Trajektschiff

Die zweitgrößte Eisenbahnfähre der Welt: FS Mecklenburg-Vorpommern

Eine Eisenbahnfähre, auch Trajekt, Trajektanstalt oder Trajektfähre genannt, ist ein Fährschiff, das in der Lage ist, Eisenbahnwagen oder Triebzüge in seinem Rumpf aufzunehmen. Eisenbahnfähren werden dort eingesetzt, wo Brücken über Meerengen, Seen oder Flüsse aus technischen oder finanziellen Gründen nicht praktikabel sind oder wo es aus verschiedenen Gründen sinnvoller erscheint, ein bestimmtes Gebiet zu umfahren.

Geschichte

Selten und nur bei kurzen Wegen wird ein Seil- oder Kettentrajekt eingesetzt. Im Gegensatz dazu wurde das freie Trajektschiff anfänglich als Schaufelraddampfer konstruiert, wobei man beide Räder voneinander unabhängig mit je einer eigenen Maschine betrieb. Hierdurch wurde das schwierige Manöver des Anlegens erleichtert. Später rüstete man den Raddampfer zusätzlich mit einem Propeller aus. Gebrauchlich sind heute Doppelendfähren mit Propellern am Heck sowie Bug oder zusätzlichen Bugstrahlrudern (vgl. Markierungen im Bild oben von der FS Mecklenburg-Vorpommern).

Die Gleise werden auf dem Hauptdeck symmetrisch verteilt. Die meisten Trajekte sind beidseitig befahrbar, aber manche lassen sich auch nur über das Heck befahren.

Trajektfähre Copenhagen • 1904

Zum Anlegen musste das Trajektschiff Wasser als Ballast aufnehmen oder ablassen können, um den Höhenunterschied zum Anlandegleis auszugleichen. Heute gibt es auch hebe- und senkbare Verladebrücken, um größere Höhenunterschiede auszugleichen, besonders in Tidegewässern.

Bezeichnung

Die Bezeichnung Trajektschiff bezieht sich auf ein Schiff, das für den Transport von Eisenbahnwagen eingerichtet ist und somit dem Gütertransport dient.

Der Begriff Eisenbahnfähre wird oft missbräuchlich verwandt, denn dieser bedeutet eigentlich, dass das Schiff auch für den Transport von Personen herangezogen wird, in der Regel durch die Verladung von Kurswagen und – in neuer Zeit – von Triebwagen.

• Trajekt = Gütertransport
• Fähre = Personen (+ Gütertransport)

Bekannte Eisenbahnfähren

ein EuroCity wird in Puttgarden trajektiert

Fähren mit Personenzugbeförderung sind in fetter Schrift angegeben.

Ostsee

Ein besonders dichtes Netz an Eisenbahnfähren verkehrt über die Ostsee:

• Fährbahnhof Puttgarden↔Rødby (DK) (im Verlauf der Vogelfluglinie) (ab 1997 nur Personverkehr)
• Sassnitz↔Trelleborg (S) (so genannte Königslinie)
• Stockholm↔Turku/Åbo (FIN) (nur Güterverkehr)
• Rostock↔Trelleborg (S) (nur Güterverkehr)
• Sassnitz↔Klaipėda (LT) (nur Güterverkehr)
• Sassnitz↔Baltijsk (RUS) (nur Güterverkehr)
• Swinemünde (PL)↔Ystad (S) (nur Güterverkehr)
• Baltijsk↔Ust-Luga (RUS) (nur Güterverkehr, Verbindung zwischen russischer Exklave und russischem Kernland)

Kattegat und Skagerrak

• Frederikshavn↔Göteborg (nur Güterverkehr)
• Hirtshals↔Kristiansand (nur Güterverkehr)

