S-Bahn Karlsruhe

S-Bahn Karlsruhe
Albtalbahnhof, davor die Systemgrenze zwischen BOStrab (vorn) und EBO (hinten); rechts hinten die Rampe zur DB-Strecke Richtung Rastatt, links hinten die AVG-Strecke nach Ettlingen

Die Stadtbahn Karlsruhe ist ein Zweisystem-Stadtbahnsystem in Karlsruhe und Umgebung. Das Verkehrssystem kombiniert innerstädtische Straßenbahnstrecken mit Eisenbahnstrecken im Umland, erschließt damit die gesamte Region Mittlerer Oberrhein und stellt Verbindungen in Nachbarregionen her. Die Karlsruher Stadtbahn kombiniert damit die Idee einer leistungsfähigen innerstädtischen Stadtbahn mit einer S-Bahn-artigen Erschließung der Region und überwindet die Systemgrenze zwischen Straßenbahn/Stadtbahn einerseits und Eisenbahn andererseits. Als Logo wird ausschließlich das grün-weiße S-Bahn-Signet verwendet.

Die Idee, Straßen- und Eisenbahnstrecken miteinander zu verknüpfen, um einen attraktiven Stadt-Umland-Verkehr anbieten zu können, wurde in Karlsruhe entwickelt und schrittweise in den 1980er und 1990er Jahren umgesetzt. Diese als Karlsruher Modell, Stadt-Umland-Bahn, Regionalstadtbahn oder Tram-Train bezeichnete Idee wurde inzwischen auch in anderen europäischen Städten umgesetzt.

Der Betrieb der Karlsruher Stadtbahn erfolgt in Kooperation zwischen der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK) sowie der Deutschen Bahn (DB), wobei die beiden städtischen Unternehmen VBK und AVG die Hauptverantwortung tragen, während die DB lediglich für den Abschnitt von Pforzheim bzw. Bretten nach Bietigheim-Bissingen verantwortlich zeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Streckennetz

Das Netz der Stadtbahn Karlsruhe umfasst zur Zeit zehn Linien, die in vier verschiedenen Formen betrieben werden:

  • als reine Straßenbahnlinien nach der Betriebsordnung für Straßenbahnen, allerdings in moderner Form mit einem großen Anteil eigenen Gleiskörpers und Ampelvorrangschaltung. Diese Strecken sind mit Gleichstrom 750 V elektrifiziert: Linie S2
  • als Mischform mit Straßenbahnteilstrecken im Stadtbereich von Karlsruhe und mit Nebenbahnstrecken der AVG, die mit 750 V Gleichstrom elektrifiziert sind: Linien S1, S11
  • im reinen Eisenbahnbetrieb auf DB- und AVG-Gleisen, die mit Wechselstrom elektrifiziert sind: S31, S32, S9


Linie Strecke Betreiber
S 1 Hochstetten – Eggenstein-Leopoldshafen – Neureut – Karlsruhe Marktplatz – Karlsruhe Bahnhofsvorplatz – Rüppurr – Ettlingen – Busenbach – Bad Herrenalb („Hardtbahn“ bzw. „Albtalbahn“) AVG
S 11 Hochstetten – Eggenstein-Leopoldshafen – Neureut – Karlsruhe Marktplatz – Karlsruhe Bahnhofsvorplatz – Rüppurr – Ettlingen – Busenbach – Langensteinbach – Ittersbach („Hardtbahn“ bzw. „Albtalbahn“) AVG
S 2 Rheinstetten – Rheinstrandsiedlung – Karlsruhe Marktplatz – Hagsfeld – Blankenloch – Stutensee-Spöck („Lokalbahn“) VBK/AVG
S 31 (Eutingen im Gäu –) Freudenstadt – Baiersbronn – ForbachRastatt – Muggensturm – Karlsruhe Hauptbahnhof – KA-Durlach Bf – Bruchsal – Odenheim („Murgtalbahn“ und „Katzbachbahn“) AVG
S 32 AchernBaden-BadenRastatt – Muggensturm – Karlsruhe Hauptbahnhof – KA-Durlach Bf – Bruchsal – Menzingen (Baden) („Kraichtalbahn“) AVG
S 4 AchernBaden-BadenRastattDurmersheim – Karlsruhe Bahnhofsvorplatz – Karlsruhe Marktplatz – KA-Durlach Bf – BrettenEppingen – Heilbronn – Öhringen („Kraichgaubahn“) AVG
S 41 (Herrenberg –) Eutingen im GäuFreudenstadtBaiersbronnForbach (Schwarzw.)RastattDurmersheim – Karlsruhe Bahnhofsvorplatz – Karlsruhe Marktplatz – Karlsruhe Europaplatz (weiter zum Albtalbhf.) („Gäubahn“ und „Murgtalbahn“) AVG / DB
S 5 Wörth – Knielingen – Karlsruhe Marktplatz – KA-Durlach Bf. – PfinztalPforzheimMühlackerVaihingen an der EnzBietigheim-Bissingen DB/AVG
S 6 PforzheimNeuenbürgBad Wildbad („Enztalbahn“) AVG
S 9 BruchsalBrettenMühlacker AVG

