- Straßenbahn Erfurt
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Die Stadtbahn Erfurt ist das grundlegende Verkehrssystem des öffentlichen Personennahverkehrs der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Sie stellt eine Weiterentwicklung des Straßenbahnsystems mit einem außerhalb der Innenstadt vom Individualverkehr unabhängigen Gleiskörper dar. Das meterspurige Netz mit sechs Linien hat eine Streckenlänge von 45,2 km und gehört damit zu den mittelgroßen Straßenbahnnetzen Deutschlands. Betrieben wird das System durch die Erfurter Verkehrsbetriebe (SWE EVAG). Gemeinsam mit dem Stadtbusnetz, das eine Zubringerfunktion wahrnimmt, transportiert die Stadtbahn pro Tag etwa 100.000 Fahrgäste durch die Landeshauptstadt.
Streckennetz
Vom Anger nach Norden zum Zoopark
Länge: 6,0 km; Straßenzug: Johannesstraße – Magdeburger Allee – Stotternheimer Straße; Linien: 1, 5
Die Strecke vom Anger zum nördlichen Stadtrand wurde bereits 1883 begonnen. Sie führt vom Anger, vorbei an der Kaufmannskirche, wo die Strecke zum Ringelberg an einem Gleisdreieck abzweigt, in die Johannesstraße, der sie bis zum Johannestor folgt. Dort geht sie in die Magdeburger Allee über, auf der sie in einem geräuschdämmenden Rasengleis geführt wird. Am 13. Mai 1883 wurde die Strecke als Nordteil der Roten Linie zunächst bis zum Betriebshof an der Magdeburger Allee eröffnet. Im Juli 1883 wurde dann auch die Fortsetzung vom Betriebshof bis zum heutigen Ilversgehofener Platz in Betrieb genommen. Ilversgehofen war damals noch eine eigenständige Gemeinde, in der sich zahlreiche Industrieansiedlungen befanden. Die nächste Verlängerung erfuhr die Linie im Jahr 1893, als sie vom Ilversgehofener Platz bis zum Bahnhof des Dorfs, dem heutigen Bahnhof Erfurt-Nord an der Bahnstrecke Erfurt–Nordhausen fortgesetzt wurde. Die geschah im Rahmen der Elektrifizierung der Pferdebahn durch die Union-Elektricitäts-Gesellschaft, die die Strecke angekauft hatte. Der Bahnhof blieb nun für fast 100 Jahre Endpunkt der Strecke. Später entstanden hier Wendeschleifen, zunächst in der Vollbracht- (ab 1951), dann in der Metallstraße (ab 1972), die heute abgebaut sind. 1977 wurde am nördlichen Rand der Stadt mit dem Bau des Wohngebiets Roter Berg für etwa 15.000 Einwohner begonnen. Um dieses Wohngebiet anzubinden, sollte die Straßenbahnstrecke verlängert werden. Ein Hindernis war hierbei die ebenerdig verlaufende Nordhäuser Bahn. Eine nicht besonders gelungene Lösung brachte der Bau einer Spannbetonbrücke für die Straßenbahn über die Nordhäuser Bahn. Ihre Pfeiler stehen auf der Magdeburger Allee, die seitdem nicht mehr durchgängig als Straße befahrbar ist. Zudem ist kein Umsteigen von Straßenbahn auf Zug mit kurzen Wegen möglich und letztlich wertet die Brücke die Umgebung optisch ab, da sie Sichtachsen verstellt. Eine Lösung dieser Probleme könnte das Versenken der Nordhäuser Bahn in einem Erdeinschnitt darstellen. Dann kann die Straßenbahn ebenerdig queren und direkt über den Gleisen des Bahnhofs Erfurt-Nord halten, wodurch kurze und mittels Aufzug barrierefreie Umsteigewege möglich wären. Zusätzlich würde der Bahnübergang in der viel befahrenen Salinenstraße entfallen und durch eine Überführung ersetzt sowie die Lärmbelastung durch den Zugverkehr für die direkt an der Bahnstrecke stehenden Wohnhäuser verringert werden. Im März 1988 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, die noch bis 1992 andauerten. Am 29. September 1990 konnte der erste Bauabschnitt von der Salinenstraße bis zur Grubenstraße eröffnet werden. An der Grubenstraße entstanden ein Busbahnhof und eine Wendeschleife, später auch noch ein P+R-Parkplatz. Am 23. August 1992 konnte schließlich auch die Verlängerung der Strecke von der Grubenstraße über die Stotternheimer Straße zum Wohngebiet Roter Berg in Betrieb genommen werden, bei der im Bereich der Haltestelle an der Lache die einzige ebenerdige Kreuzung mit einem Bahngleis (Gütergleis zur benachbarten Industrieanlage) erfolgt. Über dieses Gütergleis können auch Straßenbahnfahrzeuge auf Eisenbahnwaggons verladen werden, da parallel zum Gütergleis auch ein Straßenbahngleis verläuft. Endpunkt der Strecke vor die Wendeschleife am Thüringer Zoopark Erfurt, der dadurch auch eine Straßenbahnanbindung erhielt. Eine weitere Verlängerung der Linie ist unwahrscheinlich, da die Bebauung hinter dem Zoopark nur sehr dünn ist und keinen Straßenbahnbau rechtfertigt. Seit 2007 zweigt an der Haltestelle Salinenstraße nach Westen die Strecke zum Rieth ab. Bis zur Salinienstraße nutzen die Linien 1 und 5 die Strecke gemeinsam, dahinter wird sie nur von der Linie 5 bedient. [1]
Vom Anger nach Osten zum Ringelberg
Länge: 4,7 km; Straßenzug: Krämpferstraße – Leipziger Straße – Walter-Gropius-Straße; Linie: 2
Die Strecke vom Anger zum Ringelberg führt durch die Krämpfervorstadt an den östlichen Rand der Stadt. Zum ersten Mal wurde sie als Teil der Weißen Linie 1904 eröffnet, damals bis zum heute nicht mehr existierenden Nordhäuser Bahnhof an der Leipziger Straße. Dafür war unter anderem ein Neubau der Brücke über den Flutgraben in der Krämpferstraße erforderlich. Allerdings wurde diese Linie schon 1922 wieder eingestellt, abgebaut und durch eine Buslinie ersetzt. 1953 wurde auf dieser Strecke eine Linie des Oberleitungsbus' Erfurt eröffnet, diesmal bis zur Ringelbergtreppe. Diese Linie wurde jedoch 1975 wieder eingestellt und durch Omnibuslinien ersetzt. Am 29. August 1997 war Baubeginn der Strecke vom Anger zum Ringelberg. Sie war die erste Strecke, die im Rahmen des Stadtbahnprogramms errichtet wurde. Der erste kurze Abschnitt vom Anger durch die Krämpferstraße zum Krämpfertor wurde am 7. Dezember 1998 in Betrieb genommen. Der weitere Verlauf über den Leipziger Platz und die Leipziger Straße bis zum Abzweig der Walter-Gropius-Straße und auf dieser weiter bis zum Endpunkt auf dem Ringelberg ging am 27. März 2000 in Betrieb. Gemeinsam mit ihrer Errichtung wurden die angrenzenden öffentlichen Flächen saniert und dadurch das Umfeld aufgewertet. Die Strecke verkehrt fast durchgängig auf einem vom übrigen Verkehr getrennten Gleiskörper und bindet neben dem Gründerzeit-Wohngebiet Krämpfervorstadt auch die Eigenheimsiedlung auf dem Ringelberg sowie die Fachhochschule Erfurt ans Straßenbahnnetz an. Eine weitere Verlängerung von der Endhaltestelle ist nicht möglich, allerdings könnte an der Kreuzung der Leipziger Straße mit der Walter-Gropius-Straße Richtung Kerspleben angeknüpft werden. Dies rechtfertigt jedoch die dortige Bebauungsdichte momentan nicht. Auf der Strecke vom Anger zum Ringelberg verkehrt derzeit die Linie 2.[2]
Vom Anger nach Südosten zur Weimarischen Straße
Länge: 1,3 km; Straßenzug: Trommsdorffstraße – Weimarische Straße; stillgelegt: 1922