Restliches Europa

• Villa San Giovanni↔Messina Marittima (über die Straße von Messina), Italien
• Civitavecchia↔Golfo Aranci, (Italien) (nur noch Güterverkehr)
• Warna (BG)↔Odessa (UA) (Schwarzes Meer, nur Güterverkehr)
• Bilbao, Spanien, von Alberto Palacio, 1893 fertiggestellt.
• über den Bosporus in Istanbul, Türkei (nur Güterverkehr)
• Fishguard, Großbritannien↔Rosslare Harbour, Irland

Sonstige Fähren

Eisenbahnfähre Tatvan↔Van, Türkei

Hier ist nur ein Auszug:

• St. Ignace↔Mackinac Island nördlich der Mackinacstraße in Michigan, USA, mit der Besonderheit von zwei verschiedenen Schiffspropellergrößen. Im Winter, wenn der Fluss mit Eis bedeckt ist, wird der hintere, größere Propeller vorwärts betrieben und der vordere Propeller rückwärts. Durch die entstehende Wellenbewegung wird das Eis gebrochen
• Tatvan↔Van, über den Vansee in der östlichen Türkei
• über die Cookstraße (Neuseeland, nur Güterverkehr)
• Baku↔Türkmenbaşy (nur Güterverkehr über das Kaspische Meer)
• über den Victoriasee (Mwanza, Tansania – Port Bell, Uganda, nur Güterverkehr)

Neben dem Bau von Brücken oder Tunneln, die den Einsatz von Trajektfähren überflüssig machen, können auch andere Gründe wie Verkehrsverlagerungen oder politische Umstände zur Einstellung von Fährverbindungen führen.

Historische Trajekte

• Die Fähre Kopenhagen↔Malmö wurde 1986 durch „Danlink“ abgelöst und betreibt in den letzten Jahrzehnten nur noch Güterverkehr.
• Kopenhagen↔Helsingborg, wurde ebenfalls durch „Danlink“ nur im Güterverkehr betrieben und wurde 2000 durch die Öresundverbindung ersetzt.
• Helsingør↔Helsingborg wurde 2000 ebenfalls durch die Öresundverbindung abgelöst.
• Nyborg↔Korsør wurde 1998 durch Storebælt-Brücke und -Tunnel ersetzt.
• Calais↔Dover wurde mit der Eröffnung des Eurotunnels 1994 eingestellt. Seit dem Zweiten Weltkrieg bestand nur noch Güterverkehr.
• Die Fährverbindung Großenbrode Kai↔Gedser wurde 1963 durch die Verbindung Puttgarden↔Rødby im Zuge der Vogelfluglinie ersetzt.
• Großenbrode Fähre↔Fehmarnsund (Inselbahn Fehmarn) wurde 1963 nach Bau der Fehmarnsundbrücke eingestellt
• Vor dem Ersten Weltkrieg wurde schon in Sassnitz ein großer Fährbahnhof für die so genannte Königslinie von Deutschland nach Trelleborg in Schweden eingerichtet, der nach der Wende durch den Fährhafen Sassnitz im Ortsteil Mukran abgelöst wurde.
• Warnemünde↔Gedser (gegr. 1886; älteste deutsche Fährverbindung nach Skandinavien, Eisenbahnfähre 1995 eingestellt, heute fahren die Fährschiffe nur noch als Autofähre von Rostock-Überseehafen)
• Stralsund↔Altefähr/Rügen wurde 1936 durch den Rügendamm ersetzt.
• Die Verbindung Wittower Fähre↔Fährhof wurde 1896–1968 von der Rügenschen Kleinbahn im Zuge ihrer Schmalspurbahn (750 mm) betrieben.
• Wolgast↔ Wolgaster Fähre (Usedom), 1945−1990 (nur Güterverkehr)
• Travemünde ↔ Hangö (FIN), Railship-Dienste, nur Güterverkehr, seit 1998 Travemünde ↔ Turku/Åbo (FIN), Ende 2007 eingestellt

