Skrofulose

Skrofulose
Heinrich IV. beim Heilungsritual

Skrofulose (auch Skrofeln, von lateinisch scrofula = Halsdrüsengeschwulst) ist ein heute seltenes Leiden, das vorzugsweise Kleinkinder befällt. Früher wurde die Krankheit mit der Tuberkulose in Zusammenhang gebracht, neuerdings vermutet man jedoch eher eine Allergie als Ursache. Die befallenen Kinder weisen vielfältige chronische Entzündungen - zum Beispiel der Nasenschleimhaut, der Augenlider, der Bindehaut sowie der Halslymphknoten - und nicht selten eine rüsselförmige Lippenvorwölbung auf.

Als Skrofeln wurde im Mittelalter ein weitaus umfangreicheres Krankheitsbild bezeichnet, das auch verschiedene andere Hals- und Gesichtskrankheiten umfasste, die auch bei Erwachsenen auftraten und in einigen Landstrichen wohl endemisch waren.

Ab etwa dem 13. Jahrhundert bis in die Frühe Neuzeit bestand in Frankreich und England die Vorstellung, der rechtmäßig gesalbte König könne Skrofeln durch bloßes Handauflegen heilen (The King's Evil). Ein entsprechendes Heilungsritual war in beiden Ländern auch Teil der Krönungsriten und wurde regelmäßig, zeitweise sogar täglich, an Kranken ausgeübt, die oft eigens aus weit entfernt liegenden Gebieten des Königreichs anreisten. Der mit der Kraft des Heilens begabte König wurde auch Thaumaturg genannt. Bereits im 11. Jahrhundert hatte man jedoch den Königen wundertätige Fähigkeiten zugesprochen. So soll unter anderem Robert II. von Frankreich übernatürliche Heilkräfte besessen haben, aber auch Eduard dem Bekenner werden wunderbare Heilungen zugeschrieben.

Der skeptische Oranier Wilhelm III., der nach der Vertreibung der Stuarts in der Glorious Revolution von 1689 König von England wurde, verweigerte sich dem Zauber. Das einzige Mal, als er sich zu einer solchen Berührung herbeiließ, tat er es mit den Worten: "Gott gebe Euch eine bessere Gesundheit und mehr Verstand."[1][2] Königin Anne nahm das Ritual noch einmal auf, ihr Nachfolger Georg I. (1712-27) jedoch beendete es endgültig, da er es "zu katholisch" fand. In Frankreich wurde es zur Krönung des Restaurationskönigs Karl X. (1825-30) das letzte Mal praktiziert.

Einzelnachweise

  1. Sigmund Freud: Totem und Tabu. In: Fragen der Gesellschaft - Ursprünge der Religion. Studienausgabe. Bd 9. Frankfurt am Main 1974, S. 334.
  2. James G. Frazer: The magic art, and the evolution of kings. The Golden Bough - a study in magic and religion. Bd 2. 3. Auflage. Mc Millan, London 1911, S. 368-370.

Literatur

  • Marc Bloch: Die wundertätigen Könige. Beck, München 1998. ISBN 3-406-44053-3 (erste deutsche Übersetzung des mentalitätsgeschichtlichen Klassikers Les rois thaumaturges von 1924)
  • David C. Douglas: Wilhelm der Eroberer. 2. Aufl. München 1995, S.258f. ISBN 3-424-01228-9
  • Peter Gienow: Die Skrophulose, das vergessene Miasma. Miasmatische Schriftenreihe. Bd 9. Peter Irl, Buchendorf 2007. ISBN 3-933666-42-2

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