- Sanftmut
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Sanftmut ist ein menschliches Temperament. Sie galt als Tugend der Herrscher: So trug Friedrich II. von Sachsen (1412–1464) den Beinamen „der Sanftmütige“, ebenso der Pfalzgraf Ludwig IV. (1424-1449). Der Bischof und christliche Mystiker Franz von Sales (1567-1622) wird als Heiliger der Sanftmut angesehen, der seine Neigung zu Zornausbrüchen zu zügeln lernte.
Zum Adjektiv sanftmütig sind Gegenbegriffe zornmütig (veraltet) und jähzornig.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Der Begriff ist Kompositum des Adjektivs sanft, in unterschiedlichen Lautungen und Schreibungen schon mittelhochdeutsch mit der Bedeutung angenehm, mild[1], als Präfix mit -mut. Letzteres geht auf das mittelhochdeutsche muot zurück[2], welches in der Zusammenstellung der beiden Begriffe die Bedeutung Gemüt, Temperament annimmt. Sanftmut bezeichnet also eine milde, nachsichtige menschliche Wesensart.[3]
Philosophische Zusammenhänge
In philosophischen und religiösen Erörterungen wird Sanftmut als Tugend behandelt.
Der Philosoph Otto Friedrich Bollnow hat Sanftmut folgendermaßen umschrieben:
- "Die Sanftmut steht im Gegensatz zur Gewaltsamkeit. ... Sanft ist er (der Mensch), wenn er sich nicht vom Zorn hinreißen läßt, ohne vermeidbare Härte im Affekt, weich und behutsam. Sanftmut bezeichnet dabei nicht nur eine Weise des Verhaltens, sondern mehr noch eine Beschaffenheit der Gesinnung. ... Die Sanftmut des Verhaltens verbindet sich sodann mit der Behutsamkeit im Umgang. Diese Behutsamkeit ist eine Art von Vorsicht, die keinen Schaden an den andern Menschen ... herankommen lassen will." (Bollnow, Die Tugend der Geduld)[4]
In der Antike gilt Sanftmut als typische Eigenschaft des Philosophen. So wird etwa Sokrates in Platons Phaidon (116c5) als sanftmütig bezeichnet. Bei Aristoteles (in der Nikomachischen Ethik, (IV 11) Die Sanftmut nebst deren Mangel und Übermaß) wird die Sanftmut (praotes) unter ethischen Aspekten diskutiert und als Mitte zwischen einer zu geringen (Unempfindlichkeit) und einer zu großen Erregbarkeit (Jähzorn) bestimmt.[5]
Sanftmut im Juden- und Christentum
Psalm 25,9 ELB des Tanach (und entsprechend dem Altes Testament) lautet: Er leitet die Sanftmütigen im Recht und lehrt die Sanftmütigen seinen Weg.
Im Christentum ist die Sanftmut im Matthäusevangelium ein Element der (Selbst-)Charakterisierung Jesu (z. B. 11,29 ELB und 21,5 ELB). In der Bergpredigt sagt Jesus: Glückselig die Sanftmütigen (im griech. Original μακάριοι οἱ πραεῖς makarioi hoi praeis), denn sie werden das Land erben. (Mt 5,5 ELB). Πραεῖς praeis ist der Plural des Adjektivs πραΰς pra'us ('sanftmütig'), was beinhaltet: mild, milde (tröstende) Worte, milde (heilende) Pflanzen, bei Tieren: zutraulich. In dem Brief des Paulus an die Galater (5,23 ELB) wird die Sanftmut als Teil der Frucht des Heiligen Geistes angeführt.
Darstellung in der Bildenden Kunst
Die Personifikation der Sanftmut findet sich in der Kunst vor allem seit dem 15. Jahrhundert. In der klassischen Ikonologie entspricht ihr ein Mädchen mit Lamm, etwa in Cesare Ripas Iconologia (1593).
Einzelnachweise
- ↑ DW, Bd.14, Sp.1775ff
- ↑ zur Etymologie von Mut vgl. genauer Mut (Tugend)#Etymologie und alte Verwendung
- ↑ DW, Bd.14, Sp.1787
- ↑ O. F. Bollnow, Die Tugend der Geduld, S. 299 f.
- ↑ Nikomachische Ethik, IV,11, Projekt Gutenberg
Literatur
- A. v. Harnack, Sanftmut, Huld und Demut in der alten Kirche. Festgabe für J. Kaftan, 1920, 113-129
- C. Horn/C. Rapp (Hgg.), Wörterbuch der antiken Philosophie, München 2002
- William Barclay, New Testament Words (Praus and Praotes)
Weblinks
- Thomas von Aquin über die Sanftmut in der Summa Theologiae (lat.), englische Übertragung
- Heinz-Jörg Graf: Sanftmut, Im Widerstreit zwischen Zorn und Gleichgültigkeit, Radio-Feature beim Deutschlandradio Berlin, gesendet 5. Juni 2004
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