Binnenseetrajekte

• Bodensee-Trajekte (1869−1976)
• Thun-Scherzligen – Därligen (Thunersee, 1873−1893) ^[1]
• Wollishofen – Uetikon (Zürichsee, 1885−1894) ^[2]
• Rjukan − 30 km lange Eisenbahnfährstrecke über den Tinnsjø in Südnorwegen, betrieben von Norsk Hydro im Zuge der ca. 16 km langen Rjukan-Bahn. Die Fähren fuhren vom 9. August 1909 bis zum 4. Juli 1991 zwischen den Bahnhöfen Rollag (Mæl) und Tinnoset und beförderten in diesem Zeitraum rund 1,5 Millionen Güterwagen. Im Juni 1994 wurden Eisenbahn- und Fährstrecke sowie das noch vorhandene Material zum nationalen norwegischen Industriedenkmal *[1] erklärt. Eröffnet wurde der Betrieb mit der D/F Rjukanfoss, die 1914 von Åkers gebaute D/F Hydro wurde von Saboteuren des norwegischen Widerstandes („Kennwort: Schweres Wasser“) am 20. Februar 1944 versenkt, die 1929 in Dienst gestellte D/F Ammonia war die erste dampfgetriebene Eisenbahnfähre der Welt, die 1956 in Dienst gestellte M/F Storegut ist mit 1119 Bruttoregistertonnen die größte Binneneisenbahnfähre in Skandinavien. D/F Ammonia liegt heute in Mæl, M/F Storegut in Tinnoset, beide dienen inzwischen nur noch als schwimmender Abstellplatz für die bisher erhaltenen Eisenbahnfahrzeuge (Stand: 2006).

Flusstrajekte

Trajekt Rheinhausen↔Duisburg-Hochfeld
mit Güterzug und neuer Brücke • Anfang Januar 1874

• Donautrajekt Gombos-Erdöd
• Elbe-Trajekt Lauenburg–Hohnstorf (1864−1878)
• Elbe-Trajekt Köhlbrand (Hamburg, 1912–1974), ersetzt durch die Köhlbrandbrücke
• Rhein-Trajekt Worms–Rosengarten der Riedbahn (1870–1900)
• Rhein-Trajekt Bingen–Rüdesheim (1861–1900)
• Rhein-Trajekt Bonn–Oberkassel (1870–1914)
• Rhein-Trajekt Rheinhausen–Hochfeld (1866–1874, siehe rechts→)
• Rhein-Trajekt Ruhrort–Homberg (1852–1912)
• Rhein-Trajekt Spyck–Welle (1865–1926)

• Rhein-Trajekt Speyer (1865–1938) mit Pontons realisierte „fliegende Verbindung“ für den Zugverkehr Heidelberg ↔ Speyer, Amateurfilm in Kurz- und Langfassung durch Eisenbahn-Romantik vom SWR mehrfach gesendet

• Weichsel-Trajekt Schiewenhorst–Nickelswalde; heute: Swibno↔Mikoszewo/Polen (1905–1956); siehe Żuławska Kolej Dojazdowa

Weitere Eisenbahntrajekte über den Rhein waren nur während der Zeit der Planung und des Baus einer Eisenbahnbrücke in Betrieb.

• von Mainz nach Mainz-Gustavsburg (1858−1863)
• von Mainz nach Mainz-Kastel (1861−1863)
• von Königsbach nach Oberlahnstein (1862−1864)
• von Ludwigshafen nach Mannheim (1863−1867)

Literatur

• Arnulf Hader, Günther Meier: Eisenbahnfähren der Welt, Vom Trajekt zur Dreideckfähre Koehler Verlag, Herford 1988, ISBN 3-7822-0393-3

Quellen

1. ↑ http://www.thun-info.ch/thunoffiziell/geschichte/index.html
2. ↑ http://www.schiffe-schweiz.ch/64789/65570.html

Weblinks

• Geschichte der Vogelfluglinie
• Channel Ferries (engl.)
• Train ferry routes of the world (engl., Updates gesucht, Stand: 2005)
• Fährschiff Warnemünde