Stó:lô

Stó:lô
Stó:lō-Frau

Die Stó:lō (gelegentlich auch Stó:lô oder Staulo) sind eine der First Nations am Fraser River in British Columbia. Zu ihnen gehören 19 verschiedene Gruppen, mit insgesamt rund 4.800 Angehörigen (August 2008). Sie sprechen Halkomelem, eine Sprache, die die Küsten-Salish sprechen. Der Name Sto:lo bedeutet „Leute vom (Fraser-)Fluss“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

- s. a. Geschichte der Küsten-Salish

Das Frasertal ist schon sehr lange bewohnt. Fundorte, wie die Milliken Site bei Yale und die Glenrose Cannery an der Mündung des Flusses weisen auf eine Jäger- und Sammlerbevölkerung hin. Traditionell nehmen die Sto:lo an, dass sie schon immer dort gelebt haben. Permanente Behausungen lassen sich schon ab etwa 3.000 v. Chr. nachweisen. Ungewöhnlich sind die Mounds, die mit Hilfe von Holzelementen stabilisiert wurden.

Wie die meisten Stämme der Nordwestküste, so gab es auch bei den Sto:lo eine beherrschende Gruppe, die Sí:yá:m, die häufig mit dem Adel gleichgesetzt wurden, weil sie einige Charakteristika mit diesem Stand teilten, dazu kamen einfache Stammesmitglieder und Sklaven. Der Síyá:m war jedoch eher das angesehenste und mächtigste, häufig auch reichste Mitglied einer Familie. Zu Ansehen konnte man aber auch über Jagderfolge gelangen, und so zum Tewit werden, dem besten Jäger. Er war während der entsprechenden Saison der Anführer der Jagdgruppe. Ähnlich wie bei den Nuu-chah-nulth, bei denen es zeitweise eine Art Oberhäuptling, den Tyee, gab, so gab es diesen auch bei den Sto:lo. Hier hieß er jedoch Yewal Síyá:m.

Die Sto:lo beteiligten sich, ähnlich wie die anderen Küstenvölker am Fernhandel, doch bauten sie die notwendigen Kanus nicht selbst, sondern erwarben sie bei anderen Stämmen.

Briten

Noch vor Ankunft der ersten Europäer erreichte die Sto:lo 1782 die erste Pockenwelle. Daneben grassierten später Masern (1848), Tuberkulose und Grippe (1849). Wie stark die Bevölkerung zurückgegangen ist, lässt sich nicht mehr ermessen, doch dürften, nach den Erfahrungen späterer Epidemien, die Verluste von 1782 weit über einem Drittel gelegen haben. In welcher Weise die Kultur der Sto:lo davon betroffen war, lässt sich nur durch Vergleichsstudien ermitteln.

Stó:lō-Fischer am Fraser River

Der erste Europäer in der Region war wohl Simon Fraser, der den nach ihm benannten Fraser River 1808 befuhr. Er dürfte bereits eine stark veränderte Kultur angetroffen haben.

Ab 1827 gründete die Hudson's Bay Company Fort Langley (1827), Fort Simpson (1831) und Fort Yale (1848) sowie weitere Posten. Ihr Erfolg bei der Beschaffung von Pelzen und bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln hing von der Kooperationsbereitschaft der umgebenden Stämme ab. Der notwendige Lachs stammte aus dem Fraser und dem Chilliwack River sowie dem Harrison River und ihren Nebenflüssen. Die Forts boten eine gewisse Sicherheit für die Sto:lo, denn sie schützten sie vor den Angriffen anderer Stämme, wie der Lekwiltok. Zudem sorgten die Ärzte von Fort Langley für einen Schutz gegen die Pockenepidemie von 1830. Darüber hinaus arbeiteten Stó:lo für die Hudson's Bay Company entlang ihrer Trails als Fallensteller, Packer, Führer, Ruderer, Postkuriere und Köche. Die Zahl der nicht-indianischen Händler blieb zunächst gering.

Goldrausch, Übergriffe, Verdrängung

Für die Sto:lo-Gruppen war die Situation bis 1858 durchaus vorteilhaft. Doch mit den Goldfunden von 1858 kamen Tausende von Goldsuchern an den Fraser und fuhren flussaufwärts bis Yale, von wo sie drei Jahre später weiter zu den Cariboo-Goldfeldern zogen. Daher waren die weiter flussaufwärts wohnenden Sto:lo besonders heftig von der Brutalität und Rücksichtslosigkeit der Neuankömmlinge betroffen. Captain Charles Rouse zerstörte beispielsweise fünf Vorratslager mit Beeren und Lachs bei Spuzzum. Seine Männer töteten bis zu 37 Indianer. Die etwa dreißig Stämme in dieser Region verloren ihr Land weitgehend und wurden nach und nach um ihre Rechte, selbst das auf Selbstversorgung aus ihrer natürlichen Umgebung gebracht (s. Tait). Die Bezeichnung für die Weißen änderte sich in Xwelitem, die Hungrigen. Der erste Schritt zu dieser Entrechtung und Veränderung ihrer Kultur bestand darin, sie an bestimmte Orte zu binden, und Winterlager, Vorratsstätten und dergl. zu verbieten. Darüber hinaus zerschnitt man die stark auf Verwandtschaft gegründeten Beziehungen durch die zwangsweise Zuordnung zu einem „Stamm“ („tribe“).

