Teilwerk

Teilwerk
Schematischer Werkaufbau einer Orgel (Hamburger Prospekt).
An dieser Orgel ist der Werkaufbau leicht zu erkennen (St. Wolfgangskirche, Schneeberg)

Der Begriff Werk wird im Orgelbau in zwei leicht missverständlichen Bedeutungen verwandt. Zum einen im Zusammenhang mit dem Werkprinzip und zum anderen als Bezeichnung einzelner technischer Baugruppen der Orgel.

Inhaltsverzeichnis

Werkprinzip

Norddeutscher Barock

Eine größere Orgel besteht aus der Zusammenfassung mehrerer, ursprünglich getrennt aufgestellter Orgelwerke (Teilwerke). Diese Unterteilung erfolgt nach dem Klangcharakter und speziellen spieltechnischen Aufgaben (z. B. dem Pleno-, Cantus-firmus- oder Trio-Spiel) unter anderem als Hauptwerk, Pedalwerk oder Schwellwerk (der Funktion nach benannt) oder Oberwerk, Brustwerk, Rückpositiv, Fernwerk (den Standort bezeichnend). Werk ist die Zusammenfassung von Gehäuse, Pfeifen und Windlade eines solchen selbstständigen Teils einer Orgel. Es wird zunächst von genau einer Klaviatur aus gespielt. Der Werkaufbau des Pfeifenwerks einer Orgel spiegelt sich oft auch im Aufbau des Prospekts wider.

In der klassischen Barock-Orgel kommen folgende Werkbezeichnungen vor:

  • Hauptwerk (HW), manchmal auch nur 'Werk' genannt: Es ist das zentrale Teilwerk der Orgel mit den wichtigsten Pfeifen für das gewöhnliche Spiel. Es verfügt in aller Regel über einen vollständigen Prinzipalchor mit Mixturen sowie Zungenstimmen der Trompetenfamilie. Flötenregister, Streicher und Aliquotregister können hinzutreten. Das Hauptwerk hat sich im 15. Jahrhundert aus dem gotischen Blockwerk entwickelt.
  • Pedalwerk (PW): Es enthält die tiefsten Register der Orgel, fast immer sind Stimmen in 16′-Tonlage enthalten. Oft ist es in sogenannten Pedaltürmen untergebracht, die mit ihren langen Prospektpfeifen die Seiten der Orgel begrenzen.
  • Brustwerk (BW): Es liegt direkt vor dem Spieler oberhalb des Spieltisches. Der Ursprung des Brustwerkes ist ein zusätzlich in die Orgel eingebautes Regal. Dieses wurde später durch einige, aus räumlichen Gründen überwiegend kleine, Labialregister erweitert. Bis heute findet sich in den meisten Brustwerken noch kurzbechrige Zungenstimmen. Die Labialpfeifen sind meist klein (Prinzipale häufig erst ab 2′). Dadurch ergibt sich insgesamt ein eher dünner, spitzer Klangcharakter.
  • Oberwerk (OW): Es befindet sich über dem Hauptwerk und bildet meist (nach dem Pedalwerk) den höchsten Punkt der Orgel. Hier finden sich neben verschiedenen Zungenregistern häufig Soloregister und Aliquoten, so dass sich das Oberwerk für farbige, mitunter auch etwas herbe Klangfarben besonders eignet.
  • Rückpositiv (RP): Es befindet sich oft im Rücken des Organisten in einem eigenen Gehäuse, meistens in der Emporenbrüstung. In nicht zu großen Räumen ergibt sich durch die größere Nähe zum Zuhörer oft ein etwas direkterer und frischerer Klangeindruck als bei den übrigen Werken der Orgel. Dies macht es besonders geeignet zur Darstellung von Solostimmen. Aus optischen und akustischen Gründen kann das Rückpositiv nur deutlich kleinere Pfeifen aufweisen als das dahinter liegende Hauptwerk.

Deutsche Romantik

Zur Zeit der Romantik haben sich in Deutschland noch folgende Werke herausgebildet:

  • Unterwerk: Es ist normalerweise zu beiden Seiten des Spieltisches auf gleicher Ebene zu finden.
  • Hinterwerk: Es ist hinter dem Hauptwerk aufgestellt. Damit es in den Raum klingen kann, hat das Hauptwerk dann kein geschlossenes Gehäuse.
  • Schwellwerk: Es ist in einen Schwellkasten gebaut, siehe Schwellwerk.
  • Fernwerk: Es liegt in der Regel an einem weit von der Hauptorgel entfernten, manchmal versteckten (z. B. hinter einer Deckenverkleidung) oder vom Spieltisch aus nicht einsehbaren Standort. Es dient in der Regel dem Effektspiel, zum Beispiel um Echos nachzuahmen.

Im Verlauf der Romantik verlor das Werkprinzip an Bedeutung. An Stelle der differenzierten Klangfarben und räumlichen Staffelung tritt nun eine dynamische Abstufung. Das erste (unterste) Manual erhält dabei die stärkeren Register, die weiteren Manuale immer leisere. So lassen sich verschiedene Typen von Klangfarben auf allen Manualen darstellen und über die verschiedenen Manuale dynamische Stufen wählen. An beispielhaften Registern der Orgel der Lutherkirche (Apolda) lässt sich das Prinzip recht gut erkennen:

1. Manual 2. Manual 3. Manual
Bordun 16′ Lieblich Gedackt 16′ -
Prinzipal 8′ Prinzipal amabile 8′ Geigenprinzipal 8′
Gedackt 8′ Lieblich Gedackt 8′ Zartgedackt 8′
Viola di Gamba 8′ Salicional 8′ Harmonika 8′
Flûte harmonique 4′ Rohrflöte 4′ Zartflöte 4′
Oktave 2′ Piccolo 2′ -
Mixtur V 4′ Progressio IV–V -
Trompete 8′ Oboe 8′ -

Vor allem hohe Register finden im 3. Manual, teilweise auch schon im 2. Manual oft keine Entsprechung mehr, so dass in der Regel die Registerzahl nach oben hin abnimmt.

Technische Baugruppen

Neben dem Werkprinzip wird der Begriff Werk auch zur Bezeichnung der einzelnen Baugruppen einer Orgel verwendet. Neben dem Pfeifenwerk besteht eine Orgel noch aus dem Windwerk, welches den Wind erzeugt und zu den Windladen führt, und dem Regierwerk. Dies ist der zentrale und wohl komplexeste Teil einer Orgel. Das Regierwerk besteht aus dem Spieltisch und der Traktur und verbindet die Bedienelemente (Klaviaturen und Registerzüge) mit den Funktionselementen, dem Pfeifenwerk.


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