Seilchenspringen

Seilchenspringen
Seilspringen um 1800

Seilspringen ist eine Sportart, bei der ein Seil verwendet wird, durch das der Seilspringer kunstvoll oder möglichst schnell hindurchspringt. Einst als Kinderspiel bekannt, hat sich Seilspringen mittlerweile zu einer Wettkampfsportart entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte des Seilspringens ist nicht vollständig bekannt. Vermutlich wurde es im 17. Jahrhundert durch holländische Auswanderer nach Amerika exportiert. Dort überlebte es, wie in Europa, als Kinderspiel auf Schulhöfen und Straßen.

Eine Initiative der American Heart Association brachte dem Seilspringen später in den USA neuen Aufschwung.

Der deutsche Choreograph und Pädagoge Rainer Pawelke stellte 1980 innerhalb eines Sporttheaterprojektes das Seilspringen als Bühnenshow an der Universität Regensburg vor, an der er als Dozent in der Sportlehrerausbildung tätig war. Unter dem Namen "Traumfabrik – ein poetisches Sporttheater" wurde u.a. das Seilspringen als Gruppenchoreographie in mehreren Deutschlandtourneen und in Fernsehsendungen bekannt gemacht u.a. Bei Bio 1983. Den entscheidenden Impuls für die Verbreitung des Seilspringens in Schule und Verein gab Rainer Pawelke dadurch, dass ein von ihm entwickeltes Workshop-Programm seit 1983 in ununterbrochener Reihenfolge bis heute bei der Internationalen Sportkultur-Akademie der Traumfabrik für Lehrer, Übungsleiter und andere Multiplikatoren angeboten wird. Grundlage des Workshops und der Choreographie des Seilspringens war das Lehrbuch "Übungen mit dem Seil" (Bohumil Kos, das bereits im Jahre 1975 (2. Auflage) weitgehend alle heute bekannten Seisprung-Übungen und -Variationen darstellte. Rainer Pawelke veröffentlichte 1993 in Zusammenarbeit mit der AOK die erste bekannte offizielle Seilsprung-Broschüre. Unabhängig davon brachte Anfang der 1980er Jahre der deutsche Sportlehrer Wolfgang Westrich mit seinem Team, den "Rusty Jumpers", die bis heute noch bestehen, die Sportart im Rahmen eines Schüleraustausches nach Deutschland.

1994 brachte der Deutsche Turner-Bund (DTB) mit Unterstützung der Deutschen Herzstiftung erstmals eine Broschüre zum Thema Seilspringen heraus. Seitdem wird Seilspringen in vielen Turn- und Sportvereinen als Wettkampf- oder Freizeitsport angeboten. Außerdem bieten auch Fitnessstudios Seilsprungkurse an, und in vielen Kampfsportarten wie zum Beispiel Boxen zum Aufwärmen und als Ausdauertraining wird seilgesprungen.

Sprungformen

Die Sprungformen im Seilspringen lassen sich grob in die folgenden drei Kategorien einteilen.

Einzelspringen

Einzelspringen

Beim Einzelspringen (engl. single rope) hat jeder einzelne Springer ein einzelnes Speedseil, Gliederseil oder Kunststoffseil (mit langen und kurzen Griffen und verschiedenen Farben). Diese Seile sind alle unterschiedlich groß. Außer dem normalen, beidbeinigen Springen (easy jump) und dem Laufschritt sind Mehrfachdurchschläge und eine große Zahl verschiedener Tricksprünge möglich.

Rad

Beim Rad (wheel) bilden mehrere Springer eine Kette, indem sie je einen Griff ihres Gliederseils an den linken und rechten Nachbarn weitergeben. Im Springen lassen sich dann Tricks wie Drehungen oder Platzwechsel realisieren.

Doppelter Holländer

Beim Doppelten Holländer (double dutch) schlagen zwei gegenüberstehende Schläger zwei Seile in Gegenrichtung. In der Mitte können ein oder mehrere Springer verschiedene Tricks und Stunts ausführen. Diese Tricks werden in Level von 0 bis 4 eingeteilt.

Show

Mehrere Springer vollführen verschiedene Arten des Seilspringens zu Musik. Man übt dann Choreographien ein .

Seiltypen

Im Seilspringen gibt es hauptsächlich drei Seiltypen, die jeweils für bestimmte Sprungformen gedacht sind.

Schnellseil

Schnellseil

Der Seiltyp Schnellseil (speed rope) besteht im Gegensatz zu den traditionellen Hanfseilen aus Kunststoffvollmaterial. An beiden Enden ist das Kunststoffseil durch einen Hohlgriff geführt. Dadurch kann sich das Seil leichter drehen und man kann das Seil schneller und mit weniger Kraftaufwand kreisen lassen. Dieses Seil wird hauptsächlich für den Freistil und teilweise für die Schnelldisziplinen verwendet. Die erfahreneren Springer benutzen auch Drahtseile, mit denen man noch schneller springen kann, da das Seil leichter ist und seine Form behält.