Das System Trutch

Als Joseph Trutch 1864 Hauptverantwortlicher für Indianerfragen wurde, ließ er das Land der Indianer in seinem Zuständigkeitsbereich um über 90 % verkleinern. Trutch behauptete, die Indianer hätten keinen Anspruch auf Land, während die Bundesregierung dieses Recht anerkannte. 1876 erkannte eine Kommission 82 überwiegend winzige Reservate (Indian Reserves) an, vor allem bei den Küsten-Salish.

1884 ereignete sich einer der zahlreichen Zwischenfälle an der Grenze, die sowohl die Spannungen zwischen Weißen und Sto:lo, als auch die zwischen Kanada und den USA immer wieder verschärften. Am 24. Februar 1884 zog ein wütender Mob aus Washington über die kanadische Grenze und lynchte den gerade 14-jährigen Louie Sam, einen Sto:lo. Er war verdächtigt worden, den Ladenbesitzer James Bell im Nooksack (später Whatcom) County ermordet zu haben. Die Sto:lo hatten den Jungen in gutem Glauben an die Polizei ausgeliefert. Der Deputy aus British Columbia konnte den Mob nicht daran hindern, ihn an einem Baum direkt an der Grenze aufzuhängen. Eine kanadische Untersuchungskommission stellte seine Unschuld fest, und dass zwei der Lynchmörder James Bell ermordet hatten.[1]

Aktuelle Situation

Die Stó:lō Declaration von 1977 wurde von 24 First Nations unterzeichnet. 21 von ihnen traten später in den so genannten BC Treaty Process ein, den sechsstufigen Vertragsprozess zwischen British Columbia und den First Nations der Provinz, von dem wiederum vier zurücktraten.

Im August 1995 traten auch die Sto:lo in diesen Prozess ein. Die Indian Claims Commission veröffentlichtte am 22. Februar einen ersten Bericht über die Auseinandersetzungen im Fall der Sumas First Nation. Ihnen wurde 1910 ein Gebiet von 41,9 Acre aus dem Sumas Reserve No. 6 entzogen, um Land für den Eisenbahnbau zu gewinnen. Als diese kurzlebige Eisenbahnlinie 1927 aufgegeben wurde, durften die Sumas dennoch nur ein Drittel des entzogenen Landes zurückkaufen, während die weißen Siedler ihr Land für einen symbolischen Preis von einem Dollar erwerben durften. Auf dem Land siedelte sich zudem ein Kunststoffverarbeiter an, die Flex Lox Industries. Sie verursacht einen entsprechenden Güterverkehr und Umweltrisiken, die die zu dieser Zeit 225 Mitglieder des Stammes ertragen müssen, denn 70 % von ihnen leben unmittelbar angrenzend.

Nachdem von 1982 bis 1988 Verhandlungen erfolgten, lehnte das Department of Indian Affairs and Northern Development den Anspruch der Sumas auf Rückgabe ab. Der Stamm beauftragte im September 1993 die Indian Claims Commission eine Untersuchung anzustellen. Sie empfahl Kanada dringend, den Fall zu klären und das Gebiet zurückzugeben, bzw. für Kompensation zu sorgen. Die Verhandlungen laufen noch immer.

2005 kam es jedoch innerhalb der Sto:lo-Gruppe zu einem Zerwürfnis über die Vertragsverhandlungen und zwei verschiedene Stammesräte wurden gebildet. Der Stó:lō Nation schlossen sich elf Gruppen an, die die Verhandlungen fortsetzen wollten. Dies sind die Aitchelitz, Leq'a:mel, Matsqui, Popkum, Shxwhá:y Village, Skawahlook, Skowkale, Squiala, Sumas, Tzeachten und Yakweakwioose.

Dem Stó:lō Tribal Council, der keine weiteren Verhandlungen im Rahmen des BC Treaty Process führen will, schlossen sich Chawathil, Cheam, Kwantlen First Nation, Kwaw-kwaw-Apilt, Scowlitz, Seabird Island, Shxw'ow'hamel First Nation und Soowahlie an.

