Stakeholder Value

Stakeholder Value

Als Stakeholder (engl.) wird eine natürliche Person, Personengruppe oder Institution bezeichnet, die ein Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses (z. B. eines Projekts oder der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens) hat.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der Ausdruck „Stakeholder“ stammt aus dem Englischen. „Stake“ kann mit „(Wett-)Einsatz, Beteiligung“ übersetzt werden, „holder“ mit „Eigentümer, Halter“. Der Stakeholder ist daher jemand, dessen Einsatz auf dem Spiel steht und der daher ein Interesse an Wohl und Wehe dieses Einsatzes hat. Im übertragenen Sinne wird „Stakeholder“ heutzutage aber nicht nur für Personen verwendet, die tatsächlich einen Einsatz geleistet haben, sondern für jeden, der ein Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses hat, auch zunächst scheinbar Unbeteiligte wie Kunden oder Mitarbeiter.

Ein alle Aspekte des Begriffs „Stakeholder“ umfassender Ausdruck deutschen Ursprungs existiert in der Literatur nicht. Verwendete Näherungen sind „Anspruchsträger“, „Interessenten und Betroffene“ und bei Projekten „Projektbeteiligte“ und „Projektbetroffene“.

Stakeholder eines Unternehmens

Interne und externe Stakeholder eines Unternehmens

Das Prinzip der Stakeholder ist gleichzeitig die Basis und die Erweiterung des in der Betriebswirtschaft verbreiteten Shareholder-Value-Ansatzes.

Im Gegensatz zum Shareholder-Value-Prinzip, das Bedürfnisse und Erwartungen der Anteilseigner eines Unternehmens (z. B. die Aktionäre bei einer Aktiengesellschaft) in den Mittelpunkt des Interesses stellt, versucht das Prinzip der Stakeholder, das Unternehmen in seinem gesamten sozialökonomischen Kontext zu erfassen und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen. In Erweiterung zum sogenannten Customer-Relationship-Management (CRM), welches sich lediglich mit den Beziehungen des Unternehmens zu seinen Kunden auseinandersetzt, geht das Prinzip des Stakeholder-Relationship-Managements (SRM) deutlich weiter, da es versucht, die Beziehungen eines Unternehmens zu allen, bzw. seinen wichtigsten Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen. Dies bezeichnet man als „Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht“ zwischen dem endogenen Unsicherheitsumfeld (Lieferanten, Handel, Konsument etc.) und den exogenen Unsicherheiten (sozialkulturell, politisch, rechtlich, technologisch, ökologisch) gegenüber dem Unternehmen.

Als Stakeholder gelten dabei neben den Eigentümern (Anteilseigner) die Mitarbeiter (bis hin zu den Managern, z. B. Anspruch auf Beschäftigung und Sicherheit), die Kunden (z. B. Anspruch auf Qualität und Zuverlässigkeit), die Lieferanten, die Kapitalmärkte (u. a. Kreditgeber) sowie der Staat (z. B. Anspruch auf Steuergelder, Umweltschutz), die Natur (Rohstofflieferant, Aufnahmemedium für Abfall) und die Öffentlichkeit (Parteien, Verbände, Kirchen, Medien etc.).

Staat, Natur und Öffentlichkeit sind sogenannte nichtmarktliche Anspruchsgruppen. Kapital-, Arbeits-, Beschaffungs- und Absatzmärkte bezeichnet der Stakeholder-Ansatz als marktliche Gruppen und Beziehungen (Leistung und Gegenleistung). Die Anspruchsgruppen können auch unterschieden werden in Gruppen aus dem engeren Umfeld des Unternehmens, also Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, etc., die direkt von den Handlungen des Unternehmens betroffen sind, und Gruppen aus dem weiteren Umfeld, also die Politik (z. B. Kommunen), Nichtstaatliche Organisationen (Non-governmental Organizations, (NGOs), einzelne Bürger, etc., die indirekte Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit wahrnehmen. Konkurrenten stehen in dieser Definition gewissermaßen zwischen dem engeren und weiteren Umfeld, da sie nicht direktes Ziel der Unternehmenstätigkeiten sind, aber deren Auswirkungen über den Marktmechanismus vermittelt verspüren.

