cyprinidae) in Anatolia. In: Biochemical Systematics and Ecology. Volume 38, Issue 1, Elsevier 2010, ISSN 0305-1978, S. 83-92.
- Verband der Ärzte im ÖGD in Mecklenburg-Vorpommern, Arbeitsgruppe Hygiene: Anwendung von Kangal-Fischen und Überwachung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in M-V, Informations- und Arbeitsmaterial für den ÖGD in Mecklenburg-Vorpommern, 23. Februar 2006.
Weblinks
Commons: Garra rufa – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ Rötliche Saugbarbe/Garra rufa. Auf: Wild Animals.de
- ↑ Franz Lenze: Arbeitstier: Die rötliche Saugbarbe. In: Die Zeit. Nr. 46, 10. November 2005.
- ↑ Web Resources for Garra rufa . Auf: Mongabay.com
- ↑ Doktorfische Hautpflege durch Saugbarben. Auf: focus.de
- ↑ Topographische Dermatologie: Hände und Füße. Auf: Psoriasis-Netz.de
- ↑ a b Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW): Tierschutz: Verwendung von Kangalfischen (Rote Saugbarbe, Garra rufa) zu kosmetischen Zwecken nicht erlaubnisfähig!, Pressemitteilung, 29. September 2011.
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