Eine kurze Episode blieb die Straßenbahnstrecke vom Anger zur Weimarischen Straße. Sie wurde, wie die Strecke auf der Leipziger Straße, 1904 eröffnet. Sie war Teil der Blauen Linie und führte vom Anger über die Trommsdorffstraße zur Schmidtstedter Brücke, wo sie ab 1912 die Ostring-Trasse kreuzte, und weiter unter der Thüringer Bahn hindurch, anschließend nach Osten auf die Weimarische Straße, der sie bis zum Abzweig der Rudolstädter Straße folgte. Dort endete diese Straßenbahnstrecke. Sie band zum einen Teile des nördlichen Daberstedts (Mietshäuser) und zum anderen die Industriebetriebe an der Weimarischen Straße ans Straßenbahnnetz an. 1922 wurde diese Strecke stillgelegt. [3]
Vom Hauptbahnhof nach Südosten zum Wiesenhügel und Urbicher Kreuz
Länge: 6,3 km + 0,8 km; Straßenzug: Windthorststraße – Friedrich-Ebert-Straße – Kranichfelder Straße; Linien: 3, 4
Der Bau der Strecke vom Hauptbahnhof nach Südosten begann im Jahr 1912, als eine Straßenbahnstrecke durch die Windthorststraße und die Friedrich-Ebert-Straße zu den Kasernen am Rand des Steigerwalds angelegt wurde. Sie führte bis zur heutigen Käthe-Kollwitz-Straße. Schon 1918 wurde jedoch der südliche Abschnitt wieder abgebaut und die Strecke bis zur Einmündung der Häßlerstraße eingekürzt. Dies geschah im Sinne der Entmilitarisierung nach dem Ersten Weltkrieg, als auch die Kasernen verkleinert wurden. 1935 wurde die Strecke dann wiederaufgebaut. 1943 wurde hier die erste Straßenbahnwendeschleife Erfurts erbaut. Dabei blieb es in den folgenden Jahrzehnten. Als Ende der 1970er-Jahre mit dem Bau des Plattenbaukomplex' Erfurt-Südost begonnen wurde, begann man auch die Straßenbahn dorthin zu verlängern. 1979 wurde eine neue Wendeschleife am Arbeitsamt in Betrieb genommen und gleichzeitig die Endhaltestelle an der Käthe-Kollwitz-Straße stillgelegt. 1981 wurde die Trasse von dieser Wendeschleife nach Osten auf der Melchendorfer Straße zur Kranichfelder Straße geführt, in deren Mitte sie verläuft. Nächste Endhaltestelle war die heutige Haltestelle Sozialversicherungszentrum mit einer weiteren Wendeschleife. Schon 1983 wurde die Straßenbahnstrecke abermals verlängert, diesmal bis nach Melchendorf, wo wiederum eine Wendeschleife entstand. Zudem wurde eine Straßenbahnunterführung unter der Kreuzung der Kranichfelder Straße mit der Straße Am Wiesenhügel gebaut. 1985 errichtete man dann eine Stichstrecke auf den Wiesenhügel, die kurz vor der Endhaltestelle Melchendorf abzweigt. Das Teilstück der Südoststrecke von Melchendorf nach Windischholzhausen ging 1987 in Betrieb. Da die dortige Wendeschleife noch nicht fertiggestellt war, musste hier zunächst ein Pendelbetrieb mit Heck-an-Heck-Traktionen aus zwei Tatrawagen gefahren werden. 1989 wurde dieses Problem durch den Bau einer Wendeschleife der bis zum heutigen Urbicher Kreuz verlängerten Trasse behoben. Die Endhaltestelle hieß zunächst Windischholzhausen und wurde 2007 in Urbicher Kreuz umbenannt, da sie in einiger Entfernung zum Dorf Windischholzhausen liegt. Dort liegt ein kleiner Busbahnhof. Am Ende der Strecke liegt der Betriebshof Urbicher Kreuz, der 1990 fertiggestellt wurde. Eine Verlängerung der Strecke über das Urbicher Kreuz hinaus zum nahe gelegenen Dorf Niedernissa wäre denkbar. Heute dient die Strecke vor allem der Erschließung des Wohngebiets Erfurt-Südost, des Gewerbegebiets in Windischholzhausen mit seinen großen Industrieunternehmen (X-Fab, Ersol usw.) und wird von den Linien 3 (zum Urbicher Kreuz) und 4 (zum Wiesenhügel) befahren. [4]
Die Strecke auf der Arnstädter Straße nach Süden zur Thüringenhalle
Länge: 1,2 km; Straßenzug: Arnstädter Straße; Linie: 1
Am Kaffeetrichter zweigt eine Straßenbahnstrecke nach Süden ab. Sie wurde schon 1883 in Betrieb genommen und begann damals noch am Hirschgarten. Der Abschnitt zwischen Hirschgarten und Kaffeetrichter ist jedoch seit 1939 stillgelegt. So verblieb nur der südliche Teil, der seitdem über die alte Ringstrecke vom Hauptbahnhof aus angefahren wird. Als die Strecke 1883 in Betrieb ging, waren die Flächen rechts und links der Bahn noch weitgehend unbebaut. Die Linie diente hauptsächlich dem Ausflugsverkehr, endete sie doch direkt am Steigerwald und am Schießhaus, einer Gaststätte. Deshalb kamen von Seiten der Aktionäre der Straßenbahn immer wieder Forderungen nach der Stilllegung der Strecke auf, die jedoch von der Stadtverwaltung unterbunden wurde. Als das Gründerzeitviertel der Löbervorstadt am Beginn des Ersten Weltkriegs fertig bebaut war, konnte auch die Straßenbahnstrecke rentabel betrieben werden. In der Zwischenkriegszeit entstanden an der Strecke zudem wichtige Einrichtungen wie das Steigerwaldstadion, die Thüringenhalle und der heutige Thüringer Landtag. Dieses Profil sorgt dafür, dass die Strecke noch heute im Normalverkehr eher gering belastet wird, bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen oder Konzerten in der Thüringenhalle jedoch an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Für weitere Auslastung sorgt ein P+R-Parkplatz an der Thüringenhalle, der an der Einfallstraße von der Bundesautobahn 4 nach Erfurt liegt. Die Wendeschleife an der Thüringenhalle wurde 1953 errichtet. Eine weitere Verlängerung der Strecke nach Süden ist auf Grund des Geländeprofils weder notwendig noch durchführbar. Auf der Strecke verkehrt heute die Linie 1. [5]
Vom Gothaer Platz nach Südwesten zur Messe
Länge: 2,5 km; Straßenzug: Gothaer Straße; Linie: 2
Die Geschichte der Straßenbahnstrecke auf der Gothaer Straße begann 1904 mit der Eröffnung einer kurzen Strecke vom Benaryplatz an der Ringstrecke über den Gothaer Platz zum Beginn der Meineckestraße an der Gothaer Straße. Verlängert wurde diese Strecke erst 1960, als in Erfurt die Internationale Gartenbauausstellung (iga) ausgetragen wurde. Ihr Gelände wurde die Fläche hinter der Zitadelle Cyriaksburg, der heutige egapark, der für diese Veranstaltung auch an die Straßenbahn angebunden wurde. Da das Gelände auch nach der iga noch für Veranstaltungen und als Erholungsgebiet genutzt wurde, blieb die Strecke dorthin erhalten. Nach der Wiedervereinigung wurden die Flächen an der Gothaer Straße westlich des egaparks ein städtisches Expansionsgebiet. Neben einigen Eigenheimen entstanden hier auch die Messe Erfurt, sowie das Landesfunkhaus Thüringen, in dem der Kinderkanal und die Thüringen-Redaktion des MDR ihren Sitz haben. Dies machte eine Verlängerung der Straßenbahnstrecke notwendig, die im Jahr 2001 in Betrieb ging und bis zum neuen P+R-Platz hinter der Messe führt. In den ursprünglichen Planungen war sogar eine Verlängerung bis nach Schmira angedacht, die nicht umgesetzt wurde, aber weiterhin möglich bleibt. An der Endhaltestelle wurde ein großer Parkplatz angelegt, der direkt an einer zur Autobahn führenden Ausfallstraße liegt und dadurch der Straßenbahnlinie, die bei schlechtem Wetter oder keinen Veranstaltungen in der Messe eher wenig ausgelastet ist, zusätzliche Fahrgäste bringen. Auf der Strecke verkehrt heute die Linie 2.
