Spanner Case

Spanner Case

Mit Spanner Case werden mehrere Gerichtsverfahren bezeichnet, bei denen homosexuelle BDSMler wegen der Ausübung einvernehmlicher sadomasochistischer Praktiken in Großbritannien verurteilt wurden. Das Verfahren führte zu einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Der Name rührt von einem Wortspiel her. Ein spanner bezeichnet in Großbritannien einen Schraubenschlüssel. Das Gegenstück zu einem spanner ist eine nut, eine Schraubenmutter, was umgangssprachlich einen Verrückten bezeichnet. Die Sonderkommission des New Scotland Yard, die gegen die BDSMler ermittelte, gab sich deswegen den Namen Operation Spanner (um die nuts, also die Verrückten aus dem Verkehr zu ziehen).

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

Im Jahr 1987 gab es eine Razzia der Sonderkommission „Spanner“, bei der auch Videofilme von einvernehmlichem homosexuellen BDSM beschlagnahmt wurden. Darauf wurden im Dezember 1990 16 Angeklagte, die auf Rat ihrer Anwälte auf schuldig plädierten, verurteilt, die Ausführenden wegen Körperverletzung, die sogenannten Bottoms, denen die Verletzungen zugefügt wurden, wegen Beihilfe. Die Strafen bewegten sich von Geldstrafen über Bewährungsstrafen bis zu Gefängnisstrafen.

1995 wurde der Spanner Trust gegründet. Diese Stiftung diente ursprünglich zur Unterstützung des Gerichtsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte; nach 1997 betreibt die Stiftung generell Lobbyarbeit für BDSM und die Änderung der Gesetze in Großbritannien.

Am 19. Februar 1997 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in CASE OF LASKEY, JAGGARD AND BROWN v. THE UNITED KINGDOM; (109/1995/615/703-705) February 1997, dass jeder Staat eigene Gesetze gegen Körperverletzung erlassen darf, unabhängig davon, ob die Körperverletzung einvernehmlich ist oder nicht.

Folgen und Anspielungen

Der Prozess führte dazu, dass sich sowohl im europäischen als auch im amerikanischen Raum Sadomasochisten zunehmend vernetzten. Gerade in Bezug auf BDSM-relevante Berichterstattung entstanden in Folge mehrere neue Strukturen. Das zunächst auf Englisch verfasste Urteil wurde in Teilen der deutschen Subkultur zunächst als europaweites Verbot von SM missverstanden. Als Reaktion auf diese Probleme bei der Kommunikation innerhalb der Subkultur wurde die Nachrichten-Mailingliste "Schlagworte" gegründet.

In England entstanden im Laufe des Verfahrens die Organisation SM Pride und die Stiftung Spanner Trust um zukünftig die Interessen von Sadomasochisten und anderen sexuellen Minderheiten besser schützen zu können.

Zwei der Verhafteten begingen Selbstmord, mehrere verloren ihre Arbeit. In acht Fällen wurden Gefängnisstrafen bis zu viereinhalb Jahren ausgesprochen. Nach dem Urteil kam es in Großbritannien zu Razzien bei privaten BDSM-Partys und in -Bars.[1]

Die SM-Filmkomödie Preaching to the Perverted ist eine Parodie darauf und Kritik am Spanner-Urteil.

Im Juni 2007 nutzte die Britische Regierung die Entscheidung um auch Bild- und Filmmaterial, das entsprechendes einvernehmliches Verhalten unter Erwachsenen darstellt, im Rahmen der Criminal Justice And Immigration Bill als "Extreme Pornographie" zu kriminalisieren.[2]

Filme

Literatur

  • Weait, Matthew: 'Fleshing it Out' in Lionel Bently und Leo Flynn Law and the Senses: Sensational Jurisprudence (Law & Social Theory), Pluto Press, London, 1996, ISBN 0745310680
  • Der Spiegel: 'GB: Zutiefst krank', (50/1992) - 7. Dezember 1992 , online unter Großbritannien - Zutiefst krank, spiegel.de.

Quellen

  1. vgl. Anne-Marie Cusac: Profile of a sex radical - lesbian, sadomasochist author Pat Califia, The Progressive, Oktober 1996, online unter: Profile of a sex radical
  2. vgl. House of Commons: Criminal Justice And Immigration Bill

Weblinks

Siehe auch


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