Die zwischen Germersheim, Speyer, Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg und Bruchsal bzw. Karlsruhe verkehrende S-Bahn-Linie S3 gehört hingegen nicht zum Karlsruher Stadtbahnnetz, sondern zur S-Bahn RheinNeckar. Sie wird von der DB Regio mit Triebwagen der Baureihe 425 betrieben. Ferner betreiben die Verkehrsbetriebe Karlsruhe innerhalb Karlsruhes weitere 7 Straßenbahnlinien.

Geschichte

Ernsthafte Bemühungen seitens der Stadt Karlsruhe zur Schaffung eines Netzes von Klein- und Überlandstraßenbahnen zur Erschließung des Umlandes nach Vorbild der Mannheimer OEG lassen sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen. Sie blieben allerdings bis Mitte des Jahrhunderts aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse ohne dauerhaften Erfolg.

Übernahme und Erweiterung der Albtalbahn

Erst mit der Übernahme der Albtalbahn durch die Stadt Karlsruhe, Gründung der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft und Integration der Albtalbahn als Überlandstrecke in das Karlsruher Straßenbahnsystem zwischen 1957 und 1966 konnte der Grundstein für das spätere Stadtbahnnetz gelegt werden. Die Albtalbahn wurde hierzu umgespurt und mit dem Stromsystem der Straßenbahn elektrifiziert, so dass modifizierte Straßenbahnfahrzeuge fortan die direkte Verbindung zwischen dem südlichen Umland und der Karlsruher Innenstadt herstellen konnten.

Durch den Erfolg der Albtalbahn bestärkt, betrieb die Stadt Karlsruhe seit den 1960er Jahren Planungen, auch das nördliche Umland durch eine moderne Straßenbahn/Stadtbahn anzubinden. Hierzu nahm sie Verhandlungen mit der Deutschen Bundesbahn über die Mitbenutzung der nur noch im lokalen Güterverkehr genutzten Eisenbahnstrecke Karlsruhe–NeureutEggensteinLeopoldshafen auf, die Ende der 1970er Jahre zum Erfolg führten. Nach Bau einer Verbindungsstrecke zwischen dem Straßenbahnnetz und der genannten Eisenbahnstrecke konnte 1979 der Straßenbahnbetrieb nach Neureut aufgenommen werden, wobei sich auf 2 km Länge die Straßenbahnen die Gleise mit den wenigen verbliebenen Güterzügen teilten. 1986 und 1989 konnte die Stadtbahn weiter nach Norden bis Leopoldshafen und Hochstetten sowie zum Forschungszentrum Karlsruhe verlängert werden, wiederum unter Mitbenutzung der vorhandenen Eisenbahngleise (siehe Hardtbahn). Da der verbliebene Güterverkehr mit Diesellokomotiven durchgeführt wurde, verursachte die Elektrifizierung der Strecke mit dem Stromsystem der Straßenbahn keine technischen Schwierigkeiten.

Linie B: Die erste Zweisystem-Stadtbahn der Welt

Neben der Stadtbahnlinie Hochstetten–Karlsruhe–Albtal (früher Linie A, seit 1994 Linien S1/S11) entstand zwischen 1989 und 2006 etappenweise eine weitere Stadtbahnlinie StutenseeKarlsruheRheinstetten (Linie S2) durch den Neubau von Straßenbahnstrecken in Verlängerung bestehender innerstädtischer Straßenbahnlinien. Diese Linie verbindet die nordöstlichen mit den südwestlichen Vororten. Als bauliche Besonderheit weist diese Linie in den Ortskernen von Blankenloch, Forchheim und Mörsch eingleisige Streckenführungen durch die Hauptstraßen der Ortschaften auf. Diese Streckenführung wurde der besseren Erschließungswirkung halber einer Führung am Ortsrand oder im Tunnel vorgezogen.