Vom Gothaer Platz nach Westen nach Bindersleben
Länge: 5,2 km; Straßenzug: Rudolfstraße – Binderslebener Landstraße; Linie: 4
Eine weitere Strecke, die am Gothaer Platz beginnt, ist die Straßenbahntrasse nach Bindersleben. Sie wurde 1934 begonnen, als man sie zunächst durch die Heinrichstraße und die Binderslebener Landstraße zum Hauptfriedhof führte. Dabei erschloss sie Wohngebiete, teils mit Eigenheimen und teils mit Mietshäusern sowie den Bahnhof Erfurt-West an der Kleinbahn Erfurt–Nottleben, die - nach der Straßenbahnanbindung - ab 1939 hier begann (vorher führte sie in großem Bogen um die Stadt bis zum Bahnhof Erfurt-Nord). 1967 wurde die Kleinbahn dann gänzlich stillgelegt. Zu einer ersten baulichen Veränderung an der Strecke kam es im Jahr 1980. Damals wurde die Heinrichstraße gemeinsam mit der Hannoverschen Straße zur Stadtautobahn, die nach Erfurt-Nord führt, ausgebaut. Im Zuge dessen wurde die Straßenbahn auf die parallel zur Heinrichstraße verlaufende Rudolfstraße nach Osten verlegt. An der Güntherstraße entstand eine zusätzliche Wendeschleife. Dort befindet sich auch das Justizzentrum Erfurt mit dem Bundesarbeitsgericht und verschiedenen anderen Gerichten. Ab dem Binderlebener Knie wurde die neue Strecke wieder auf die alte Strecke geführt. Nach der Wiedervereinigung begann der ehrgeizige Ausbau des Flughafens in Erfurt. Zum Ausbau gehörte auch die Anlage großzügiger Büro- und Wohnkomplexe am Flughafen sowie dessen Anbindung an die Straßenbahn, die ihm Rahmen des Stadtbahnprogramms realisiert wurde. Dafür wurde die Strecke vom Hauptfriedhof über den Flughafen bis an den Rand des Dorfs Bindersleben verlängert. Auf dieser Strecke verkehrt heute die Linie 4. Da die Entwicklung des Flughafenbereichs hinter den Erwartungen zurückblieb, enden einzelne Züge der Linie 4 im Tagesverkehr schon am Hauptfriedhof, sodass auf dem äußeren Abschnitt der Strecke teilweise ein 10- und teilweise ein 20-Minuten-Takt besteht.
Vom Domplatz nach Norden zum Europaplatz und zum Rieth
Länge: 4,7 km + 1,1 km; Straßenzug: Andreasstraße – Nordhäuser Straße; Linien: 3, 6
Die zweite Hauptstrecke in den Norden Erfurts beginnt am Domplatz. Bereits 1883 eröffnet wurde der erste Abschnitt durch die Andreasstraße bis zum Andreastor. Schon 1893 wurde die Strecke auf der Nordhäuser Straße in den Bereich Baumerstraße verlängert. Es folgten noch zwei kurze Verlängerungen zur heutigen Universität 1899 und zum Klinikum 1903. Dort wurde 1930 der zweite Betriebshof angelegt. Dabei blieb es zunächst. Erst als ab 1970 das Wohngebiet Erfurt-Nord errichtet wurde, kam es wieder zu Streckenverlängerungen auf der Nordhäuser Straße. Zunächst entstand 1973 am Klinikum die Wendeschleife Pappelstieg, die bis 1981 Endhaltestelle war und seitdem nur noch Betriebsstrecke ist. 1974 wurde dann eine Neubaustrecke ins Rieth eingeweiht. Sie führt vom Klinikum nach Norden auf der Nordhäuser Straße entlang und biegt später nach Osten auf die Warschauer Straße und Vilniuser Straße ab. Im Rieth entstand am Platz der Völkerfreundschaft, so auch der frühere Name der Endhaltestelle, eine Wendeschleife in Form einer Blockumfahrung. Bereits 1978 wurde die Straßenbahnstrecke vom Abzweig Warschauer Straße auch nach Norden hin verlängert bis zur Endhaltestelle Bukarester Straße, die später in Ulan-Bator-Straße und anschließend nochmals in Europaplatz umbenannt wurde. Dieser nördliche Streckenabschnitt bindet das Wohngebiet Moskauer Platz an, der östliche Abschnitt das Rieth und der südliche Abschnitt bis zur Warschauer Straße den Berliner Platz. Denkbar wäre eine Verlängerung der Strecke vom Europaplatz durch den Stadtteil Gispersleben mit seinen gut 4000 Einwohnern zum Bahnhof Gispersleben an der Nordhäuser Bahn. Dies würde eine direkte Anbindung der Plattenbaugebiete, des Klinikums und der Universität an den Bahnverkehr nach Nordhausen und Kassel bringen. Eine Schwierigkeit stellen hierbei allerdings die engen Straßen in Gispersleben dar. Die Strecke wird von den Linien 3 (zum Europaplatz) und 6 (zum Rieth) befahren. Zusätzlich verkehrt von der Magdeburger Allee kommend auch die Linie 1 vom Rieth über die Warschauer Straße zum Europaplatz.[6]
Die Ringstrecke über Domplatz, Hauptbahnhof und Steigerstraße
Länge: 4,8 km (stillgelegt: 0,9 km); Linien: 1 (Anger–Kaffeetrichter: 1,2 km), 3 (Domplatz–Hauptbahnhof: 1,4 km), 4 (Gothaer Platz–Hauptbahnhof: 2,7 km), 6 (Domplatz–Steigerstraße: 2,7 km)
Die Ringstrecke vom Domplatz im Norden über den Anger, Hauptbahnhof, Kaffeetrichter, die Pförtchenbrücke und den Benaryplatz zum Domplatz besteht heute nicht mehr durchgängig, allerdings werden große Abschnitte von ihr noch heute genutzt.
Der östliche Teil vom Domplatz über die Marktstraße, den Fischmarkt, die Schlösserstraße, den Anger und die Bahnhofstraße zum Hauptbahnhof wurde schon 1883 eröffnet und stellt heute die wichtigste Strecke im Erfurter Netz dar. Am Fischmarkt befindet sich dabei an der Ecke zur Marktstraße ein Engpass, der nicht von zwei Straßenbahnen gleichzeitig passiert werden kann, weshalb entgegenkommende Bahnen hier aufeinander warten müssen. Zwischen Anger und Domplatz verkehren die Linien 3, 4 und 6 und zwischen Anger und Hauptbahnhof die Linien 1, 3, 4 und 6. Als zweiter Abschnitt wurde 1893 die Verbindung vom Hauptbahnhof durch die Schillerstraße zum Kaffeetrichter, über den schon seit 1883 eine Nord-Süd-Linie verkehrte, in Betrieb genommen. Hier fahren die Linien 1 und 6. Um 1960 erhielt dieser Abschnitt eine Wendeschleife durch eine Blockumfahrung am Löberwallgraben, die es ermöglicht, Fahrten am Hauptbahnhof beginnen und enden zu lassen. Die Fertigstellung der Ringlinie erfolgte 1899 durch den Bau von drei weiteren Abschnitten. Einer führte vom Kaffeetrichter durch die Schillerstraße nach Westen zur Steigerstraße, wo Anschluss an eine 1883 errichtete Linie durch den Dalbergsweg bestand. Der zweite Abschnitt führte von der Pförtchenbrücke durch die Straße des Friedens zum Benaryplatz. Er ist der einige stillgelegte Abschnitt des Rings, der Verkehr endete hier 1922. Der dritte Abschnitt des Rings führte vom Benaryplatz durch das Brühl zum Domplatz. Dieser Abschnitt wurde 1978 stillgelegt, aber mit dem Stadtbahnprogramm 2001 wiedereröffnet. Derzeit verkehrt hier die Linie 4.
