Seins-Pantheismus

Seins-Pantheismus

Pantheismus (gr. πάν pán „alles“ und θεός theós „Gott“) bedeutet, die Gottheit bzw. „das Göttliche“ in allen Erscheinungen der Welt zu sehen (Allgottglaube). Somit vertritt der Pantheismus die Ansicht, dass das Universum gleichbedeutend mit Gott sei.

Der „Pantheismus“ ist nicht mit dem „Animismus“ zu verwechseln, der die Beseeltheit aller (oder bestimmter) Naturerscheinungen annimmt und vor allem in Naturreligionen vorkommt. Ferner hat er inhaltlich nichts mit dem Begriff „Pantheon“ zu tun (auch wenn beide Begriffe dieselben sprachlichen Wurzeln haben), welcher die Gesamtheit aller Götter in polytheistischen Religionen oder ein Kultgebäude zur Verehrung der Götter bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Wesen und Verbreitung

Anhänger des Pantheismus glauben an keinen persönlichen oder personifizierten Gott; sie sehen die ganze Welt vom Makro- bis zum Mikrokosmos als „göttlich“ an. Ein Vertreter des Pantheismus war Baruch Spinoza, der seine Sicht auf die Formel Substanz = Gott = Natur (Deus sive natura, „Gott oder die Natur“) reduzierte. Auch viele Erscheinungsformen des Atheismus sind eigentlich pantheistisch, da das gottlose Weltbild mit religiösen Gehalten versehen wird.

Der Pantheismus ist keine Religion, sondern eine Weltanschauung, da er keine Religionsstifter, Religionsgemeinschaften, heiligen Schriften, Institutionen, Rituale oder Dogmen kennt. Auch sind die religiösen Ver- und Gebote unvereinbar mit den Naturgesetzen, die der Pantheismus auf ein „Gott“ genanntes Höchstes Gesetz zurückzuführen sucht, so Platon im Begriff des „Demiurgen“ und Aristoteles in dem des „Unbewegten Bewegers“. Verschiedene Vertreter des Pantheismus haben durchaus unterschiedliche Hypothesen und Theorien entwickelt.

Vor allem im Hinduismus werden bestimmte Lehren als Ausprägungen des Pantheismus auf religiöser Ebene angesehen, beispielsweise der allumfassende Brahman aus allen unveränderlichen Ichs (Atman). Diese finden sich sowohl in jeder Materie als auch in allen Lebewesen. Die Mystiker selbst wehren sich meist gegen die Gleichsetzung von Mystik und Pantheismus, da eine philosophische Idee niemals die mystische Erfahrung ersetzen und umfassend erklären könne (vgl. Mystik, Philosophia perennis).

Manche Menschen sehen auch im Sufismus (islamische Mystik) Ausprägungen des Pantheismus auf religiöser Ebene. Pantheismus gilt aber in so gut wie allen Strömungen des Islams als Häresie und Abfall vom Islam.

Pantheistisches Gedankengut kann man auch bei Johann Wolfgang Goethe nachweisen (beispielsweise im Werther oder im Faust). In der Romantik und dem Biedermeier war der Pantheismus sehr verbreitet, vor allem unter Künstlern wie z. B. Caspar David Friedrich, Leopold Schefer, Hermann von Pückler-Muskau, Friedrich Theodor Vischer.

Kritik

Kritisch zum Pantheismus äußerte sich u. a. der Philosoph Arthur Schopenhauer (1788–1860). Er nannte den Pantheismus eine „Euphemie für Atheismus“. Er schrieb:

„Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes Wort, ein Unbegriff, eine contradictio in adjecto, ein Schiboleth für Philosophieprofessoren, welche, nachdem sie die Sache haben aufgeben müssen, mit dem Worte durchzuschleichen bemüht sind.“

Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena I[1]

Jean Guitton urteilte, dass auch jeder Atheismus eigentlich eine Form von Pantheismus sei, da der Gottesbegriff irgendwie in die Welt hinein gelegt werde.

Bedeutende Vertreter

Die Variationen in der Begriffsbedeutung kommen auch in der uneindeutigen Zuordnung einzelner Vertreter bzw. Personen, die oft im Zusammenhang mit pantheistischen Positionen genannt werden, zum Ausdruck. Die wichtigsten Vertreter sind:

Giordano Bruno - Albert Einstein - Caspar David Friedrich - Johann Wolfgang Goethe - Ernst Haeckel - Hermann von Pückler-Muskau - Leopold Schefer - Baruch Spinoza - Timothy Sprigge - Platon[2] - Friedrich Theodor Vischer

Verwandte Konzepte

Eine erweiterte Form des Pantheismus, die sich jedoch in manch grundlegender Hinsicht von diesem unterscheidet, ist der Panentheismus, eine Synthese aus bestimmten Elementen von Pantheismus und Theismus. Ein anderes abgeleitetes Konzept ist Pandeismus, das Pantheismus mit Deismus kombiniert.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Parerga und Paralipomena I, 1. Teilband (S. 131 im Diogenes-Taschenbuch)
  2. T. L. S. Sprigge u. a., Pantheism, Hegeler Institute, La Salle, Illinois: 1997 (in: The monist, Bd. 80, Nr. 2 (April), 1997)

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