Bajan

Bajan
Bajan des russischen Herstellers Iupiter

Das Bajan ist die osteuropäische Form des Chromatischen Knopfakkordeons.

Unterschiede zum Akkordeon bestehen in der Ausführung des Gehäuses und der Art der Stimmplatten. Die Stimmzungen eines Bajans sind üblicherweise in großen Gruppen zusammen auf einer Metallgrundplatte montiert.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Diskant

Die Diskantseite ist nicht mit Tasten, sondern mit Knöpfen bestückt, was einen größeren Tonumfang ermöglicht. Der konstruktive Aufbau der Diskantseite unterscheidet sich von dem anderer moderner chromatischer Knopfakkordeons. Die Tastatur ist etwas weiter nach vorne versetzt, dadurch ist auch hinter der Tastatur ein kleineres Verdeck. Die Mechanik für die Klappen des rückwärtigen Stimmstockes muss somit nach hinten umgelenkt werden.

Das Bajan wird meist in Sitzhaltung gespielt, wobei von den Spielern oft ein Tuch über die Knie gelegt wird, damit der Balg und die Kleidung geschont werden. Ursprünglich wurde es wie die Schrammelharmonika auch nur mit einem Halteriemen gespielt. Die Tastatur ist bei Instrumenten aus Tula meist abgestuft, weil die traditionelle Spielweise ohne den Daumen der rechten Hand erfolgt, wodurch eine leichtere Erreichbarkeit der Tasten (hier Knöpfe) gewährleistet wird. Dreireihige Instrumente haben oder hatten eine offene Tastatur mit frei liegenden Hebeln, ähnlich wie dies bei der traditionellen Steirischen Harmonika der Fall ist.

Bass

Nachdem in Deutschland neuere Basssysteme entwickelt wurden, baute man in Russland ebenfalls auf der Bassseite Basssysteme nach dem System von Tauscheck, Paul und Blumsteiner ein, die weitgehend dem heutigen Stradella-Bass entsprechen, nur hatten sie keine verminderten Septimakkorde. Heute gibt es auf der Bassseite wie bei anderen modernen chromatischen Akkordeons auch die Möglichkeit des Melodiebasskonverters. Dieser hat den Vorteil, dass man zwischen Standardbass und Melodiebass variieren kann und es so möglich ist, auch Literatur für andere Instrumente wie Klavier und Orgel zu spielen. Manche Instrumente wurden und werden mit extrem tiefen, kräftigen Bässen gebaut (32'), dies erhöht natürlich das Gewicht nicht unwesentlich.

Die Anordnung des Melodiebasses ist beim russischen Bajan gespiegelt, bildlich gesehen stehen die Tasten/Töne somit auf dem Kopf, wenn man sie mit der gebräuchlichen westeuropäischen Anordnung vergleicht.

Stimmplatten

Die Stimmplatten mit den Stimmzungen eines Bajans sind in einem Stimmstock zusammengefasst. Dieses Konstruktionsmerkmal teilt sich das Bajan mit dem Bandoneon und den traditionellen russischen B-Griff-Akkordeons. Die Stimmzungen sind sehr oft noch immer fast vollständig in Handarbeit gefertigt. Stimmzungen und Stimmplatten werden vorgestanzt, die restlichen Arbeiten geschehen aber ausschließlich durch händisches Nieten und Feilen. Beim Bajan wird üblicherweise sehr harter Stahl für die Stimmzungen verwendet, um den bevorzugten obertonreichen Klang zu erreichen. Auf den eigenständigen Klang wirken sich aber auch andere konstruktive Faktoren aus. Die Größe, Form und Art der Feilkontur sind wesentliche Faktoren neben dem Material für die Stimmzungen. Es werden aber auch Bajans mit normalen Einzelstimmplatten und maschinell gefertigten langen Stimmplatten angeboten.

Der Name, Verbreitung und begriffliche Abgrenzung

Der Begriff Bajan kommt aus dem Russischen und meint ursprünglich einen Dichtersänger bzw. Märchenerzähler, den wir für das griechische Altertum als Rhapsoden oder für das keltische Mittelalter als Barden bezeichnen würden.