Die Ost-West-Strecke der Innenstadt (Anger – Steigerstraße/Gothaer Platz)
Länge: 1,9 km (neu) bzw. 2,2 km (alt); Straßenzug: Anger − Regierungsstraße – Melanchthonstraße – Brühler Straße (neu) bzw. Anger – Regierungsstraße – Wilhelm-Külz-Straße – Dalbergsweg – Pförtchenstraße – Steigerstraße (alt); Linien: 2, 5 (neu) bzw. stillgelegt 1964/1978 (alt)
Diese Strecke ging 1883 in Betrieb. Sie führte zunächst vom Anger durch die Regierungsstraße, Wilhelm-Külz-Straße und den Dalbergsweg zur Pförtchenstraße und weiter zur Steigerstraße. Diese Linienführung wurde 1895 geändert, als in der Hochheimer Straße eine neue Endstelle errichtet wurde und die Strecke nun vom Dalbergsweg in die Hochheimer Straße und nicht mehr in die Steigerstraße führte. Die Steigerstraße wurde dann über die Ringstrecke vom Hauptbahnhof aus angefahren. Die Kreuzung der Ost-West-Strecke mit der Ringstrecke erfolgte an der Kreuzung Steigerstraße/Schillerstraße, von der diese Strecke über die Pförtchenstraße zur Pförtchenbrücke führte und die Ringstrecke über die Reichartstraße – Hochheimer Straße zur Pförtchenbrücke, auf der zwei Gleise (je eins pro Linie) verlegt waren. Nach 1922 existierte die Ringstrecke nicht mehr und die Ost-West-Strecke endete auf der Hochheimer Straße/Ecke Milchinselstraße, die ehemalige Ringstrecke an der Steigerstraße/Ecke Milchinselstraße (ohne auf die Ost-West-Strecke zu treffen). Als die Ost-West-Srecke um 1930 ihr zweites Gleis erhielt, wurde dieses aus Platzgründen auf einem anderen Straßenzug verlegt, nämlich ab Dalbergsweg/Ecke Wilhelm-Külz-Straße weiter über den Dalbergsweg und die Neuwerkstraße zum Angerbrunnen, wo es wieder auf das Gegengleis traf. 1964 kürzte man die Strecke ein, sodass sie nicht mehr an der Hochheimer Straße, sondern schon im Dalbergsweg endete. Zum Umkehren wurde ein neuer Abzweig an der Ecke benutzt, an der sich früher die Richtungsgleise auf Dalbergsweg und Wilhelm-Külz-Straße trennten. Die Steigerstraße erhielt eine Wendeschleife durch Blockumfahrung, sodass auch die letzte Endhaltestelle in Erfurt nun mit einer Wendeschleife ausgestattet war. Im Rahmen der Neuordnung des Straßenbahnnetzes laut den Generalverkehrsplänen der 1970er-Jahre wurde die Strecke im Dalbergsweg dann ganz stillgelegt und dafür eine Neubaustrecke vom Karl-Marx-Platz am Ende der Neuwerkstraße durch die Lutherstraße, vorbei am Brühler Garten zum Gothaer Platz eröffnet. Diese Strecke wurde mit der für Innenstädte ungeeigneten Schotter-Gleisbett-Bauweise ausgeführt und eingezäunt. Dies wurde in den 1990er-Jahren verändert, seitdem gibt es ein Rasengleis, das Fußgängern das Überqueren wieder problemlos ermöglicht. Diese Strecke ersetzte gleichzeitig auch noch die Strecke vom Domplatz zum Gothaer Platz, die ebenfalls 1978 stillgelegt wurde. Hintergrund dieser Baumaßnahme war die Entlastung der Strecke Domplatz–Anger, auf der neben den westlichen Linien auch noch die nördlichen verkehrten, die durch die Anlage der neu errichteten Wohngebiete in Erfurt-Nord eine wesentliche Taktverdichtung erfuhren. Deshalb wurden die beiden westlichen Linien (zum egapark und zum Hauptfriedhof) ab 1978 über den Hirschgarten zum Anger geführt und nicht mehr über den Domplatz. Die Ost-West-Strecke blieb zwischen Angerbrunnen und Brühler Garten geteilt, das Gleis zum Anger verläuft durch die Neuwerkstraße und das Gleis zum Gothaer Platz durch die Regierungsstraße. Am Brühler Garten besteht zudem die Möglichkeit zu wenden, dort liegt die derzeitige Endstelle der Linie 5. Die gesamte Ost-West-Strecke befährt heute die Linie 2.[7]
Die Nord-Süd-Strecke der Innenstadt (Domplatz – Kaffeetrichter)
Länge: 1,1 km; Straßenzug: Lange Brücke – Löberstraße; stillgelegt: 1939
Die Nord-Süd-Strecke führte als Grüne Linie vom Domplatz über den Hirschgarten, wo sie auf die Ost-West-Strecke traf, zum Kaffeetrichter, wo sie sich nach Süden zur Thüringenhalle fortsetzt. Der Abschnitt zwischen Hirschgarten und Kaffeetrichter wurde schon 1883 in Betrieb genommen und verlief durch die Löberstraße mit einer zunächst noch niveaugleichen Kreuzung mit der Thüringer Bahn, die erst 1893–1897 durch eine Brücke ersetzt wurde. Der Abschnitt zwischen Hirschgarten und Domplatz über die Lange Brücke und die Kettenstraße wurde 1899 eröffnet. Da diese Strecke besonders eng war und keinen zweigleisigen Ausbau erlaubte, wurde sie schon 1939 stillgelegt und in den frühen 1950er-Jahren abgebaut. Die Bahnen verkehrten stattdessen auf der östlich verlaufenden Strecke über Domplatz – Anger – Hauptbahnhof – Kaffeetrichter.
Der Ostring vom Hauptbahnhof über den Leipziger Platz zur Magdeburger Allee
Länge: 2,8 km; Straßenzug: Kurt-Schumacher-Straße – Thälmannstraße – Liebknechtstraße; stillgelegt: 1973
Die Ostring-Strecke wurde 1912 als Braune Linie eröffnet. Sie verband den Hauptbahnhof über die Schmidtstedter Brücke (wo sie bis 1924 die Strecke Anger ↔ Weimarische Straße kreuzte), die Thälmannstraße, den Leipziger Platz, die Liebknechtstraße, die Rosa-Luxemburg-Straße und die Breitscheidstraße (in der Gegenrichtung über Bebelstraße – Mehringstraße) mit der Magdeburger Allee und führte dabei durch die dicht besiedelten Arbeiterquartiere der Krämpfervorstadt und der Johannesvorstadt. Sie wurde 1973 stillgelegt, da ihre Gleise beim Ausbau des Schmidtstedter Knotens im Südosten der Altstadt im Weg waren. Allerdings war die Stilllegung wenig sinnvoll, da in den vom Ostring erschlossenen Gebieten viele Menschen wohnen und ein großer Transportbedarf besteht. Dieser wird teilweise durch die den Leipziger Platz kreuzende Trasse vom Anger zum Ringelberg (Linie 2) und teilweise durch die im 10-Minuten-Takt auf der Strecke verkehrende Buslinie 9 abgedeckt.
Die Verbindungsstrecke vom Rieth zur Magdeburger Allee
Länge: 1,2 km; Straßenzug: Mainzer Straße – Riethstraße – Vollbrachtstraße; Linie: 1
Diese Strecke ist der jüngste Bestandteil des Erfurter Straßenbahnnetzes. Sie führt vom Rieth über die Mainzer Straße, die Riethstraße und die Vollbrachtstraße nach Osten zur Magdeburger Allee, die sie auf Höhe der Haltestelle Salinenstraße erreicht. Diese Strecke ging 2007 in Betrieb und bindet einige Wohngebiete sowie Gewerbeflächen im Norden Erfurts neu an das Straßenbahnnetz an und verbessert vor allem die Verbindung zwischen den Plattenbaugebieten in Erfurt-Nord und den teils innerstädtischen Gebieten entlang der Johannesstraße und der Magdeburger Allee.
Entwicklung des Streckennetzes
Der Straßenbahnbetrieb in Erfurt begann 1883 auf einem etwa neun Kilometer langen Netz, das bis 1912 auf etwa 23 Kilometer erweitert wurde. Die Gesamtlänge blieb bis 1983 nahezu konstant. Seitdem wuchs das Netz durch zahlreiche Neubaustrecken auf die heutige Länge von etwa 45 Kilometern an.
Nachfolgend wird die Entwicklung des Streckennetzes beschrieben. Dabei werden heutige Bezeichnungen und Straßennamen verwendet, die sich von früheren unterscheiden können.
