- Strafunmündigkeit
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Strafmündigkeit beschreibt das Erreichen eines Alters, ab dem einem Mensch vom Gesetzgeber her zugetraut wird, die Folgen seiner Handlungen soweit zu überblicken, dass er bewusst anderen schaden kann und daher für diese Handlungen die Verantwortung übernehmen muss.
Inhaltsverzeichnis
Rechtliche Situation in Deutschland
Das deutsche Strafgesetzbuch schreibt für die Strafmündigkeit das vollendete 14. Lebensjahr vor (§ 19 StGB). Dabei benutzt das Gesetz selbst den Begriff "Strafmündigkeit" nicht, sondern spricht von Schuldunfähigkeit des Kindes. Im Vorläufer des Strafgesetzbuches, dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871 [1] trat die Strafmündigkeit mit dem vollendeten 12. Lebensjahr ein. Durch das am 16. Februar 1923 neu erlassene Jugendgerichtsgesetz wurde die Strafmündigkeit auf 14 Jahre angehoben. Mit dem Reichsjugendgesetz vom 6. November 1943 sank die Schuldfähigkeit wieder auf 12 Jahre. Die Neufassung des Jugendgerichtsgesetzes, vom 1. Oktober 1953, erhob die heutige noch gültige Grenze auf 14 Jahre. [2]
Personen, die zur Tatzeit jünger als 14 Jahre sind (also "Kinder" im Sinne des Gesetzes), können somit nicht bestraft werden. Der Vormundschaftsrichter kann jedoch außerhalb des Strafverfahrens bestimmte Maßnahmen anordnen.
Jugendliche (also Personen zwischen 14 und 18 Jahren, § 1 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz - JGG) sind gem. § 3 JGG individuell strafrechtlich verantwortlich, wenn sie zur Zeit der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Wird dennoch ein Strafverfahren gegen ein Kind eingeleitet, so ist es nach § 170 Abs. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht einzustellen.
Unbeschadet dessen können jedoch zivilrechtliche Ansprüche gegen das Kind und eventuell gegen die Aufsichtspflichtigen (z.B. Haftung für Aufsichtspflichtverletzung) geltend gemacht werden, da die Deliktsfähigkeit nach anderen Kriterien zu beurteilen ist als die Strafmündigkeit.
Rechtliche Situation in Österreich
Das Verwaltungsstrafgesetz (VStG) bestimmt in § 4, dass nicht strafbar ist, wer zur Zeit der Tat das 14. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat. Im § 58 VStG (Sonderbestimmungen für Jugendliche) findet sich im Abs. 2 überdies die Regelung, dass über Jugendliche, die zur Tatzeit das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine Freiheitsstrafe nicht verhängt werden darf. Über andere Jugendliche darf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen verhängt werden, wenn dies aus besonderen Gründen geboten ist; der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe, die gleichfalls zwei Wochen nicht übersteigen darf, wird hierdurch nicht berührt.
War der Täter zur Zeit der Tat zwar 14, aber noch nicht 18 Jahre alt (Jugendlicher), so wird ihm die Tat nicht zugerechnet, wenn er aus besonderen Gründen noch nicht reif genug war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.
Aus dem § 74 des Strafgesetzbuches (StGB) ergibt sich ebenfalls, dass unmündig ist, wer das 14. Lebensjahr und minderjährig, wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Rechtliche Situation in der Schweiz
In der Schweiz gelten Kinder ab dem 10. Lebensjahr als strafmündig (Art. 3 Abs. 1 JStG). Bis zum Inkrafttreten des neuen Jugendstrafrechts am 1. Januar 2007 galten Kinder ab dem 7. Lebensjahr als strafmündig.
Rechtliche Situation in anderen Ländern
Ab dem .. Lebensjahr als strafmündig bewerten:
- 7 Jahre: Bangladesch, Indien, Myanmar, Nigeria, Pakistan, Südafrika, Sudan, Tansania, Thailand.
- 8 Jahre: Indonesien, Kenia, Schottland.
- 9 Jahre: Äthiopien, Iran (nur Mädchen), Irak, Philippinen.
- 10 Jahre: Nepal, Australien, Ukraine.
- 11 Jahre: Türkei
- 12 Jahre: Kanada, Irland, Israel, Korea (Rep.), Marokko, Uganda.
- 13 Jahre: Algerien, Frankreich, Polen, Usbekistan.
- 14 Jahre: China, Estland, Italien, Japan, Rumänien, Russland, Slowenien, Vietnam.
- 15 Jahre: Ägypten, Finnland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Island, Philippinen, Iran (Jungen).
- 16 Jahre: Argentinien, Spanien, Portugal.
England
In England gelten Kinder ab dem 10. Lebensjahr als strafmündig. Bis 1988 galt jedoch für 10- bis 14jährige eine widerlegbare Vermutung der fehlenden Strafmündigkeit (Doli incapax).
Vereinigte Staaten
In den Vereinigten Staaten unterscheiden sich die Regelungen über den Beginn der Strafmündigkeit von Bundesstaat zu Bundesstaat. Nur 13 Staaten haben Gesetze verabschiedet, in denen der Beginn der Strafmündigkeit explizit festgelegt wird (je nach Bundesstaat zwischen der Vollendung des 6. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres). In den übrigen Staaten gibt es keine entsprechenden Gesetze; stattdessen wird dort das Common Law zugrundegelegt, das davon ausgeht, dass bei Kindern zwischen 7 und 14 Jahren Verantwortungsfähigkeit zwar noch nicht vorausgesetzt werden kann, dass sie aber dennoch zur Verantwortung gezogen werden dürfen.[3]
- Siehe auch: Kindheit und Jugend in den Vereinigten Staaten
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Reichsstrafgesetzbuch von 1871 § 55
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung
- ↑ Old enough to be a ctriminal?
Literatur
- Frank Czerner, “Minderjährige hinter Schloß und Riegel?“ Freiheitsbeschränkende bzw. -entziehende Maßnahmen gegenüber Kindern, und Jugendlichen, Pdf-Dokument.
- Stephan Loheit: Die Deliktsfähigkeit Minderjähriger. Insbesondere das Verhältnis von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3714-9.
Weblinks
- Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts (Österreich) : [1]
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