- Simulation
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Die Simulation oder Simulierung ist eine Vorgehensweise zur Analyse von Systemen, die für die theoretische oder formelmäßige Behandlung zu kompliziert sind. Dies ist überwiegend bei dynamischem Systemverhalten gegeben. Bei der Simulation werden Experimente an einem Modell durchgeführt, um Erkenntnisse über das reale System zu gewinnen. Im Zusammenhang mit Simulation spricht man von dem zu simulierenden System und von einem Simulator als Implementierung oder Realisierung eines Simulationsmodells. Letzteres stellt eine Abstraktion des zu simulierenden Systems dar (Struktur, Funktion, Verhalten). Der Ablauf des Simulators mit konkreten Werten (Parametrierung) wird als Simulationsexperiment bezeichnet. Dessen Ergebnisse können dann interpretiert und auf das zu simulierende System übertragen werden.
Deswegen ist der erste Schritt einer Simulation stets die Modellfindung. Wird ein neues Modell entwickelt, spricht man von Modellierung. Ist ein vorhandenes Modell geeignet, um Aussagen über die zu lösende Problemstellung zu machen, müssen lediglich die Parameter des Modells eingestellt werden. Das Modell, respektive die Simulationsergebnisse können dann für Rückschlüsse auf das Problem und seine Lösung genutzt werden. Daran können sich – sofern stochastische Prozesse simuliert wurden – statistische Auswertungen anschließen.
Die Methode der Simulation wird für viele Problemstellungen der Praxis eingesetzt. Bekannte Felder des Einsatzes von Simulationen sind die Strömungs-, Verkehrs-, Wetter- und Klimasimulation.
Inhaltsverzeichnis
Unterteilung
Man kann zwischen Simulationen mit und ohne Computer unterscheiden. Eine Simulation ist ein „Als ob“-Durchspielen von Prozessen; das kann man auch ohne Computer tun.
Ohne Computer
Physikalische Experimente werden auch als Simulationen bezeichnet: Ein Auto-Crashtest beispielsweise ist eine Simulation für eine reale Verkehrssituation, in der ein Auto in einen Verkehrsunfall verwickelt ist. Dabei wird die Vorgeschichte des Unfalls, die Verkehrssituation und die genaue Beschaffenheit des Unfallgegners stark vereinfacht. Auch sind keine Personen in den simulierten Unfall verwickelt, stattdessen werden Crashtest-Dummies eingesetzt, die mit realen Menschen gewisse mechanische Eigenschaften gemeinsam haben. Ein Simulationsmodell hat also nur ganz bestimmte Aspekte mit einem realen Unfall gemeinsam. Welche Aspekte dies sind, hängt maßgeblich von der Fragestellung ab, die mit der Simulation beantwortet werden soll.
Ebenso in diese Kategorie fallen beispielsweise Versuche in Strömungswindkanälen. Hier können beispielsweise an einem maßstäblich verkleinertem Modell Aussagen über Luftwiderstand und Auftrieb von Flugzeugen gemacht werden. Das gleich gilt für Brandsimulationen: Gefährliche Situationen wie Brände in geschlossenen Räumen oder Fahrzeugen werden nachgestellt und mit echtem Personal zu Ausbildungszwecken der Rettung, bzw. Löschung trainiert, oder neue Materialien auf Ihre Brandschutzeigenschaften hin geprüft.
Mit Computer
Wenn heute von „Simulation“ die Rede ist, so meint man fast immer Computersimulationen. Grundsätzlich lässt sich die Simulation in statische vs. dynamische und stochastische vs. deterministische Simulation einteilen. Bei der statischen Simulation spielt die Zeit als dynamische Größe keine Rolle und ist nicht Teil des Systems. Die deterministische Simulation schließt zufällige (stochastische) Ereignisse aus.
3D-Simulation im Maschinenbau (konstruktiv)
Werden dynamische Simulationen im 3-dimensionalen Computermodell räumlich ausgeführt, spricht man von 3D-Simulation. 3D-Simulation ist die Abbildung von realen Problemen in vier Dimensionen – den 3-Raum-Dimensionen (3D) und der Zeit-Dimension. Insofern unterscheidet sich die 3D-Simulation vom 3D-CAD durch die hinzugefügte Zeitkompontente, wodurch neben der Abbildung der Geometrie auch die Abbildung von Bewegung möglich wird.
Im Maschinenbau wird die 3D-Simulation unterschieden in:
- 3D-Layoutsimulation (im Rahmen einer digitalen Fabrik-Planung siehe Digitale Fabrik)
- 3D-Kinematiksimulation (3D-Ablaufsimulation auf Zellen- und Maschinenebene, Simulation von Roboter und Anlagen)
- Virtuelle Inbetriebnahme im 3D (Simulation von realen Steuerungen in einem Hardware-in-the-Loop-Aufbau in einer virtuellen 3D-Simulationswelt)
- 3D-Physiksimulation (3D-Materialflusssimulation, insbesondere auch für eine virtuelle Inbetriebnahme mit realen Steuerungen) mittels einer Physik-Engine
Ein wichtiger Aspekt der Simulation ist die sog. Immersion - das Eintauchen des Benutzers in die 3D-Welt. Diese kann durch die Verwendung von weiteren Zusatzgeräten erreicht werden wie:
- optischen Zusatzgeräten: 3D-Brillen mit entsprechenden 3D-Projektoren, 3D-Bildschirmen, etc.
- Eingabegeräte (Space-Mouse von 3D-Connexion, Datenhandschuh, etc.)
