Strandung der Johanne

Strandung der Johanne
Insel Spiekeroog aus der Luft
Drinkeldodenkarkhof: Gedenktafel
Drinkeldodenkarkhof: Gedenktafel

Die Johanne war eine hölzerne Bark von ca. 30 m Länge und ca. 5,5 m Breite, die bereits auf ihrer Jungfernfahrt am 6. November 1854 vor der ostfriesischen Insel Spiekeroog mit 216 Auswanderern an Bord strandete und sank. Das Unglück war einer der Auslöser für die Gründung von Seenotrettungsstationen an der deutschen Küste, die schließlich zur Gründung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) führte.

Die „Johanne“ wurde auf einer Werft in Lienen, heute ein Stadtteil von Elsfleth, gebaut und am 21. Oktober 1854 in Dienst gestellt. Die erste Reise des Schiffes sollte von Bremen an der Weser aus nach New York gehen. 216 Auswanderer, davon 94 Männer, 77 Frauen, 32 Kinder unter 10 Jahren und 13 Säuglinge gingen am 29. und 30. Oktober an Bord. Außerdem befanden sich 15 Besatzungsmitglieder und der Kapitän an Bord. Die Reise begann schließlich am 2. November 1854.

Schlechtes Wetter behinderte die Fahrt des Schiffes. Die Passagiere an Bord hielten sich überwiegend unter Deck auf bei relativer Enge, stickiger Luft und ohne Licht. Kojen gab es nicht für alle Passagiere; Gepäck und Habseligkeiten der Passagiere waren ebenfalls in den Passagierdecks verstaut. In der Nacht vom 4. auf den 5. November entwickelte sich das schlechte Wetter zu einem heftigen Sturm. Beim Festmachen des Bramsegels ging ein Matrose über Bord, der nicht gerettet werden konnte. Schließlich verlor das Schiff am 5. November in drei Grundseen die Stagsegel. In der Folge strandete das Schiff drei Stunden vor Eintritt der Flut am 6. November vor Spiekeroog und kenterte dabei zur Seeseite. Masten und Takelage „kamen von oben”, teils auf Befehl des Kapitäns gekappt, um ein Kentern zu verhindern, teils durch die Brandung. Ein Mast zertrümmerte ein Deckshaus und verursachte die ersten Toten und Schwerverletzten. Weitere Passagiere wurden von der kochenden See über Bord gespült und ertranken im eisigen Wasser der Nordsee. Die Rettungsboote der Bark zur Rettung der Passagiere und Besatzung wurden zertrümmert und konnten nicht mehr eingesetzt werden. Die Bewohner der Insel Spiekeroog mussten dem Unglück hilflos zusehen, da sie kein geeignetes Rettungsboot zur Hand hatten. Erst bei Niedrigwasser konnten Schiffbrüchige gerettet werden. Die Insulaner fanden Leichen und zerschlagene Körperteile am Strand. Die Erretteten wurden liebevoll von den selbst armen Inselbewohnern aufgenommen und versorgt, bis sie am 14. November nach Bremerhaven abreisten, wo sie am 18. November eintrafen. Die meisten der Überlebenden reisten ärmer denn je wieder in ihre süddeutsche Heimat zurück, nur wenige versuchten später einen zweiten Anlauf. Durch das Unglück verloren 77 der Auswanderer ihr Leben, darunter 18 Männer, 34 Frauen, 18 Kinder unter 10 Jahren und 7 Säuglinge. Die Toten der „Johanne“ wurden auf dem „Friedhof der Ertrunkenen“ („Drinkeldodenkarkhof”) am Ostrand des Dorfes beigesetzt. Das Wrack versank allmählich im Mahlsand. Die geborgenen Teile der Ausrüstung wurden im Folgejahr verkauft.

Der Untergang der „Johanne“ führte zu einem starken Presseecho. Forderungen nach der Einrichtung von Rettungsstationen wurden laut, die Erkenntnis nahm jedoch im Laufe der Zeit nach dem Unglück wieder ab. Nachdem dann aber am 10. September 1860 vor Borkum die englische Brigg „Alliance“ strandete und wiederum keine Möglichkeit zur Rettung der Schiffbrüchigen bestanden, war die Empörung der Presse groß, da offenbar keine Lehren aus dem Untergang der „Johanne“ gezogen worden waren.

In der Folge wurden die ersten Rettungsstationen an der deutschen Nordseeküste gegründet, zunächst 1861 der „Verein zur Rettung Schiffbrüchiger an der ostfriesischen Küste“ durch Georg Breusing. 1863 folgte dann der „Bremische Verein zur Rettung Schiffbrüchiger“ durch Adolph Bermpohl. Am 29. Mai 1865 schließlich, als es bereits mehrere Rettungsstationen gab, wurde in Kiel die „Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ als nationale Organisation gegründet.

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