Theorie und Praxis haben keine einheitliche Vorstellung, wer überhaupt als Stakeholder in Betracht zu ziehen ist. Ein mögliches Abgrenzungskriterium ist die ausschließliche Berücksichtigung von Anspruchsgruppen auf die Existenzfähigkeit des Unternehmens. Somit müssen mit Sicherheit Kapitalgeber, aber auch Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten genannt werden. Allenfalls könnte auch der Staat genannt werden, welcher beispielsweise durch die Bereitstellung öffentlicher Güter (z. B. Sicherheit, Bildung) und der Infrastruktur die wirtschaftliche Tätigkeit überhaupt ermöglicht.

Je nach Ansicht ist auch die Wichtigkeit der verschiedenen Gruppen und somit die Ausrichtung des Unternehmens darauf umstritten. Gerade hierin liegt die Herausforderung für das Top-Management. Zu deren Bewältigung haben eine Vielzahl von Autoren entsprechende Konzepte geliefert. Von überragender Bedeutung war wohl Freemans Buch Strategic Management. A Stakeholder Approach, welches 1984 erschien. Weitere bedeutende Schriften wurden auch noch in jüngerer Vergangenheit verfasst. So z. B. liefern Mitchell, Agle und Wood (1997) einen geschlossenen Ansatz zur Identifikation und Priorisierung der Anspruchsgruppen. Demnach sind die Macht, die Legitimation und die zeitliche Dringlichkeit die relevanten Kriterien. Rowley (1997) versucht Erkenntnisse aus der Theorie sozialer Netzwerke zu gewinnen.

Insgesamt scheint in der theoretischen Debatte mindestens ein Konsens zu bestehen, dass die Macht einer Anspruchsgruppe für das Stakeholder-Management ausschlaggebend ist. Hierzu wird oftmals mit der Ressourcenabhängigkeitstheorie argumentiert, welche auf Autoren wie z. B. Jeffrey Pfeffer zurückgeht.

Stakeholder in der Systementwicklung

Die Entwicklung eines Systems (z. B. eines Computersystems) hat das Ziel, die Bedürfnisse mehrerer Personen, Gruppen, Institutionen oder Dokumente und Regelwerke (z. B. Gesetzestexte) zu befriedigen, wobei die Bedürfnisse und Ansprüche sehr unterschiedlich, auch gegenläufig und widersprüchlich, sein können. All diese Personen und Institutionen bezeichnet man als Stakeholder. Stakeholder dienen der Abstraktion, indem ein Stakeholder jeweils die Zusammenfassung aller Personen mit gleicher Interessenlage und gleicher Sicht auf das System repräsentiert.

Die Definition des Begriffes Stakeholder stimmt hier im Wesentlichen mit dem Begriff des Projektbeteiligten der DIN 69905 überein.

Stakeholder oder Projektbeteiligte sind alle Personen, Institutionen und Dokumente, die von der Entwicklung und vom Betrieb eines Systems in irgendeiner Weise betroffen sind. Dazu gehören auch Personen, die nicht in der Systementwicklung mitwirken, aber das neue System zum Beispiel nutzen, in Betrieb halten oder schulen.

Stakeholder sind die Informationslieferanten für Ziele, Anforderungen und Randbedingungen an ein zu entwickelndes System oder Produkt.

Stakeholder im Projektmanagement

Laut Definition nach ISO 10006 sind Stakeholder eines Projektes alle Personen, die ein Interesse am Projekt haben oder von ihm in irgendeiner Weise betroffen sind.

Man unterscheidet aktive und passive Stakeholder. Aktive Stakeholder arbeiten direkt am Projekt mit (z. B. Teammitglieder) oder sind direkt vom Projekt betroffen (z. B. Kunden, Lieferanten, Unternehmensleitung). Üblicherweise werden aktive Stakeholder nach folgenden Gruppen in der Projektumfeldanalyse strukturiert:

  • Projektleiter
  • Projektmitarbeiter (Kernteam und erweitertes Projektteam)
  • Kunden / Benutzer
  • Auftraggeber
  • Sponsor / Machtpromotor / Fachpromotor

Passive Stakeholder sind von der Projektdurchführung oder den Projektauswirkungen nur indirekt betroffen (z. B. Interessenvertretungen, Anrainer bei einem Bauprojekt, Familienmitglieder der Projektmitarbeiter, Verbände, etc.).

