Suppositionslehre

Suppositionslehre

Als Supposition bezeichnet man in der Logik der Scholastik verschiedene Arten, in denen ein Terminus für etwas stehen bzw. etwas bezeichnen kann. Eine Darlegung dieser verschiedenen Arten bezeichnet man auch als Suppositionstheorie.

Eine Suppositionstheorie findet sich in vielen Traktaten mittelalterlicher Logik und in den meisten Logik-Summen, so beispielsweise in denen von Wilhelm von Ockham, Wilhelm von Sherwood und Walter Burleigh. Im Folgenden soll der Kern dieser Theorien, dasjenige, worüber sich die meisten mittelalterlichen Autoren einig sind, vorgestellt werden.

Die Supposition betrifft Termini, also Allgemeinbegriffe, wie sie beispielsweise im Syllogismus vorkommen. Zum Beispiel ist in dem Satzhomo est animal“, „der Mensch ist ein Sinnenwesen“, sowohlhomoals auchanimalein Terminus. Es werden nun die folgenden Arten von Supposition unterschieden:

  • suppositio materialismateriale Supposition: Ein Terminus steht für diesen selbst bzw. für das Wort, das den Terminus bildet. Beispielhomo est nomen“ – „‚Menschist ein Nomen“. Hier steht der Terminushomofür das Worthomoselbst.
  • suppositio simplexeinfache Supposition: Ein Terminus steht für den durch ihn bezeichneten Begriff. Beispielhomo est species“ - „Der Mensch ist eine Art“. Der Terminushomosteht hier für die menschliche Art als solche.
  • suppositio personalispersonale Supposition bezeichnet den Normalfall, nämlich dass ein Terminus für seine Einzelinstanzen steht, also beispielsweiseMenschfür die einzelnen Menschen. Die personale Supposition hat wiederum verschiedene Unterarten, je nachdem, ob der Terminus alle oder nur einige dieser Instanzen bezeichnet:
    • suppositio determinatabestimmte Supposition: Ein Terminus steht für eine Gesamtheit, solcherart dass der Satz in eine Disjunktion (oder-Verknüpfung) umgeformt werden kann, in der die einzelnen Elemente aufgezählt werden. Beispiel: Im Satzaliquis homo currit“ - „Irgendein Mensch läuftstehthomo“/„Menschin bestimmter Supposition. Dieser Satz ist nämlich äquivalent mitCaesar currit vel Cicero currit vel ...“ – „Caesar läuft oder Cicero läuft oder ...“ usw. für alle Einzelinstanzen fürMensch“.
    • suppositio confusa distributivakonfus-distribuierte Supposition: Ein Terminus steht für alle Elemente einer Gesamtheit, solcherart dass der Satz in eine Konjunktion (und-Verknüpfung) umgeformt werden kann, welche die einzelnen Elemente explizit aufzählt. Beispiel: im Satzomnis homo currit“ – „Jeder Mensch läuftstehthomo“/„Menschin konfus-distribuierter Supposition. Der Satz kann umgeformt werden inCaesar currit et Cicero currit et ...“ – „Caesar läuft und Cicero läuft und ...“ usw. für alle Einzelinstanzen fürMensch“.
    • suppositio confusa tantumbloß konfuse Supposition: Ein Terminus steht für ein Element einer Gesamtheit, der Satz kann aber weder in eine Konjunktion noch in eine Disjunktion umgeformt werden. BeispielOmnis Romanus est homo“ – „Jeder Römer ist ein Mensch“. Der Terminushomo“/„Menschsteht hier in bloß konfuser Supposition, denn der Satz ist weder äquivalent mitOmnis homo est Caesar vel Cicero vel ...“ – „Jeder Mensch ist Caesar oder Cicero oder ...“ noch äquivalent mitOmnis homo est Caesar et Cicero et ...“ – „Jeder Mensch ist Caesar und Cicero und ...“.

Nach anderen geriet die mittelalterliche Lehre von der Supposition als scholastisch in der frühen Neuzeit in Misskredit und wurde vergessen. Vermutlich daher kann sie nicht direkt auf eine Fragestellung der modernen Logik abgebildet werden. Stattdessen gibt es eine ganze Reihe von heutigen Thematiken, die mit der Suppositionstheorie verknüpft sind. Die materiale Supposition erinnert an heutige Überlegungen zum Zitat, die Differenzierung von formaler und materialer Supposition ist damit in der Sache Vorläuferin der Unterscheidung von Metasprache und Objektsprache bzw. in der angelsächsischen (Sprach-) Philosophie und Linguistik vonuseundmention“.

In der einfachen Supposition klingt eine Theorie der abstrakten Gegenstände an. Darüber hinaus gibt es eine Verbindung zwischen der personalen Supposition und der modernen Lehre der Quantifikation. Gemäß der modernen Auffassung werden allerdings Allgemeinheit und Partikularität an Quantoren wiealleundeinige“ („omnis“, „aliquid“) nicht an den Termini (modern: Prädikate) festgemacht.

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