- SIEF
-
Die Societé Internationale d’Ethnologie et de Folklore (International Society for Ethnology and Folklore, Internationale Gesellschaft für Ethnologie und Folklore), kurz SIEF, ist eine wissenschaftliche Gesellschaft, die 1964 gegründet wurde. Wesentliches Ziel der SIEF ist die ausgeprägte Vernetzung sowie die intensive Förderung der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus den Bereichen Europäische Ethnologie, Volkskunde, Folklore Studies, Kulturanthropologie und den angrenzenden Feldern der Sozial- und Ethnowissenschaften.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Von CIAP zu SIEF
Die SIEF gilt als Nachfolgeorganisation der Commission Internationale des Arts et Traditions Populaires (CIAP).
Die CIAP etablierte sich nach dem unter der Schirmherrschaft des Völkerbundes abgehaltenen Volkskunstkongress in Prag 1929. Die Mitgliedschaft bezog sich zu dieser Zeit auf nationale Kommissionen. Auch wenn die CIAP auf französische Initiative zurückgeht, spielten in den ersten Jahren deutsche, italienische, belgische und niederländische Forscher eine entscheidende Rolle. In der politisch gespannten Lage der Zwischenkriegszeit und unter dem Einfluss des Völkerbundes gestaltete sich die Arbeit der CIAP sehr schwierig. Der Nationalsozialismus und schließlich der 2. Weltkrieg brachten die kooperative Arbeit der CIAP schließlich zum Erliegen. Nach 1945 wurde die CIAP wieder ins Leben gerufen und 1947 schließlich wieder formell organisiert. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand die Rolle, die die Ethnologie und Folklore im Wiederaufbau Europas spielen könnten. Auch wenn diese Überlegungen ohne nennenswerte Erfolge blieben, war die wissenschaftliche Aktivität der CIAP in dieser Zeit nicht zu bestreiten. Wichtigste Neuerung war die Form der Mitgliedschaft, die sich nun nicht mehr auf nationale Kommissionen bezog, sondern auf einzelne Wissenschaftler.
Beim Kongress in Athen im Jahre 1964 fand ein lange schwelender Streit innerhalb der CIAP seinen Höhepunkt: Der Streit entbrannte über unterschiedliche Paradigmen der CIAP und drehte sich hauptsächlich um die Beziehung von Folklore und Ethnologie (verstanden als die Analyse materieller Kultur und gesellschaftlichem Leben), der Beziehung zur Anthropologie und der Abgrenzung des Feldes (Europa vs. die ganze Welt). Es zeichneten sich unterschiedliche Lager ab: diejenigen Wissenschaftler, die eine einheitliche Disziplin forderten (Europäische Ethnologie) gegenüber denjenigen, die Folkore als eigenständige Disziplin beibehalten wollten; diejenigen, die die Ethnologie bzw. die Anthropologie als Mutterdisziplin erachteten gegenüber denjenigen, die die Folklore als klar abgegrenztes Fach verstanden wissen wollten; sowie diejenigen, die Europa als klar definiertes Feld ihres Faches sahen gegenüber denjenigen, die die gesamte Welt als dieses Feld verstanden. Die „Folkoristen“ gewannen diesen Streit schließlich und nannten die Organisation in „Societé Internationale d’Ethnologie et de Folklore“ um – einem Namen, der der Dualität des Faches, zwischen Ethnologie und Folkore, Nachdruck verleiht.
Während der Teilung Europas kam der SIEF eine wesentliche Rolle zu, da sie auch den Kontakt zu osteuropäischen Wissenschaftlern aufrechterhielt. Dementsprechend bemüht sich die Gesellschaft heute, diese Kontakte zu intensivieren.
Bisherige Kongresse
- 9. Kongress: Derry / Londonderry (UK), 16. - 20. Juni 2008: “Transcending 'European Heritages': Liberating the Ethnological Imagination”
- 8. Kongress: Marseille, 26. - 30. April 2004: “Among Others. Conflict and Encounters in Europe and the Mediterranean”
- 7. Kongress: Budapest, 23. - 28. April 2001: “Times, Places, Passages”
- 6. Kongress: Amsterdam, 20. - 25. April 1998: “Roots and Rituals. Managing Ethnicity”
- 5. Kongress: Wien, 12. - 16. September 1994: “Ethnisierung von Kultur(en)”
- 4. Kongress: Bergen, 19. - 23. Juni 1990: “Tradition and Modernisation”
- 3. Kongress: Zürich, 8. - 12. April 1987: “The Life cycle”
- 2. Kongress: Suzdal (UDSSR), 30. September - 6. Oktober 1982: offenes Thema
- 1. Kongress: Paris, 24. - 28. August 1971: “Ethnologie européenne“
Der nächste SIEF-Kongress findet 2011 in Lissabon statt.
Organisation
Die SIEF hat ihren Sitz am Meertens Institut in Amsterdam. Bei der letzten Generalversammlung am 18. Juni 2008 in Derry wurde der Vorstand neu gewählt:
- Präsident: Ullrich Kockel (Großbritannien)
- 1. Vize-Präsident: Peter Jan Margry (Niederlande)
- 2. Vize-Präsident: Birgitta Svensson (Schweden)
weitere Mitglieder des Vorstands:
- Arne Bugge Amundsen (Norwegen)
- Marjetka Golež Kaučič (Slowenien)
- Valdimar Hafstein (Island)
- Kristin Kuutma (Estland)
- Dorothy Noyes (USA)
- Clara Saraiva (Portugal)
- Cristina Sánchez-Carretero (Spanien)
- Bernhard Tschofen (Deutschland)
- Hetty Garcia (Spanien) (Assistant Secretariat).
Arbeitsgruppen
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich im großen Rahmen der SIEF zahlreiche Arbeitsgruppen / Kommissionen herausgebildet, die wiederum ihre eigenen Kongresse und Workshops abhalten und zum Teil ihre eigenen Ergebnisse publizieren. Derzeit sind in der SIEF 10 Arbeitsgruppen aktiv.
- Internationale Kommission für Volksfrömmigkeit (Ethnology of Religion / Folk Religion, Vorsitz: Ulrika Wolf-Knuts)
- Internationale Kommission für Bildlore (Vorsitz: Nils-Arvid Bringéus)
- International Ethnocartographie Network (Ethnokartographische Arbeitsgruppe, Vorsitz: Gabor Barna)
- Internationale Volkskundliche Bibliographie (IVB) (International Folklore Bibliography, Vorsitz Karin Maria Rooleid)
- Internationale Kommission für Volksdichtung (International Ballad Commission, Vorsitz: Prof. Dr. Wienker-Piepho)
- Internationale Kommission für Nahrungsethnologie (International Commission für ethnological food Research, Vorsitz: Patricia Lysaght)
- Internationale Kommission für Ritualforschung (The Ritual Year, Vorsitz: Emily Lyle)
- Cultural Heritage and Property (Kulturelles Erbe, Vorsitz: Kristin Kuutma)
- Historical Approaches in Cultural Analysis (Vorsitz: Herman Roodenburg)
- SIEF Arbeitsgruppe "Place Wisdom"
Weblinks
Kategorien:- Ethnologische Gesellschaft
- Internationale Organisation
- Erzählforschung
Wikimedia Foundation.