Eröffnung Strecke Benutzte Straßen Länge (m)[8] Stilllegung heutige Linien 1883 Zoopark Anger ↔ Johannesstraße ↔ Magdeburger Allee ↔ Ilversgehofener Platz 2700 1, 5 1883 Ring Anger ↔ Bahnhofstraße ↔ Hauptbahnhof 500 1, 3, 4, 6 1883 Ost-West Anger ↔ Regierungsstraße ↔ Brühler Garten 1000 2, 5 1883 Ost-West Brühler Garten ↔ Wilhelm-Külz-Straße ↔ Wilhelm-Külz-Straße/Dalbergsweg 400 1978 1883 Ost-West Wilhelm-Külz-Straße/Dalbergsweg ↔ Dalbergsweg ↔ Pförtchenbrücke 300 1964 1883 Ost-West Pförtchenbrücke ↔ Pförtchenstraße ↔ Steigerstraße/Ecke Reichartstraße 200 1924 1883 Ost-West Steigerstraße/Ecke Reichartstraße ↔ Steigerstraße ↔ Steigerstraße/Ecke Nerlystraße 300 6 1883 Ring Anger ↔ Schlösserstraße ↔ Fischmarkt ↔ Marktstraße ↔ Domplatz 800 3, 4, 6 1883 Europaplatz Domplatz ↔ Andreasstraße ↔ Andreastor 700 3, 6 1883 Nord-Süd Hirschgarten ↔ Löberstraße ↔ Kaffeetrichter 600 1939 1883 Thüringenhalle Kaffeetrichter ↔ Arnstädter Straße ↔ Thüringenhalle 1200 1 1893 Zoopark Ilversgehofener Platz ↔ Magdeburger Allee ↔ Bahnhof Erfurt-Nord 500 1, 5 1893 Europaplatz Andreastor ↔ Nordhäuser Straße ↔ Baumerstraße 500 3, 6 1893 Ring Hauptbahnhof ↔ Schillerstraße ↔ Kaffeetrichter 700 1, 6 1899 Nord-Süd Domplatz ↔ Lange Brücke ↔ Hirschgarten 600 1939 1899 Ring Domplatz ↔ Domstraße ↔ Mainzerhofstraße ↔ Brühler Straße ↔ Benaryplatz 1300 1978* (4) 1899 Ring Kaffeetrichter ↔ Schillerstraße ↔ Steigerstraße/Ecke Reichartstraße 800 6 1899 Ring Steigerstraße/Ecke Reichartstraße ↔ Reichartstraße ↔ Hochheimer Straße/Ecke Reichartstraße 200 1922* (6) 1899 Ring Pförtchenbrücke ↔ Straße des Friedens ↔ Brühlerwallstraße ↔ Benaryplatz 600 1922 1899 Ring Pförtchenbrücke ↔ Hochheimer Straße ↔ Hochheimer Straße/Ecke Reichartstraße 200 1964 1899 Europaplatz Baumerstraße ↔ Nordhäuser Straße ↔ Universität 600 3, 6 1903 Europaplatz Universität ↔ Nordhäuser Straße ↔ Klinikum 500 3, 6 1904 Ringelberg Anger ↔ Krämpferstraße ↔ Leipziger Platz ↔ Leipziger Straße ↔ Nordhäuser Bahnhof 1600 1922* (2) 1904 Weimarische Straße Anger ↔ Trommsdorffstraße ↔ Schmidtstedter Brücke ↔ Weimarische Straße ↔ Weimarische Straße/Abzweig Rudolstädter Straße 1300 1922 1904 Messe Benaryplatz ↔ Gothaer Platz ↔ Gothaer Straße ↔ Gothaer Straße/Ecke Meineckestraße 400 2 1912 Ostring Magdeburger Allee ↔ Breitscheidstraße ↔ Rosa-Luxemburg-Straße ↔ Liebknechtstraße ↔ Leipziger Platz ↔ Thälmannstraße ↔ Schmidtstedter Brücke ↔ Willy-Brandt-Platz ↔ Hauptbahnhof 2800 1973 1912 Urbicher Kreuz Hauptbahnhof ↔ Windthorststraße ↔ Häßlerstraße 1000 3, 4 1912 Urbicher Kreuz Häßlerstraße ↔ Friedrich-Ebert-Straße ↔ Käthe-Kollwitz-Straße 900 1918* (3), (4) 1924 Ost-West Angerbrunnen ↔ Neuwerkstraße ↔ Karl-Marx-Platz 500 2, 5 1924 Ost-West Karl-Marx-Platz ↔ Dalbergsweg ↔ Wilhelm-Külz-Straße/Dalbergsweg 300 1978 1924 Ost-West Hochheimer Straße/Ecke Reichartstraße ↔ Hochheimer Straße ↔ Hochheimer Straße/Ecke Nerlystraße 200 6 1934 Bindersleben Gothaer Platz ↔ Heinrichstraße ↔ Binderslebener Knie 600 1980 1934 Bindersleben Binderslebener Knie ↔ Binderslebener Landstraße ↔ Hauptfriedhof 1200 4 1935 Urbicher Kreuz Häßlerstraße ↔ Friedrich-Ebert-Straße ↔ Pachelbelstraße 600 3, 4 1935 Urbicher Kreuz Pachelbelstraße ↔ Friedrich-Ebert-Straße ↔ Käthe-Kollwitz-Straße 300 1979 1960 Messe Gothaer Straße/Ecke Meineckestraße ↔ Gothaer Straße ↔ ega 1100 2 1963 Ring Steigerstraße/Ecke Reichartstraße ↔ Reichartstraße ↔ Hochheimer Straße/Ecke Reichartstraße 200 6 1963 Ost-West Hochheimer Straße/Ecke Nerlystraße ↔ Nerlystraße ↔ Steigerstraße/Ecke Nerlystraße 200 6 1973 Europaplatz Klinikum ↔ Pappelstieg 300 19811 1974 Europaplatz Klinikum ↔ Nordhäuser Straße ↔ Warschauer Straße 800 3, 6 1974 Europaplatz Warschauer Straße ↔ Vilniuser Straße ↔ Rieth 1100 1, 6 1978 Europaplatz Warschauer Straße ↔ Nordhäuser Straße ↔ Europaplatz 1500 1, 3 1978 Ost-West Karl-Marx-Platz ↔ Lutherstraße ↔ Brühler Garten ↔ Melanchtonstraße ↔ Gorkistraße ↔ Brühler Straße ↔ Gothaer Platz 1100 2 1979 Urbicher Kreuz Pachelbelstraße ↔ Arbeitsamt 200 3, 4 1980 Bindersleben Gothaer Platz ↔ Rudolfstraße ↔ Binderlebener Landstraße ↔ Binderslebener Knie 900 4 1981 Urbicher Kreuz Arbeitsamt ↔ Melchendorfer Straße ↔ Kranichfelder Straße ↔ Sozialversicherungszentrum 1100 3, 4 1983 Urbicher Kreuz Sozialversicherungszentrum ↔ Kranichfelder Straße ↔ Abzweig Wiesenhügel 1000 3, 4 1983 Urbicher Kreuz Abzweig Wiesenhügel ↔ Melchendorf 400 3 1985 Urbicher Kreuz Abzweig Wiesenhügel ↔ Am Wiesenhügel ↔ Wiesenhügel 800 4 1987 Urbicher Kreuz Melchendorf ↔ Drosselberg ↔ Buchenberg ↔ Windischholzhausen 1400 3 1989 Urbicher Kreuz Windischholzhausen ↔ Urbicher Kreuz 600 3 1990 Zoopark Bahnhof Erfurt-Nord ↔ Magdeburger Allee ↔ Grubenstraße 400 5 1992 Zoopark Grubenstraße ↔ Stotternheimer Straße ↔ Am Roten Berg ↔ Roter Berg ↔ Zoopark 2500 5 1998 Ringelberg Anger ↔ Krämpferstraße ↔ Krämpfertor 400 2 2000 Ringelberg Krämpfertor ↔ Krämpferstraße ↔ Leipziger Platz ↔ Leipziger Straße ↔ Walter-Gropius-Straße ↔ Ringelberg 4200 2 2001 Ring Domplatz ↔ Domstraße ↔ Mainzerhofstraße ↔ Brühler Straße ↔ Gothaer Platz 1400 4 2001 Messe ega ↔ Gothaer Straße ↔ P+R Messe 1200 2 2005 Bindersleben Hauptfriedhof ↔ Binderslebener Landstraße ↔ Flughafen ↔ Bindersleben 3400 4 2007 Ilversgehofen-Rieth Magdeburger Allee ↔ Vollbrachtstraße ↔ Riethstraße ↔ Mainzer Straße ↔ Rieth 1200 1 * Strecke wurde später wiedereröffnet
1zu Betriebsstrecke umgewandeltHeutiges Liniennetz
Das heutige Liniennetz der Erfurter Stadtbahn besteht aus sechs Linien, die sich am Anger im Stadtzentrum treffen.
Tagesnetz
Mit Einweihung der letzten Teilstrecke des Stadtbahnprogramms am 5. Oktober 2007 trat ein neu geordnetes Tagesnetz mit einem 10-Minuten-Takt auf allen Linien in der Hauptverkehrszeit mit folgenden Linien in Kraft. Ebenfalls in den 10-Minuten-Takt eingebunden ist eine einzige Buslinie, die daher auch eine einstellige Liniennummer erhielt. Es ist die Linie 9, die von Daberstedt über den Hauptbahnhof, die Liebknechtstraße und den Johannesplatz zum Nordbahnhof führt.
Im Tagesverkehr erreicht die Stadtbahn eine relativ hohe Pünktlichkeit, da sie zum überwiegenden Teil auf vom Individualverkehr getrennten Trassen und Straßen, die nur für den Anwohnerverkehr freigegeben sind, verkehrt. Bei hohem Verkehrsaufkommen wird vor allem der Bereich südlich und westlich des Kaffeetrichters (Linien 1 und 6) zur Schwachstelle, da die Bahnen hier teils ungetrennt vom sonstigen Verkehr auf den Bundesstraßen 4 und 7 verkehren. Bei sehr hohem Verkehrsaufkommen kommt es auch auf der Andreasstraße/Nordhäuser Straße zwischen Domplatz und Bergstraße (Linien 3 und 6) zu Verkehrsstau, der die Straßenbahn beeinträchtigen kann. Ein weiteres Problem stellen Falschparker in der Innenstadt dar, die zu nah an den Straßenbahngleisen parken und dadurch die Bahn am Vorbeikommen hindern.
Linie Strecke Länge (km) Fahrzeit (min) Stationen 1* Europaplatz ↔ Rieth ↔ Salinenstraße ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Thüringenhalle 9,4 29 22 2 P+R Messe ↔ ega ↔ Anger ↔ Hanseplatz/FH ↔ Ringelberg 9,2 24 20 3 Europaplatz ↔ Universität ↔ Domplatz Nord ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Urbicher Kreuz 12,3 36 27 4** Bindersleben ↔ Flughafen ↔ Hauptfriedhof ↔ Domplatz Süd ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Wiesenhügel 12,8 39 28 5 Zoopark ↔ Anger ↔ Brühler Garten/Lutherstraße 7,0 21 17 6 Rieth ↔ Universität ↔ Domplatz Nord ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Steigerstraße 7,4 25 17 *An Sonn- und Feiertagen nur bis/ab Rieth in Richtung Thüringenhalle bzw. von Thüringenhalle kommend.