Während sich die Erschließung der nördlichen und südlichen Nachbargemeinden durch Nutzung der Albtal- und Hardtbahn sowie durch den Neubau von Straßenbahnstrecken realisieren ließ, bestand eine solche Möglichkeit für die östlichen Vororte nicht. Daher wurde eine Mitbenutzung der bestehenden DB-Strecken erwogen, die jedoch – zumindest in Teilabschnitten – bereits mit dem Stromsystem der DB elektrifiziert waren. Nach Entwicklung eines Stadtbahnwagens, der sowohl mit dem Stromsystem der Straßenbahn als auch dem der Eisenbahn betrieben werden kann und der sowohl den Vorschriften der BOStrab als auch der EBO genügte, sowie nach langwierigen Verhandlungen mit der Bundesbahn konnte eine Mitbenutzung der Eisenbahnstrecke Karlsruhe–Bretten durch die Karlsruher Stadtbahn vereinbart werden, lange bevor mit der Bahnreform der freie Zugang zur Eisenbahninfrastruktur gesetzlich verankert wurde.

Im Jahr 1992 konnte schließlich der Stadtbahnbetrieb zwischen Karlsruhe und Bretten-Gölshausen auf der Kraichgaubahn aufgenommen werden (damals Linie B, heute S4). Dazu wurde das Straßenbahnnetz und das Eisenbahnnetz durch den Bau einer Verbindungsstrecke zwischen der Durlacher Allee und dem Bahnhof Grötzingen verknüpft. Dieses Verbindungsstück enthält auch die Anlagen zum Wechsel zwischen den beiden Stromsystemen.

Erweiterung des Liniennetzes

Stadtbahnzug der Linie S41 auf der Murgtalbahn

Der unerwartet große Erfolg der neuen Stadtbahnlinie Karlsruhe–Bretten (die Fahrgastzahlen verfünffachten sich innerhalb weniger Wochen) führte zu einem beschleunigten Ausbau des Stadtbahnsystems in den 1990er Jahren. Durch Modernisierung und Einbindung weiterer Eisenbahnstrecken entstanden u. a. folgende neue bzw. Erweiterungsstrecken:

  • 1994 nach Baden-Baden über Durmersheim und Rastatt im Vorlaufbetrieb über DB-Gleise, nach Bruchsal über Weingarten sowie die Weiterführung als Tangentialverbindung Bretten–Bruchsal
  • 1996 von Bruchsal nach Menzingen sowie aus der Karlsruher Innenstadt nach Baden-Baden über Rastatt
  • 1997 nach Pforzheim über Pfinztal, von Bretten nach Eppingen und nach Wörth
  • 1998 von Bruchsal nach Odenheim
  • 1999 von Bretten nach Mühlacker und von Pforzheim nach Bietigheim-Bissingen sowie von Eppingen nach Heilbronn Hauptbahnhof
  • 2001 von Heilbronn Hauptbahnhof ins Stadtzentrum Heilbronns (Neubau)
  • 2002 von Rastatt nach Forbach auf der Murgtalbahn sowie von Pforzheim nach Bad Wildbad
  • 2003 von Forbach nach Freudenstadt auf der Murgtalbahn und die Stadtstrecke in Bad Wildbad (Neubau)
  • 2004 von Baden-Baden nach Achern
  • 2005 von Heilbronn nach Öhringen
  • 2006 von Blankenloch nach Spöck und von Freudenstadt Hbf nach Eutingen im Gäu

Inzwischen ist das Netz der Karlsruher Stadtbahn über 400 km lang. Auf ihm werden mehr als 120 Stadtbahnwagen eingesetzt. Die längste Linie (S4) führt von Achern nach Öhringen und benötigt für diese Strecke drei Stunden Fahrzeit.