In Russland, in dessen ländlichen Gebieten Handzuginstrumente eine alte Tradition besitzen und auch heute noch sehr weit verbreitet sind, wird der Begriff Bajan vor Allem für Akkordeons mit einer fünf- oder sechsreihigen linken Tastatur und einer drei- oder fünfreihigen rechten Tastatur verwendet. Damit entspricht der im osteuropäischen Raum verwendete Begriff Bajan sinngemäß dem im deutschen Sprachraum verwendeten Begriff Akkordeon.

Dagegen werden hier mit dem Begriff Akkordeon im Unterschied zur deutschen Verwendung vor Allem Ziehharmonikas mit einer Klaviertastatur auf der rechten Seite bezeichnet. Mit Harmonika werden im Allgemeinen alle Handzuginstrumente bezeichnet; differenzierter meint man damit vor Allem die am leichtesten zu erlernende und für die slawische Dorfkultur traditionelle handliche Ziehharmonika, welche meistens (oft auch sehr individuell) mit traditionellen Naturmustern und Motiven verziert sowie mit einer bis drei Knopfreihen auf der rechten Seite und drei auf der linken ausgestattet ist.

Von Handzuginstrumenten ist Bajan im heutigen Russland sehr viel weniger verbreitet als Harmonikas oder Akkordeons und wird vor Allem von Berufsmusikern mit einer musikalischen Hochschulbildung in den Städten gespielt. Harmonika dagegen findet die meiste Verbreitung in ländlichen Gebieten sowie unter Amateuren bzw. Autodidakten; (Klaviertastatur-) Akkordeons werden in Osteuropa dagegen in erster Linie mit der "Restaurant-" und "Schansonkultur" bzw. dem Hinterhof- und Kriminellen-Genre in Verbindung gebracht.

Baján ist ein alter Männername mit türkisch/ungarischem Ursprung. Der Name hat seine Wurzeln im alten Wort BAY/VAJ, das soviel bedeutet, wie reich/Herr. Banat bezieht sich auf eine ähnliche Wortherleitung

Verwandte Namen sind: Bán, Bojta, Vajta, Vajk.

Die Magyaren teilten ihr Reich im Süden in Banate auf (Bánság/ok). Um den König zu vertreten, setzte man jeweils einen Bán/Herrscher in den Banaten ein.

Geschichte

Ein Vorläufer war die Schrammelharmonika.

  • 1870 entwickelt in Tula Nikolai Iwanowitsch Beloborodow (1828–1912) eine dreireihige chromatische Harmonika, die aber vollständig dem Vorbild der Schrammelharmonika nachempfunden war. Tastenbelegung, Anzahl der Knöpfe und auch die Bassbelegung waren identisch.
  • 1872 und 1875 werden bereits die ersten Schulen für Bajan in Russisch herausgegeben.
  • 1883: Pjotr Iljitsch Tschaikowski besucht Tula, darauf folgend komponierte er die Suite Nr. 2 C-Dur op. 53 ("Suite charactéristique"), er setzte vier Bajans als Klangfarbe bei dieser Komposition ein.
  • 1907 übergab der russische Instrumentenbauer Pjotr J. Sterligow in Sankt Petersburg dem Musiker und Pädagogen Jakow F. Orlanski-Titarenko eine vierreihige, speziell für ihn gebaute Knopf-Harmonika, die er Bajan nannte.
  • 20 Jahre später, im Jahr 1927, komponierte Hugo Herrmann in Trossingen seine sieben neuen Spielmusiken, um für das Volksmusikinstrument Akkordeon (Bajan) auch ein Werk in klassischer Musikform zur Verfügung zu stellen.
  • Heute gibt es sehr viel klassische Musik, die speziell auf das Bajan zugeschnitten ist. In der Sowjetunion gab und gibt es in neuerer Zeit sehr viele Komponisten, die das Bajan auch im Orchester einsetzen. Der wohl bedeutendste Bajankomponist in der Sowjetunion war Vladislav Zolotarev, der die, für seine aber auch für die heutige Zeit, musikalisch hochwertigsten Bajanstücke komponiert hat. Auch die Komponistin Sofia Gubaidulina schrieb mehrere Werke für das Bajan.

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