**Der Abschnitt Bindersleben ↔ Hauptfriedhof wird tagsüber teilweise nur im 20-Minuten-Takt bedient. In Früh- und Spätspitzen werktags normal im 10-Minuten-Takt.
Nachtnetz
Das Nachtnetz verkehrt täglich in den Abend- und Nachtstunden zwischen 21:00 Uhr und 1:00 Uhr zusammen mit der Nachtbuslinie N9. An den Wochenendnächten verkehren zudem die Linien N3, N5 und die Nachtbuslinie N33 zwischen 1:00 Uhr und 5:00 Uhr.
Linie Strecke N1 Rieth ↔ Salinenstraße ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Thüringenhalle N2 P+R Messe ↔ ega ↔ Anger ↔ Hanseplatz/FH ↔ Ringelberg N3 Europaplatz ↔ Rieth ↔ Universität ↔ Domplatz Nord ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Wiesenhügel ↔ Urbicher Kreuz N4 Bindersleben ↔ Flughafen ↔ Hauptfriedhof ↔ Domplatz Süd ↔ Anger ↔ Hauptbahnhof ↔ Steigerstraße Hauptfriedhof ↔ Domplatz Süd ↔ Anger (Sonn- & Feiertagmorgen)
N5 Zoopark ↔ Anger ↔ Brühler Garten/Lutherstraße Integration ins öffentliche Verkehrsnetz
Eng verknüpft mit dem Stadtbahn-Netz ist das Stadtbus-Netz der EVAG, das die dörfliche Umgebung Erfurts erschließt, wobei viele Linien an Endstellen der Stadtbahn enden, sodass innerstädtische Parallelverkehre und damit zusätzliche Verkehrsbelastung und Kosten vermieden werden. Seit 2006 gibt es den Verkehrsverbund Mittelthüringen, dessen Preissystem EVAG-Fahrten und Fahrten mit der Eisenbahn (DB, Erfurter Bahn, Südthüringenbahn) verknüpft. Allerdings stellt der Hauptbahnhof den einzigen Verknüpfungspunkt zwischen Eisenbahnnetz und Stadtbahnnetz dar. Am Nordbahnhof verkehrt zwar eine Stadtbahn, jedoch hält diese in einiger Entfernung zum Bahnhof. An anderen Stellen, wo sich Stadtbahn und Eisenbahn treffen (z.B. in der Schillerstraße und in der Leipziger Straße) gibt es keine Eisenbahn-Haltepunkte, wenngleich ihre Errichtung (zumindest an der Leipziger Straße) möglich wäre.
Geschichte
Die Anfänge als Pferdestraßenbahn (1883−1894)
Bis 1873 war Erfurt eine Festungsstadt, deren Grenze die Stadtbefestigung aus dem 15. Jahrhundert war. Als die Mauern abgerissen wurden, konnte sich die Stadt auch nach außen ausdehnen und wachsen, womit die Entfernungen größer wurden und sich die Frage nach einem öffentlichen Nahverkehrssystem stellte. So kamen ab 1880 erste Pläne zum Bau einer Straßenbahn auf, die vor allem vom Erfurter Bürgermeister Richard Breslau und dem Bürgermeister Ilversgehofens, Friedrich Filß vorangetrieben wurden. Dem damaligen Stand der Technik entsprechend, wurde bis 1883 eine Pferdestraßenbahn erbaut, die zu Pfingsten des gleichen Jahres (13. Mai 1883) in Betrieb genommen wurde. Die Betriebsführung oblag der Erfurter Straßenbahn AG, einer privaten Aktiengesellschaft. Auf den drei Linien fuhren im 5-Minuten-Takt (dichtester Takt) bis 20-Minuten-Takt (dünnster Takt) Pferdebahnen des dänischen Herstellers Scandia aus Randers, die nicht an Haltestellen, sondern auf Zuruf hielten. Wenig später wurden dann allerdings Haltestellen eingeführt, um für höhere Sicherheit zu sorgen. Der Betriebshof wurde an der Magdeburger Allee eingerichtet. Die Rote Linie verkehrte vom Ilversgehofener Platz über den Anger, die Regierungsstraße und die Pförtchenstraße zur Steigerstraße (damals war die Endhaltestelle nach dem dortigen Ausflugslokal „Flora“ benannt). Die Grüne Linie fuhr vom Anger über den Hirschgarten und die Löberstraße zur heutigen Thüringenhalle (damals hieß die Endhaltestelle noch „Schießhaus“) und wurde bereits im Spätherbst 1883 eingekürzt, dann begann sie nicht mehr am Anger, sondern am Hirschgarten. Um die Steigung auf der Arnstädter Straße zu bewältigen, mussten in der Löberstraße zusätzliche Pferde vorgespannt werden. Die dritte Linie war als Gelbe Linie geplant, ging dann allerdings als Weiße Linie in Betrieb und führte vom Andreastor über Domplatz und Anger zum Hauptbahnhof.
Die elektrische Straßenbahn bis zum Ersten Weltkrieg (1894–1918)
Inzwischen war Erfurt von 55.000 Einwohnern auf 76.000 Einwohner angewachsen und die Pferdestraßenbahn konnte den Verkehrsbedürfnissen nicht mehr gerecht werden. Deshalb wurde am 6. September 1893 ein Kaufvertrag mit der Union-Elektricitäts-Gesellschaft (später AEG) aus Berlin geschlossen, die die Bahn für 310.000 Mark kaufte und bis 1894 elektrifizierte. So fuhr drei Jahre nach der Eröffnung der ersten elektrischen Straßenbahn in Halle auch in Erfurt eine durch Strom angetriebene Straßenbahn. Erste Probefahrten wurden am 28. Mai 1894 durchgeführt, bevor am 1. Juni 1894 der elektrische Regelbetrieb begann. Allerdings erfolgte der Wechsel nicht abrupt, sondern über einige Monate hinweg bis zum 20. August 1894. Einige der alten Pferdebahnwagen wurden zu elektrischen Trieb- oder Beiwagen umgebaut. Das Straßenbahnnetz war noch immer eingleisig mit Ausweichstellen angelegt, was sich als äußerst hinderlich erwies. So begann 1912 der stufenweise Ausbau aller Strecken auf zwei Gleise. Da der Anschluss verschiedener Vororte, etwa Hochheim oder Melchendorf ans Straßenbahnnetz nicht rentabel erschien, wurde bis 1913 ein Plan für ein ergänzendes Omnibusnetz erstellt. Dessen Realisierung sowie den weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes verhinderte jedoch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Im Krieg diente die Straßenbahn auch dem Transport von Soldaten, Gütern und Verwundeten (hierfür wurden Lazarettwagen eingerichtet) vom und zum Hauptbahnhof, dem Krankenhaus in der Nordhäuser Straße und den Kasernen am Südrand der Stadt. Eine Fahrt kostete damals 15 Pfennig, ein Tarif, der bis zum Ende der DDR 1989 Gültigkeit besaß.
Die Entwicklung der Straßenbahn zwischen den Weltkriegen (1918–1945)
1920 erwarb die Stadt Erfurt die Mehrheit der in finanzielle Schieflage geratenen Erfurter Elektrischen Straßenbahn AG, womit die Straßenbahn in städtisches Eigentum überging. Dieser Schritt war in der damaligen Zeit üblich und vollzog sich auch in den meisten anderen deutschen Städten (z.B. kommunale Übernahme der Leipziger Verkehrsbetriebe 1919). Eine neue Farbgebung erhielten die Straßenbahnen 1921. Bisher waren sie rot und beige, jetzt wurden die Wagen in weiß lackiert und erhielten schwarze Zierstreifen, was bis 1957 so beibehalten wurde. In der Zeit zwischen 1918 und 1922 wurden einige Straßenbahnabschnitte abgebaut, im Sinne der Entmilitarisierung besonders solche, die zu Kasernen führten, aber auch solche, die unrentabel geworden waren. Erst 1924 konnte wieder investiert werden, vor allem in den weiteren zweigleisigen Ausbau des Netzes, der 1930 abgeschlossen wurde, und in die Beschaffung neuer Fahrzeuge. 1925 griff man auch die Pläne der Vorkriegszeit für ein ergänzendes Omnibusnetz wieder auf und eröffnete erste Strecken. Die Erfurter Straßenbahn wuchs, wie die inzwischen 140.000 Einwohner zählende Stadt, weiter, sodass 1930 der zweite Betriebshof an der Nordhäuser Straße eingeweiht wurde. Im gleichen Jahr wurden die bisher nach Farben benannten Linien auf ein Nummernsystem umgestellt.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde zunächst bis 1935 die 1918 abgebaute Straßenbahnstrecke zur Jägerkaserne im Süden der Stadt wiederhergestellt, außerdem wurden Strecken zu den beiden Flugplätzen der Stadt in Bindersleben und am Roten Berg projektiert, deren Bau jedoch nicht vollzogen wurde. Ab 1936 wurden alle Fahrzeuge für die Straßenbahn bei der Gothaer Waggonfabrik bezogen, die billiger und zuverlässiger produzierte, als andere Wagenhersteller. Bis 1944 wurden so 36 neue Trieb- und Beiwagen erworben. Außerdem erhielten in dieser Zeit die ersten Weichen einen elektrischen Antrieb, was den Betrieb vereinfachte. 1936 begannen Angestellte der Straßenbahn mit Überlegungen zur Konstruktion von Einheitstriebwagen, die nach dem Krieg fortgesetzt wurden und 1957 mit dem ersten Gothawagen Realität wurden. So wurde aus einer Kooperation der Erfurter Straßenbahn mit der Gothaer Waggonfabrik der DDR-Einheitstriebwagen, der bis zur Ablösung durch Tatra-Straßenbahnen 1967 das Bild der Straßenbahnen in der DDR prägte. Ende der 1930er-Jahre begann man auch mit dem Bau erster Wendeschleifen an den Streckenenden, die den Betrieb mit Einrichtungstriebwagen ermöglichen sollten. Im April 1945 wurde das Straßenbahnnetz durch Artilleriebeschuss beschädigt, sodass der Betrieb eingestellt werden musste.