Reservate

Die Teilstämme, die Zahl der Reservate mit ihrer Gesamtfläche und die Zahl der Mitglieder finden sich in folgender Tabelle (Dezember 2007):[2]

  • Aitchelitz, 4 Reservate, gut 565 ha, 40 Mitglieder (27 im Reservat)[3]
  • Chawathil, 5 Reservate, 621,5 ha, 518 Mitglieder (285)[4]
  • Cheam, 3 Reservate, 473,2 ha, 469 Mitglieder (193)[5]
  • Kwantlen First Nation, 7 Reservate, 566 ha, 197 Mitglieder (63)[6]
  • Kwaw-kwaw-Apilt, 4 Reservate, 607 ha, 40 Mitglieder (27)[7]
  • Leq' a: mel First Nation: 11 Reservate, 490 ha, 339 Mitglieder (113)[8]
  • Matsqui, 5 Reservate, 430 ha, 231 Mitglieder (78)[9]
  • Popkum, 3 Reservate, 160 ha, 8 Mitglieder (1)[10]
  • Scowlitz, 4 Reservate, ha,[11] 223 Mitglieder
  • Seabird Island, 2 Reservate, 2.151 ha, 798 Mitglieder (488)[12]
  • Shxw'ow'hamel First Nation, 4 Reservate, 400 ha, 164 Mitglieder (71)[13]
  • Shxwhá:y Village, 5 Reservate, 799 ha, 319 Mitglieder (59)[14]
  • Skawahlook, 3 Reservate, 87 ha, 73 Mitglieder (6)[15]
  • Skowkale, 4 Reservate, 143 ha, 228 Mitglieder (144)[16]
  • Soowahlie, 3 Reservate, 633 ha, 350 Mitglieder (161)[17]
  • Squiala First Nation, 5 Reservate, 652 ha, 128 Mitglieder (85)[18]
  • Sumas First Nation, 2 Reservate[19], 245 ha, 242 Mitglieder
  • Tzeachten, 3 Reservate, 358 ha, 383 Mitglieder (223)[20]
  • Yakweakwioose, 3 Reservate, 96 ha, 63 Mitglieder (29)[21]

Rückkehr des ältesten Ahnensteins

Anfang 2007 kehrte nach über hundert Jahren eines der für die Sto:lo bedeutenden Objekte in sein Entstehungsgebiet zurück. Es war ein steinernes Monument, das die Kräfte des Schöpferahnen T'xwelatse symbolisierte. 1892 war es nach Seattle gebracht worden, wo es im Burke Museum gelandet war, dem anthopologischen Museum der Universität. Rund 100 Jahre später befragte ein Sto:lo namens Herb Joe, der zugleich den Namen des Ahnen trug, die Älteren nach dessen Ursprüngen und seiner Bedeutung. Sie gaben ihm den Auftrag, den Ahnenstein aus Seattle zurückzuholen.

Die Verhandlungen mit dem Museum und den Behörden zogen sich über 14 Jahre hin, und wurden dadurch erschwert, dass Rückgaben aus amerikanischen Museen nur an Stämme innerhalb der USA erfolgen dürfen. So schaltete Herb Joe die dort lebenden Küsten-Salish vom Stamm der Nooksack ein. Der Archäologe Dave Schaepe erbrachte inzwischen den Nachweis, dass der Stein im Burke Museum der gesuchte Ahnenstein war. Bei der Ankunft am Nooksack Community Centre wurde der Stein von 400 Menschen in Empfang genommen. Nach einer Woche überquerte der Stein die Grenze nach Kanada und wurde nahe seinem ursprünglichen Standort in Chilliwack von über 500 Menschen empfangen. Dazu wurden die selten zu sehenden Masken (sxwo:yxwey) getragen.[22]

Anmerkungen

  1. Nach HistoryLink: An American mob crosses the Canadian border and lynches 14-year-old Louie Sam, a member of the Sto:lo tribe, on February 24, 1884.
  2. Nach den Angaben des Department of Indian Affairs and Northern Development, First Nation Profiles (Auswahl British Columbia): [1].
  3. Nach den Angaben des Department of Indian Affairs and Northern Development, First Nation Profiles: [2].
  4. ibid.: [3].
  5. ibid.: [4].
  6. ibid.: [5].
  7. ibid.: [6].
  8. ibid.: [7].
  9. ibid.: [8].
  10. ibid.: [9].
  11. Williams 2, 9,7 ha; Squawkum Creek 3, 158 ha; Scowlitz 1, 69 ha; Pekw'xe:yles (Peckquaylis) 10,3 ha, das sich der kleine Stamm mit 20 anderen Stämmen teilt.
  12. ibid.: [10].
  13. ibid.: [11].
  14. ibid.: [12].
  15. ibid.: [13].
  16. ibid.: [14].
  17. ibid.: [15].
  18. ibid.: [16].
  19. Vor allem Upper Sumas 6 mit 234,6 ha.
  20. ibid.: [17].
  21. ibid.: [18].
  22. Nach dem Bericht von Sandra Shields: T'xwelatse Comes Home, in: Seattle Times, 28. Januar 2007.

Literatur

  • Crisca Bierwert: Tracery in the Mistlines: A Semiotic Account of Sto:lo Culture, PhD Dissertation, University of Washington 1986
  • Keith Thor Carlson/Xwelixweltel: A Stó:lō-Coast Salish Historical Atlas, Douglas & McIntyre Februar 2007, ISBN 978-1-550-54812-9
  • Oliver N. Wells: The Chilliwacks and Their Neighbors, Hg. Ralph Maud, Brent Galloway und Marie Wheeden, Vancouver 1987
  • Eleanor Leacock: The Seabird Community, in: Indians of the Urban Northwest, Hg. Marian Smith, New York: AMS Press 1949

Siehe auch

Weblinks


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