Die Unterscheidung in aktive/passive Stakeholder dient der Identifikation alles Stakeholder. Anschließend wird die Wichtigkeit für das Projekt über die Stakeholderanalyse bestimmt. Dabei werden die Faktoren

  • Einfluss auf das Projekt (Macht)
  • Einstellung zum Projekt (Ziele)

untersucht. Das Ergebnis der Stakeholderanalyse ist der Grundstein für den Kommunikationsplan.

Literatur

  • R. E. Freeman: Strategic Management. A Stakeholder Approach. Pitman, 1984
  • R. E. Freeman: The Stakeholder Approach Revisited. In: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik (zfwu). 3/5/2004, S. 228-241, ISSN 1439-880X, ISSN 1862-0043
  • R. Philips: Stakeholder Theory and Organizational Ethics. Berrett-Koehler Publishers, 2003
  • Thomas Beschorner, Alexander Brink (Hrsg.): Stakeholdermanagement und Ethik. In: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik (zfwu). Sonderheft. 3/5/2004, ISSN 1439-880X, ISSN 1862-0043
  • Mitchell, Agle, Wood: Towards a theory of stakeholder identification and salience. Defining the principles of who and what really counts. In: Academy of Management Review. 4/22/1997, S. 853-886

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Stakeholder Value — Wertanteil verschiedener ⇡ Anspruchsgruppen am Unternehmenswert. Vgl. auch ⇡ Stakeholder Ansatz. Literatursuche zu  Stakeholder Value auf www.gabler.de …   Lexikon der Economics

  • Stakeholder Value — Stake|hol|der Va|lue 〈[stɛıkhoʊldə(r) væ̣lju:] m.; s, s; Wirtsch.〉 Wert eines Unternehmens für alle anderen Personen außer den Unternehmenseignern [→ Stakeholder] …   Universal-Lexikon

  • Stakeholder Value — Stake|hol|der Va|lue 〈[stɛıkhoʊldə(r) væ̣lju:] m.; Gen.: s, Pl.: s; Wirtsch.〉 Wert eines Unternehmens für alle anderen Personen außer den Unternehmenseignern [Etym.: → Stakeholder] …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Value Based View — Der Shareholder Value (deutsch: Aktionärswert) ist als Marktwert des Eigenkapitals definiert und entspricht vereinfacht dem Unternehmenswert und dem davon abhängigen Wert der Anteile. Der Shareholder Value Ansatz ist ein von Alfred Rappaport… …   Deutsch Wikipedia

  • Stakeholder (corporate) — For other uses, see Stakeholder (disambiguation). A corporate stakeholder is a party that can affect or be affected by the actions of the business as a whole. The stakeholder concept was first used in a 1963 internal memorandum at the Stanford… …   Wikipedia

  • Stakeholder — Als Stakeholder (engl.) wird eine natürliche oder juristische Person bezeichnet, die ein Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses oder Projektes hat. Vor allem in betriebswirtschaftlicher Hinsicht wird der Begriff häufig verwendet. Im… …   Deutsch Wikipedia

  • Stakeholder pension scheme — Stakeholder pension schemes were introduced in the UK in 2001 to encourage more long term saving for retirement, particularly among those on low to moderate earnings. They are required to meet a number of conditions set out in legislation,… …   Wikipedia

  • Value Management — – häufig mit Wertanalyse gleichgesetzt – ist ein organisierter und kreativer Ansatz, der einen funktionenorientierten und wirtschaftlichen Gestaltungsprozess mit dem Ziel der Wertsteigerung eines VM Projektes bzw. WA Objektes zur Anwendung bringt …   Deutsch Wikipedia

  • stakeholder — stake‧hold‧er [ˈsteɪkˌhəʊldə ǁ ˌhoʊldər] noun [countable] 1. a person who is considered to be an important part of an organization or of society because they have responsibility within it and receive advantages from it: • Chief executives of… …   Financial and business terms

  • Value network analysis — is a methodology for understanding, using, visualizing, optimizing internal and external value networks and complex economic ecosystems. The methods include visualizing sets of relationships from a dynamic whole systems perspective. Robust… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”