Die Straßenbahn bis zum ersten „Generalverkehrsplan“ (1945–1970)
1946 wurde der Betrieb der Straßenbahn wieder aufgenommen, allerdings blieben Unsicherheiten durch ständige Stromabschaltungen bis 1951, die den Verkehr beeinträchtigten. Die Erfurter Straßenbahn diente in der Zeit nach dem Krieg auch zum Abtransport von Schutt aus der Innenstadt zu den Schuttplätzen am Stadtrand. Dafür wurden an Triebwagen Lorenwagen angehängt. Eine weitere ungewöhnliche Aufgabe war auch der Leichentransport per Straßenbahn-Leichenwagen zum Hauptfriedhof am westlichen Rand der Stadt. Weltweit gab es solche Leichenwagen nur in Erfurt und in Durban (Südafrika). 1948 wurde neben Straßenbahn und Omnibus ein drittes öffentliches Verkehrsmittel in Erfurt eingeführt: der Oberleitungsbus Erfurt, der bis 1975 betrieben wurde.
1951 wurde aus dem Kommunalen Wirtschaftsunternehmen der VEB Erfurter Verkehrsbetriebe. In den 1950er-Jahren setzte eine Erholung ein und die Straßenbahn erwirtschaftete steigende Gewinne. Es wurden nun auch die letzten Streckenenden mit Wendeschleifen versehen, dennoch wurde die Straßenbahn zunehmend als langsam und rückständig empfunden. Ihr Streckennetz wies noch ähnliche Strukturen wie zur Eröffnung 1883 auf und war im Wesentlichen auf die Innenstadt beschränkt, womit ein zeitgemäßer Betrieb schwierig wurde. Dies änderte sich erst mit den Generalverkehrsplänen der 1970er-Jahre, die einen Modernisierungsschub brachte.
Der Ausbau zur Schnellstraßenbahn in die neuen Plattenbaugebiete (1970–1992)
Einen entscheidenden Eingriff in die Stadtstruktur Erfurts stellte die Errichtung der Wohngebiete Erfurt-Nord (50.000 Einwohner) und Erfurt-Südost (40.000 Einwohner) in den 1970er- und 1980er-Jahren dar. Dadurch verschoben sich die Vekehrsbedürfnisse erheblich, worauf auch die Erfurter Verkehrsbetriebe reagieren mussten. So wurden alte, enge Strecken in der Innenstadt stillgelegt und vom Individualverkehr getrennte Neubaustrecken zu den neu errichteten Stadtteilen gebaut. Die Strecke ins Rieth (Stadtteile Berliner Platz und Rieth) wurde 1974 gebaut, die zum Europaplatz 1978 (Stadtteil Moskauer Platz), die zum Urbicher Kreuz 1979–1987 (Stadtteile Herrenberg und Melchendorf), die zum Wiesenhügel 1985 (Stadtteil Wiesenhügel) und die zum Zoopark 1990–1992 (Stadtteil Roter Berg). Damit wurde ein erster Schritt in Richtung der heutigen Stadtbahn, die so weit wie möglich vom Individualverkehr getrennt fahren soll, getan. Einher ging mit dem Ausbau des Streckennetzes auch die komplette Umstellung des Fuhrparks. 1975 wurden die ersten Bahnen vom Typ Tatra KT4 beschafft, die bis 1987 die alten Gothawagen ablösten. Insgesamt wurden 156 Wagen dieses Typs beschafft. 1988 wurde ein weiterer Betriebshof gebaut, diesmal am Urbicher Kreuz im Südosten der Stadt.
Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde aus dem VEB Erfurter Verkehrsbetriebe die Erfurter Verkehrsbetriebe AG (EVAG), die in städtischem Besitz blieb. Seit 1996 gehört die EVAG zu den Stadtwerken, die sie seit 2008 als SWE EVAG bezeichnen.
Aus der Straßenbahn wird eine Stadtbahn (1992–2007)
In den 1990er-Jahren war zunächst die Sanierung maroder Streckenabschnitte vordringlich. Außerdem wurden Haltestellen und Fahrgastinformationssysteme erneuert und der Fuhrpark modernisiert. Dazu wurden die Tatra-Bahnen umgebaut, außerdem ab 1994 die ersten Niederflurbahnen vom Typ MGT6D der Duewag beschafft. 2000 kam mit den Combinos von Siemens ein weiterer neuer Wagentyp hinzu. Außerdem wurden nach 1990 zum ersten Mal seit 1914 die Fahrpreise erhöht, von 15 Pfennig pro Fahrt auf ein Niveau, das einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichte.
1996 beschloss der Erfurter Stadtrat den Ausbau der Straßenbahn und deren Umbenennung in eine Stadtbahn. Es handelt sich in Erfurt jedoch nicht um eine klassische Stadtbahn, da sie nicht über Tunnelstrecken verfügt und teilweise ungetrennt vom sonstigen Straßenverkehr fährt. Das Stadtbahn-Baukonzept umfasste fünf Neubaustrecken, die das Netz nochmals erheblich vergrößerten. Zwischen 1997 und 2000 wurde die Strecke vom Anger über die Leipziger Straße zum Ringelberg im Osten gebaut. 2000/2001 errichtete man einen Lückenschluss zwischen dem Domplatz im Osten und dem Gothaer Platz im Westen durch das Brühl und verlängerte die Bahn vom egapark im Westen der Stadt bis zum P+R-Platz an der Messe Erfurt. Von 2002 bis 2005 wurde die Bahntrasse vom Hauptfriedhof im Westen der Stadt über den Flughafen Erfurt bis nach Bindersleben verlängert. Als letzte Neubaustrecke ging 2007 die Verbindung von der Haltestelle Salinenstraße an der Magdeburger Allee zum Rieth in Betrieb. Damit wurde das Stadtbahn-Bauprogramm abgeschlossen und ein neugeordnetes Liniennetz aus sechs Linien, die im 10-Minuten-Takt verkehren, eingeführt.
Fahrzeugpark
Traktion Beförderungskapazität
(Personen)Einsatz
(Linien im Tagnetz, werktags)2x KT4D 180 1 2 4 5 6 3x KT4D 270 3 4 1x MGT6D 172 1 2 4 5 6 2x MGT6D 344 4 1x 5er-Combino 155 1 2 4 5 6 1x 5er-Combino +
1x 3er-Combino260 3 4
(2 am Wochenende)2x 3er-Combino 210 Wochenende Die ersten Straßenbahnen in Erfurt wurden von vielen verschiedenen Herstellern bezogen und teilweise auch gebraucht aus anderen Städten gekauft. Ab 1936 wurden dann nur noch Fahrzeuge der Gothaer Waggonfabrik gekauft und dadurch der Fuhrpark vereinheitlicht. Die letzten Straßenbahnen aus Gothaer Produktion wurden 1967 nach Erfurt geliefert. Anschließend wurden bis 1990 alle Bahnen gemäß RGW-Vereinbarung vom Hersteller ČKD aus Prag bezogen. Nach der Wiedervereinigung konnte dann wieder Wettbewerb unter den Herstellern stattfinden, sodass seitdem Fahrzeuge von DUEWAG und Siemens angeschafft wurden. Beiwagen wurden nur bis 1968 neu erworben, später fanden lediglich noch einige Umbauten von Triebwagen in Beiwagen in Eigenregie statt, allerdings gehört der Einsatz von Beiwagen im Linienverkehr – anders als beispielsweise in Leipzig – bereits seit den 1980er-Jahren der Geschichte an.