Für sehr schnelle Sprünge, wie es der Wettkampf erfordert, werden oft Stahlseile benutzt. Auch gibt es schnellere Varianten dieses Stahlseils, die beispielsweise Griffe mit Kugellager haben.

Langgriffseil

Das Langgriffseil (long handle) hat längere Griffe, die das Springen von sehr schweren Sprüngen erleichtern.

Gliederseil

Gliederseil

Beim Gliederseil (wheel rope) sind Kunststoffröllchen auf einer Nylonschnur, ähnlich Perlen einer Perlenkette, aufgefädelt. Dadurch hat das Seil, im Vergleich zum Einzelspringen, eine stabilere Flugbahn und ist daher besonders gut für akrobatische Sprünge geeignet. Für Showauftritte ist das Gliederseil wegen des speziellen Effekts ebenfalls besonders geeignet.

Langseil/Schwungseil

Schwungseil

Der Begriff Schwungseil bezeichnet gewobene Seile, wie Bergsteigerseile, von etwa 1 cm Durchmesser. Meist werden sie paarweise mit einer Länge von drei bis fünf Metern für den Doppelschlag verwendet. Außerdem wird dieser Seiltyp als Langseil benutzt, bei dem zwei Schläger ein einzelnes Schwungseil schlagen.

Wettkämpfe

Im Seilspringen gibt es sowohl Einzel- als auch Mannschaftswettkämpfe. Die Einzelwettkämpfe bestehen sowohl international als auch in Deutschland aus drei Speed-Disziplinen und einem Freistil. Mannschaftswettkämpfe sind ein Achtkampf. Sie beinhalten jeweils vier Speed-Disziplinen und vier Freistil-Disziplinen, wobei die Sprungformen Einzelspringen und Doppelschlag zu gleichen Teilen vertreten sind.

Freistil

Als Freistil bezeichnet man eine Art Kür, die meist auf Musik gesprungen wird. Jeder Springer oder jede Mannschaft stellt dabei eine individuelle Folge von Sprüngen zusammen. Üblicherweise darf die Vorführung maximal eine Dauer von 1:15 Minuten haben. Ein Kampfgericht bewertet sowohl die Schwierigkeit der einzelnen Sprünge als auch die Kreativität der Zusammenstellung sowie die technische Ausführung. Dabei unterscheidet man im Level zwischen 0 und 4. Level 0 sind Sprünge, die nur im Fußbereich gesprungen werden(z.B. Hampelmann; dabei werden die Beine abwechselnd gegrätscht). Level 1 sind Sprünge, wobei sich die Armhaltung verändert (z.B. Überkreuz, kreuzen der Arme). Ein Sprung der Level 2 Bewertung ist z. B. der "Double Under Cross", dabei springt der Springer einmal hoch und schwingt das Seil zweimal unter sich hindurch. Beim zweiten Schwung kreuzt er die Arme wie beim Überkreuz. Die schwierigsten Sprünge entsprechen Level 3. Ein Beispiel dafür ist der "Triple Under Cross". Dieser funktioniert ebenso wie der "Double Under Cross", nur dass dieser dreimal unter dem Spriger hindurch geschlagen wird. Level 4 sind zum Beispiel der Quartruple Under (Vierfachdurchschlag), höhere Mehrfachdurchschläge (5, 6) und kompliziertere Triples.

Freistil gibt es sowohl im Einzelseilspringen als auch beim Doppelten Holländer.

Schnelldisziplinen

In Schnelldisziplinen geht es darum, in einer vorgegebenen Zeit eine möglichst große Zahl eines ebenfalls vorgegebenen Sprungs zu springen. Die Anzahl der Sprünge wird dabei von einem Kampfgericht gezählt.

Schnelldisziplinen gibt es ebenfalls im Einzelspringen als auch im Doppelschlag.

Organisation

In Deutschland gehört Seilspringen organisatorisch zum Turnen und damit zum Deutschen Turner-Bund (DTB). Dort wurde 2004 ein Technisches Komitee [1] für Seilspringen eingerichtet. Die Vorsitzende dieses Komitees ist Signe Richter, die Rope Skipping in Deutschland etablierte. Es ist unter anderem für die Durchführung von Deutschen Meisterschaften, die Erarbeitung der Wettkampfvorschriften sowie die Aus- und Fortbildung von Kampfrichtern und Trainern verantwortlich.

In der Schweiz ist der Satus Schweiz der offizielle Fachverband für Seilspringen.

In Österreich ist der Österreichische Fachverband für Turnen (ÖFT) zuständig.

Der europäische Verband für Seilspringen ist die European Rope Skipping Organisation (ERSO). Der Weltverband ist die International Rope Skipping Federation - Fédération internationale de saut à la corde (IRSF-FISAC).

Weblinks

  • Springanleitung Verschiedene Sprungtechniken als Fitnessübungen mit dem Springseil

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