Fahrzeugeinsatz

Zweisystemwagen 898 der AVG vom Typ GT8-100D/2S-M

Auf dem Karlsruher Stadtbahnnetz kommen seit 1983 Stadtbahnwagen des Karlsruher Bautyps zum Einsatz (z.B. GT6-80c). Der Fahrzeugpark umfasst 60 Einrichtungsfahrzeuge, die nur für den Gleichstrombetrieb ausgelegt sind und auf den Linien S1, S11 und S2 verkehren. Dieser Fahrzeugtyp wurde vom Stadtbahnwagen B abgeleitet. 40 Fahrzeuge sind als 38 m lange achtachsige Wagen ausgeführt, während die restlichen 20 sechsachsigen Wagen nur 28 m lang sind.

Für den Mischbetrieb unter Gleich- und Wechselstromoberleitung wurde aus den Gleichstromfahrzeugen ein achtachsiger Zweisystemwagen der Bauart GT8-100C/2S weiterentwickelt, der in 36 Exemplaren zwischen 1991 und 1995 geliefert wurde. Als technische Weiterentwicklung entstand 1997 die Nachfolgebauart GT8-100D/2S-M, welche bis 2005 in 85 Exemplaren ausgeliefert wurde und die Fahrzeugnummern 801 bis 886 trugen.

Ausbauplanungen

(Planungen zur Erweiterung des Stadtbahnnetzes im Raum Heilbronn werden unter Stadtbahn Heilbronn beschrieben.)

Durch den umfangreichen Ausbau des Streckennetzes in den 1990er Jahren konnte inzwischen das gesamte Karlsruher Umland erschlossen werden. Einige Planungen, z. B. die innerstädtische Erschließung der Städte Bruchsal, Rastatt, Baden-Baden und Landau (Pfalz) scheiterten allerdings am politischen Widerstand der jeweiligen Kommunalpolitiker.

Auch die linksrheinischen Gebiete konnten bisher nur unzureichend erschlossen werden. Die geringe Bevölkerungsdichte, die stärkere Ausrichtung der Verkehrsströme in Richtung Mannheim/Ludwigshafen sowie der fehlende elektrische Fahrdraht über den Eisenbahnstrecken der Südpfalz verhinderten bisher einen weiteren Ausbau des Stadtbahnnetzes.

Wörth–Germersheim

Ab 2010 soll die Karlsruher Stadtbahn auf der Eisenbahnstrecke Wörth–Germersheim fahren. Geplant ist zunächst ein Stundentakt zwischen Karlsruhe und Germersheim mit Eilzug-Verstärkerfahrten durch Verlängerung einiger Stadtbahnen der S5 von Knielingen nach Germersheim, ab 2015 eine durchgehend halbstündliche Bedienung. In Wörth entstehen gute Umsteigeverbindungen zum Regionalexpress von und nach Neustadt an der Weinstraße.

Hierfür sollen die Strecke auf 27 km Länge elektrifiziert und die bestehenden Haltepunkte in Bellheim, Jockgrim, Rheinzabern, Rülzheim und Sondernheim auf Stadtbahn-Standard umgebaut werden. Neue Haltepunkte sind in Wörth-Nord, Rheinzabern-Süd und -Mitte, Rülzheim-Süd, Bellheim-Nord sowie Germersheim-Süd und -Ost geplant. Bei geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 37,4 Mio. Euro ergab eine Untersuchung eine Nutzen-Kosten-Relation von 1,4.

Anbindung Baden-Airpark

Im Oktober 2008 zeichnete sich ein Wettrennen zwischen Baden-Baden und Rastatt um den Bau einer Verbindungsstrecke zum Baden-Airpark ab[1]. Rastatt setzt sich hierbei neuerdings für eine innerstädtische Durchführung ein. Baden-Baden wünscht sich eine Stichstrecke zum Hauptbahnhof. Karlsruhe sowie die Betreiber des Baden-Airparks befürworten eine Trassenführung über die Wintersdorfer Strecke.

Spöck–Karlsdorf-Neuthard–Bruchsal sowie Bruchsal–Hambrücken–Waghäusel/Philippsburg

Auch eine Verlängerung der S2 über Spöck hinaus bis in die Bruchsaler Innenstadt und von dort weiter in Richtung Waghäusel bzw. Philippsburg wird nunmehr konkret verfolgt, die Trassenführung vor allem in der Bruchsaler Innenstadt ist jedoch noch umstritten.

Siehe auch

Weblinks


Einzelnachweise

  1. http://www.ka-news.de/nachrichten/karlsruhe/Karlsruhe;art86,101220 „Spekulationen um Stadtbahn“ auf ka-news.de vom 29.09.2008

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