KT4D
Zu Beginn der 1970er-Jahre entwickelte ČKD in Prag den Kurzgelenktriebwagen KT4D. Der Neupreis pro Fahrzeug betrug 344.000 Mark (1990). Der Triebwagen ist 18 Meter lang und besitzt einen Allradantrieb mit einer Leistung von 4 × 40 kW. Der KT4D hat ein Fassungsvermögen von 90 Fahrgästen[9]. Bis 1990 beschafften die Erfurter Verkehrsbetriebe 156 Tríebwagen[9].
Am 29. Juli 1981 wurde erstmalig in Deutschland die Dreifachtraktion erprobt. Ab Dezember 1981 wurde sie anfangs im Probebetrieb, nach einem Jahr dann im Planeinsatz gefahren. Der dann 57 Meter lange Zugverband hat eine Beförderungkapazität von etwa 270 Personen und ist 2007 unter anderem noch auf der Linie 3 im Einsatz[10].
Im Oktober 1981 wurde die Heck-an-Heck-Traktion in Erfurt eingeführt. Dadurch konnten Streckenabschnitte ohne Wendeschleife befahren werden.
Bis 2005 wurden fast alle Tatras modernisiert. Triebwagen 401 ist der letzte noch im Originalzustand erhaltene in Erfurt. Im März 2009 besitzt die EVAG noch 27 KT4D. Davon werden 20 Fahrzeuge im Linienverkehr eingesetzt, 6 sind abgestellt und ein Triebwagen wird im Sonderverkehr bei Stradtrundfahrten genutzt (Geburtstags-Straßenbahn, siehe unten). Die übrigen 129 Wagen wurden verschrottet oder verkauft, zunächst in andere Städte Ostdeutschlands, später auch nach ganz Osteuropa.
Als Besonderheit besitzen zwei KT4D einen zweiten Führerstand für den Baustellenverkehr. Da sie jedoch nur auf einer Seite Türen besitzen, werden sie als „unechte“ Zweirichtungsfahrzeuge bezeichnet.
MGT6D
1994 trafen die ersten Niederflurtriebwagen des Typs MGT6D (Zweirichtungsvariante) in Erfurt ein. Der Preis pro Fahrzeug betrug 3,3 Millionen DM. Das Fahrzeug ist 28,6 Meter lang und 2,3 Meter breit. Im MGT6D (Einrichtungsvariante) finden 172 Personen Platz. Mit einer Leistung von 4 × 105 kW erreichen die Fahrzeuge eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Die niedrige Einstiegshöhe von 30 Zentimetern macht das Fahrzeug bei einem Niederfluranteil von 70 Prozent barrierefrei. In Erfurt sind 16 MGT6D (davon 4 Zweirichtungs- und 12 Einrichtungsfahrzeuge) im Linienbetrieb. Die Wagen können in Doppeltraktion fahren, werden jedoch sehr selten in dieser eingesetzt. Problematisch sind die lediglich vorhandenen drei Türen pro Fahrzeug, die einen zügigen Fahrgastaustausch erschweren. Aus diesem Grund wurde auch von einer weiteren Beschaffung abgesehen, weshalb die EVAG anschließend auf den Kauf von Combino-Bahnen umstieg.
Combino
Im Jahr 2000 kaufte die EVAG die ersten Combinos. Die sind zu 100 % niederflurig und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Das Einrichtungsfahrzeug gibt es in Erfurt als drei- und fünfteiligen Gelenktriebwagen. Die fünfteiligen Combinos haben ein Fassungsvermögen von 155 Personen[11]. Die dreiteilige Versionen haben vier Türen und sind für 105 Personen zugelassen. Auf der Linie 3 fahren die Combinos von Montag bis Freitag fast ausschließlich in Doppeltraktion mit dem fünf- und dreiteiligen Typ. Auf den anderen Linien sind sie meist in Einzeltraktion im Einsatz. Die EVAG betreibt 48 Combinos (36 Fünfteilige und 12 Dreiteilige). Die Anschaffung von 12 weiteren dreiteiligen Combinos ist für 2011 geplant. [12]
Sonderfahrzeuge
Die EVAG besitzt zusätzlich noch einige Sonderfahrzeuge. Zum einen sind dies zur Streckenwartung notwendige Fahrzeuge, zum anderen historische Triebwagen für touristische Zwecke. [13]
Zu den eingesetzten Arbeitsfahrzeugen gehört ein Schneepflug (umgebauter T2D, Baujahr 1967) und ein Triebwagen für Wartungsarbeiten an der Fahrleitung (aus zwei G4-65 zusammengesetzt, Baujahr 1965/67). Ein Schienenschmierwagen vom Typ Tatra KT4 wurde bis 2006 benutzt und ist seitdem abgestellt.
Zu den historischen Triebwagen, die beispielsweise für Stadtrundfahrten genutzt werden, gehören:
- ein Gothawagen T2 von 1938 aus der Gothaer Waggonfabrik, der bis 1965 in Erfurt im Liniendienst war, danach in Eisenach und in Gotha (bis 1980)
- ein T2D von 1967, entwickelt von der Gothaer Waggonfabrik und gebaut von ČKD in Prag, der bis 1992 in Gotha im Liniendienst war
- zwei Gothawagen G4-65 von 1965 und 1967 aus der Gothaer Waggonfabrik, die bis 1992 bzw. 2000 in Gotha im Liniendienst waren, außerdem zwei dazugehörige Beiwagen von 1967 und 1969, die ebenfalls in Gotha im Liniendienst waren, von denen einer zum Cabriowagen umgebaut wurde
- ein KT4D von 1986, der 2003 zum Geburtstagswagen „120 Jahre Erfurter Nahverkehr“ umgebaut wurde
Betriebshöfe und Wendeschleifen
Die EVAG unterhält für die Erfurter Stadtbahn drei Betriebshöfe. Der älteste befindet sich an der Magdeburger Allee, Höhe Lutherkirche (an den Linien 1 und 5), der zweite an der Nordhäuser Straße, Höhe Klinikum (an den Linien 3 und 6) und der größte und neueste am Urbicher Kreuz im Südosten Erfurts (Endstelle der Linie 3).
Die meisten Fahrzeuge der Stadtbahn Erfurt sind Ein-Richtungs-Fahrzeuge, das heißt sie benötigen eine Wendeschleife, um umzukehren. Deshalb befinden sich in Erfurt an den Endhaltestellen Europaplatz (1/3), Thüringenhalle (1), Ringelberg (2), P+R-Platz Messe (2), Urbicher Kreuz (3), Bindersleben (4), Wiesenhügel (4), Zoopark (5) und Rieth (6) Wendeschleifen. Durch eine Blockumfahrung (eingleisige Streckenführung auf verschiedenen Straßen) besteht am Brühler Garten (5) und an der Steigerstraße (6) die Möglichkeit zu wenden. Zusätzliche Wendeschleifen befinden sich am Pappelstieg (3/6), an der Grubenstraße (5), am Domplatz (3/4/6), an der Neuwerkstraße (2/5), an der Güntherstraße (4), am Hauptfriedhof (4), am Löberwallgraben/Hauptbahnhof (1/3/4/6), an der Agentur für Arbeit (3/4), am Sozialversicherungszentrum (3/4) und in Melchendorf (3). Insgesamt gibt es 21 Wendeschleifen.[14]
Literatur
- Hans Wiegard: Die Erfurter Straßenbahn – Nahverkehr in Thüringens Hauptstadt. GeraMond Verlag, München 2001, ISBN 3-7654-7190-9.
Weblinks
- Homepage der EVAG
- Informationen der EVAG zum Ausbau der Straßenbahn zur Stadtbahn
- Netzplan (PDF)
- 125 Jahre Straßenbahn in Erfurt, Artikel aus dem Straßenbahnmagazin (7/2008)
- Private Webseite mit einer umfangreichen Fotogalerie und Informationen
- Private Webseite mit Wagenparklisten und Bildern
Einzelnachweise
- ↑ Streckenportrait bei Drehscheibe Online
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- ↑ Streckenportrait bei Drehscheibe Online
- ↑ Streckenportrait bei Drehscheibe Online
- ↑ Streckenportrait bei Drehscheibe Online
- ↑ Streckenportrait bei Drehscheibe Online
- ↑ Streckenportrait bei Drehscheibe Online
- ↑ Vermessen mit Google Maps
- ↑ a b erfurter-strassenbahn.de KT4D
- ↑ erfurter-strassenbahn.de Sichtungen
- ↑ erfurter-strassenbahn.de Combino
- ↑ Informationen zu den Erfurter Combinos auf erfurter-strassenbahn.de
- ↑ Übersicht der Sonderfahrzeuge bei erfurter-strassenbahn.de
- ↑ Gleisplan
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