Seetaktik

Seetaktik

Unter Seetaktik versteht man Taktiken, die im Kampf zur See angewendet werden. Seetaktik unterscheidet sich generell von Landtaktik, da auf See einige den Landkampf dominierende Elemente wegfallen, andere Faktoren dadurch ein umso größeres Gewicht erhalten.

Inhaltsverzeichnis

Unterschiede zwischen Land- und Seetaktik

  • Auf See gibt es kaum geographische Elemente, es gibt kein unterschiedliches Gelände (Feld, Wald, Sumpf, Berg usw.) auf denen sich Streitkräfte unterschiedlich schnell bewegen können. Nur in Küstennähe oder bei U-Booten kann die Fahrwassertiefe eine Rolle spielen und Schiffe sind nachts vor dem Hintergrund einer Küste schlechter zu sehen als gegen die offene See. Ansonsten bewegen sich alle Einheiten gleichgut durch das Kampfgebiet. Es gibt keine Deckung im Gelände, keine Hindernisse wie z. B. Flüsse die überquert werden müssen. Es gibt kein höheres Gelände, von dem man besonders gute Sicht und Feuerpositionen hat.
  • Es gibt keine klassischen Angreifer und Verteidiger, alle Seiten sind immer in Bewegung. Taktische Vor- und Nachteile, wie z. B. das Aufgeben der Deckung durch den sich bewegenden Angreifer entfallen.
  • Artilleristische Grundregeln hatten zur Zeit der mit Kanonen und Geschützen bewaffneten Schiffe auf See viel größeres Gewicht als auf Land. Die effektive Reichweite eines Schiffsgeschützes ist abhängig von seiner eigenen Feuerkraft und der maximalen Erhöhung des Geschützlaufes. Sie ist nicht abhängig von der Positionierung des Geschützes (Höhenvorteile durch Stationierung auf Anhöhen), noch gibt es Barrieren die tote Winkel erzeugen, wie z. B. die Rückseite eines Berges, die von einem Geschütz nicht beschossen werden kann. Bei Gefechten über größere Entfernungen muss dafür eingerechnet werden, dass sich das Ziel selbst bewegt. Die Geschütze müssen auf den Punkt gerichtet werden, an dem das Schiff zum Zeitpunkt des Eintreffens des Geschosses sein wird, nicht auf dem Punkt wo es gerade ist. Aufgrund der relativ geringen Größe eines Schiffes im Gegensatz zu den Flächenzielen an Land, muss das Feuer äußerst genau sein. Zusätzlich müssen die Lageveränderungen des eigenen Schiffes, wie z. B. Schwankung der Erhöhung durch Rollen des Schiffes in hoher See berücksichtigt werden. Die Panzerung eines Schiffes muss den Winkel der einfallenden Granaten berücksichtigen. Auf kurze Entfernung schossen Kriegsschiffe in einem flachen Bogen (Flachfeuer), die Granaten trafen das Schiff von der Seite, die dementsprechend gepanzert sein musste. Auf größere Entfernung hingegen wurden die Flugbahnen der Geschosse sehr steil und trafen das Schiffsdeck direkt von oben, dieses musste daher separat gepanzert werden. Seiten- und Deckpanzerung schützten jeweils nur gegen Granaten aus einer bestimmten Entfernung, die unterschiedliche Verwundbarkeit von Schiffen auf verschiedene Entfernungen (die so genannten Immunitätszonen) beeinflussten die Kampftaktik. Panzer der Armee haben hingegen fast nur Seitenpanzerung, gegen direkt von oben einfallende Geschosse (ein im Landkampf unwahrscheinlicher Fall) sind sie kaum geschützt.
  • Zur Zeit der Segelschiffe hatte das Wetter enormen Einfluss auf das Schlachtgeschehen. Eine Flotte mit dem Wind im Rücken konnte ganz anders manövrieren als eine Flotte, die gegen den Wind steuern musste. Das richtige Ausnutzen und vor allem das frühzeitige erahnen von Änderungen der Witterung anhand kleinster Zeichen waren enorm wichtig und nur durch langjährige Erfahrung zu erlernen. In der Marine waren deshalb junge Admiräle so gut wie nie zu finden, während viele Landsoldaten schon vor ihrem 30. Geburtstag den Rang eines Generals erreichten oder ähnlich hohe Positionen innehatten (z. B. Napoléon Bonaparte,Wellington) und große Armeen kommandierten. Die wenigen Ausnahmen, wie z. B. Juan de Austria bei der Seeschlacht von Lepanto waren meistens politischen Gründe geschuldet.

