- Totalwirtschaft
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Ökonomismus bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch kritisch eine empfundene Überbetonung ökonomischer Faktoren bei der Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung [1]. Eine weitere Definition ist, dass der Ökonomismus der umfassende Erklärungs- und Bewertungsanspruch ökonomischer Theoriebildung sei, kurz: die „Dominanz der Ökonomie“[2].
Eine Betrachtung von Verhältnissen, die heute als „Ökonomismus“ bezeichnet wurden, findet sich bei Karl Jaspers. In seiner Kulturkritik (Die geistige Situation der Zeit, 1931) schrieb Jaspers, dass das Wissen der Volkswirtschaft „wie zur Wissenschaft der menschlichen Dinge überhaupt geworden“ sei[3]. Jaspers verwendet jedoch den Begriff des „Ökonomismus“ selber nicht.
Ökonomismus hat in der Geschichtswissenschaft eine weitere Bedeutung: Gegen die „Ökonomisten“ in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands wandte sich in der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert Lenin (Wladimir Iljitsch Uljanow) auf Seiten der „Iskristen“. Er warf den Ökonomisten den Missbrauch des Marxismus als rein ökonomische Theorie vor[4][5][6]. In ähnlicher Weise richtete sich später Mao Zedong mit dem Begriff des Ökonomismus (jīngjìzhǔyì, 经济主义) gegen seine Gegner[7]. Von ökonomistischen Interpretationen des Marxismus grenzen sich in der Gegenwart die Neomarxisten ab.
Einzelnachweise
- ↑ Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2007
- ↑ Niels Gottschalk-Mazouz (Institut für Philosophie der Universität Stuttgart, Vorlesung Wirtschaftsethik und Ökonomismus, 2006) setzt den Begriff des Ökonomismus bei dieser Definition oft in Anführungszeichen.
- ↑ Karl Jaspers: Die geistige Situation der Zeit, S. 27 (Ausg. 1932), 1932, z.B. ISBN 3110164000
- ↑ Wladimir I. Lenin: Was tun?, 1902
- ↑ Charles Bettelheim et al.: Schriften zum Klassenkampf, 1970
- ↑ Charles Bettelheim: Les luttes de classes en URSS (1ère période 1917-1923), 1974, S. 31, ISBN 2020022060
- ↑ Joachim Glaubitz: Ökonomismus, nicht nur ein Schlagwort im Kampf mit den Feinden Mao Tse-tungs, Berichte des Bundesinstituts für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien, Nr. 8, 1967
Literatur
- Wolfgang Kersting: Wem gehört die Moral?, Cicero 04/2005
Siehe auch
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