- haptischen Geräte: Force-Feedback-Geräte (z. B. Playstation-Controller,Wii-Mode, etc.), Phanton, etc.
Gründe für den Einsatz
Für den Einsatz von Simulationen kann es mehrere Gründe geben:
- Eine Untersuchung am realen System wäre zu aufwändig, zu teuer, ethisch nicht vertretbar oder zu gefährlich. Beispiele:
- Fahrsimulator (zu gefährlich in der Realität)
- Flugsimulator zur Pilotenausbildung, Nachstellung kritischer Szenarien (Triebwerksausfall, Notlandung)
- Crashtest (zu gefährlich oder zu aufwändig in der Realität)
- Simulation von Fertigungsanlagen vor einem Umbau (mehrfacher Umbau der Anlage in der Realität wäre zu aufwändig und zu teuer)
- Simulatoren in der chirurgischen Ausbildung (ein Training am Patienten ist in einigen Bereichen ethisch nicht vertretbar)
- Das reale System existiert (noch) nicht. Beispiel: Windkanalexperimente mit Flugzeugmodellen, bevor das Flugzeug gefertigt wird
- Das reale System lässt sich nicht direkt beobachten
- Systembedingt. Beispiel: Simulation einzelner Moleküle in einer Flüssigkeit, Astrophysikalische Prozesse
- Das reale System arbeitet zu schnell. Beispiel: Simulation von Schaltkreisen
- Das reale System arbeitet zu langsam. Beispiel: Simulation geologischer Prozesse
- Für Experimente kann ein Simulationsmodell wesentlich leichter modifiziert werden als das reale System. Beispiel: Modellbau in der Stadtplanung
- Exakte Reproduzierbarkeit der Experimente
- Gefahrlose und kostengünstige Ausbildung. Beispiel: Flugsimulation, Schießausbildung
- Das reale System ist unverstanden oder sehr komplex. Beispiel: Bei der Auswertung wissenschaftlicher Experimente müssen die Ergebnisse per Simulation interpretierbar gemacht werden.
- Das reale System ist in seiner elementaren Dynamik zwar verstanden, die zeitliche Entwicklung ist aber zu komplex, bzw. eine exakte Lösung der Bewegungsgleichung ist (noch) nicht möglich. Beispiele: Drei-Körper-Problem, Doppelpendel, Molekulardynamik, generell nichtlineare Systeme
Anwendungsbereiche
Aus Anwendungssicht lassen sich verschiedene Simulationstypen unterscheiden:
- Technische Simulationen, beispielsweise zur Schaltungssimulation, Festigkeitsberechnung (FEM), Strömungssimulation
- Wissenschaftliches Rechnen, mit Anwendungen in der Physik, Chemie, Biologie, Meteorologie etc. Siehe auch: neuronales Netz, Multiagentensysteme.
- Simulationen für die Aus- und Weiterbildung, beispielsweise Unternehmensplanspiele oder Medizinische Simulationen
- Spielsimulationen, beispielsweise Flugsimulationen, Rennsimulationen, Wirtschaftssimulationen
Grenzen
Jeglicher Form von Simulation sind auch Grenzen gesetzt, die man stets beachten muss. Die erste Grenze folgt aus der Begrenztheit der Mittel, das heißt der Endlichkeit von Energie (zum Beispiel auch Rechenkapazität), Zeit und nicht zuletzt Geld. Eine Simulation muss also auch wirtschaftlich gesehen Sinn ergeben. Aufgrund dieser Einschränkungen muss ein Modell möglichst einfach sein. Das wiederum bedeutet, dass auch die verwendeten Modelle oft eine grobe Vereinfachung der Realität darstellen. Diese Vereinfachungen beeinträchtigen naturgemäß auch die Genauigkeit der Simulationsergebnisse. Die zweite Grenze folgt daraus: Ein Modell liefert nur in einem bestimmten Kontext Ergebnisse, die sich auf die Realität übertragen lassen. In anderen Parameterbereichen können die Resultate schlichtweg falsch sein. Daher ist die Validierung der Modelle für den jeweiligen Anwendungsfall ein wichtiger Bestandteil der Simulationstechnik. Als mögliche weitere Grenzen seien Ungenauigkeiten der Ausgangsdaten (etwa Messfehler), sowie subjektive Hindernisse (zum Beispiel mangelnder Informationsfluss über Produktionsfehler) genannt.
Siehe auch
- Emulator
- Hardware in the Loop
- Für einen philosophisch-ästhetischen Begriff der Simulation vgl. die Medientheorie des französischen Philosophen Jean Baudrillard sowie den verwandten Begriff des Simulacrums.
Literatur
- F. E. Cellier: Continuous System Modeling. Springer, New York 1991 ISBN 0-387-97502-0
- R. M. Fujimoto: Parallel and Distributed Simulation Systems. Wiley-Interscience, New York 1999, ISBN 0-471-18383-0
- S. Hartmann: The World as a Process: Simulations in the Natural and Social Sciences. In: R. Hegselmann et al. (Hrsg.): Modelling and Simulation in the Social Sciences from the Philosophy of Science Point of View. Kluwer, Dordrecht 1996, ISBN 0-7923-4125-2 (Theory and Decision Library) S. 77–100
- B. P. Zeigler, H. Praehofer, T. G. Kim: Theory of Modeling and Simulation. 2. Ausgabe. Academic Press, San Diego 2000, ISBN 0-12-778455-1
Weblinks
Commons: Simulation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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