Seetaktiken

Überwasserkampftaktik

Dieses war die dominierende Taktik in der Seekriegsführung zwischen der Einführung von schwenkbaren Geschütztürmen (etwa 1870) bis zum 2. Weltkrieg. Dabei ging es um das Erreichen der optimalen artilleristischen Feuerposition im Kampf zwischen den Schlachtschiffen zwei Flotten.

Das Gegenmanöver zum Crossing the T, in der Skagerrakschlacht erstmalig erfolgreich angewandt.

  • (Träger-)Kampfgruppen/Tiefenstaffelung

Diese Taktik setzt einen Kampfverband aus einem Flaggschiff (normalerweise das größte, z. B. Flugzeugträger) und mehrere Begleitschiffe (Lenkwaffenzerstörer, ASW-Fregatten, U-Boote) voraus. Mit der Staffelung versucht man einen maximalen Schutz gegen U-Boote, Überwasserschiffe und Flugzeuge zu erreichen. Den inneren Kern bildet das Flaggschiff, gefolgt von den Versorgern. Drumherum gruppieren sich je nach Bewaffnung die anderen Schiffe. Ziel ist es potentielle Gefahren, wie etwa Flugkörperangriffe durch eine tiefe Verteidigung soweit abzuschwächen, dass die Selbstverteidigungseinrichtungen des Kernschiffs damit keine Probleme haben.

Geht man hier als Beispiel einmal von einem Trägerverband aus, könnte die Tiefenstaffelung gegen FK-Angriffe wie folgt aussehen: Im Kern das Flaggschiff und ein Lenkwaffenzerstörer, der die Nahbreichsluftabwehr des Trägers unterstützt.

In lockerer Formation umschließen weitere Zerstörer (z. B. Spruance- oder Kidd-Klasse) den Kern, und bilden einen Luftabwehrbereich mit ihren Luftnahverteidigungswaffen. Etwas weiter außerhalb befinden sich dann Schiffe mit höherer Luftabwehrreichweite (z. B. Arleigh-Burke-Klasse), die einen Großen Luftabwehrbereich bilden, der die meisten anderen Schiffe miteinschließt. Weiter draußen kommen dann noch Flugzeugpatroullien des Trägers und eine Hawkeye zur Luftraumüberwachung und zur Frühwarnung hinzu. Zwischen den einzelnen Schiffen sind ASW Fregatten verteilt um auf evtl. U-Boot Angriffe zu reagieren. Sollte nun ein FK-Angriff erfolgen, wird dieser von der Hawkeye erkannt, worauf die Luftpatroullie erste Abfangversuche unternehmen wird. Nach Eintritt der Fk in die Abwehrzone der Arleigh-Burke Zerstörer werden die Flugkörper mit dessen Flugabwehrraketen bekämpft.

Der übriggebliebene Rest der Flugkörper wird danach von den SAM's mit kürzerer Reichweite der anderen Zerstörer weiter dezimiert, bis er, sobald er in die Reichweite der Nahbereichsabwehr kommt vollständig zerstört wird.

Unterwasserkampftaktik

  • „Treiben“:

Eine hauptsächlich von SSNs ausgeführte Taktik um gegnerische Boote zu orten. Dabei "bremst" das U-Boot soweit ab, bis es nur noch Steuergeschwindigkeit fährt. In dieser Phase wird mit passiven Ortungsgeräten (Sonar) im Meer nach anderen Booten gelauscht. Findet man keinen Kontakt, beschleunigt das Boot und wechselt den Standort, an dem es erneut abbremst und lauscht.

Eine hauptsächlich von SSBNs der ehemaligen Sowjetmarine ausgeführtes Manöver, bei dem der Kapitän sein Boot in regel/unregelmäßigen Zeitabständen eine 360 Grad Wende fahren lässt, um seinen achtern liegenden, akustischen "toten Winkel" auf Verfolger zu überprüfen.

  • „Bastione“:

Um ihre SSBNs gegen Feindeinwirkung zu schützen, bildete die Sowjetmarine so genannte Bastione. Diese waren Bereiche in der Barentssee und im Nordpolarmeer, in denen die strategische U-Boote operierten. Diese Bereiche wurden sowohl durch sowjetische SSNs als auch durch andere Überwasser und Luftstreitkräfte gegen feindliche Kräfte abgeschirmt.

  • „Verstecken“:

Um einer Ortung/Verfolgung durch Überwassereinheiten zu entkommen, können sich U- Boote unter der sogenannten Thermokline verstecken. Diese Grenzschicht im Wasser bricht und reflektiert Schall, wodurch eine Ortung durch Sonar erschwert ist.


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