Türkisch-Japanische Beziehungen

Türkisch-Japanische Beziehungen
Türkei (orange) und Japan (grün)

Die Beziehungen zwischen Japan und dem Osmanischen Reich, später der Türkei, entwickelten sich erst nach der Öffnung Japans 1868 langsam. Seit 1924 gibt es offiziell diplomatische Beziehungen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1868 - 1918

Vor der Meiji-Restauration war in Japan das Osmanische Reich nur aus wenigen Schilderungen, die über die holländische Handelsmission auf Dejima zufällig ins Land kamen, bekannt.

Auch nach der Öffnung bestanden zwischen Japan und dem Osmanischen Reich keine direkten Beziehungen. Zur Meiji-Zeit stand die japanische Politik dem Islam kritisch und negativ gegenüber. Fukuzawa Yukichi teilte die westliche Einstellung, vom "kranken Mann am Bosporus." Verhandlungen zwischen der Pforte und Japan über die Aufnahme diplomatischer sowie Handelsbeziehungen, die ab 1875 immer wieder stattfanden, scheiterten hauptsächlich deshalb, weil beide Länder durch ungleiche Verträge – im türkischen Fall Kapitulationen genannt – nur eingeschränkt souverän waren. Ausnahmen bildeten die Missionen Yoshidas 1880, der Besuch des kaiserlichen Prinzen Komatsu 1887, sowie einige militärische Missionen, die auch dem Studium des Opiumanbaus dienten, in den 1890ern. Nach 1900 gibt es Berichte von japanischen Spionagemissionen, meist in Mesopotamien.

Denkmal für die Opfer des gesunkenen Schiffs in Japan

1891 kam es zur Entsendung zweier japanischer Kriegsschiffe, die die 69 Überlebenden der vor Wakayama am 16. September 1890 gesunkenen Ertuğrul nach Hause brachten. Die Ertuğrul war von Sultan Abdülhamid II., unter dem Kommando von Cibalili Osman Ahmed Pascha in diplomatischer Mission, mit 609 Mann an Bord, entsandt worden. Die Reise diente auch dem Zweck, auf den Zwischenstationen die pan-islamische Idee zu verbreiten. Beide Länder hatten – zusammen mit Britannien, das mit Japan 1902 eine Allianz schloss – ein gemeinsames Interesse die russische Expansion im asiatischen Raum einzuschränken.[1] Zu dieser Zeit begann in Tokio der pan-asiatische Gedanke die Oberhand zu gewinnen, der jedoch nur der imperialistischen Expansionspolitik diente.

Inoffiziell war Japan durch Yamada Torajirō (1886-1956[2]) in Istanbul vertreten, der dort seit 1892 residierte. Vor 1914 war er der einzige japanische Händler vor Ort, der gleichzeitig als De-facto-Konsul fungierte. Seine Mitteilung, dass die russische Schwarzmeerflotte den Bosporus passiert hatte, gab den Japanern eine wichtige Vorwarnung im Krieg 1904/5. Der Sultan entsandte Militärbeobachter in die Mandschurei.

Auf seiner zweiten Japanreise 1908/9 fand der pan-islamistische Agitator Abdürreşid İbrahim die Unterstützung ultranationalistischer Kreise. Er initiierte den ersten Bau einer Moschee im Tokioter Stadtteil Akasaka. Da dieser Bau vom Kalifen (d.h. dem türkischen Sultan) zu genehmigen war, wurde der Geheimdienstoffizier Yamaoka Kōtarō als Begleiter Ibrahims nach Istanbul entsandt.

Nachdem Japan den Kriegsausbruch in Europa 1914 nutzte, um sich in imperialistischer Manier die deutsche Kolonie in Kiautschou anzueignen, befand es sich formal auch mit dem Osmanischen Reich als deutschen Verbündeten im Kriegszustand. Zu Kampfhandlungen kam es jedoch nicht. Gegen Kriegsende entsandte Japan eine Flottille, mit dem Kreuzer Nisshin als Flaggschiff nach Istanbul.

Insgesamt fand während dieser Zeitspanne so gut wie kein Austausch, wirtschaftlich oder kultureller Art, statt.[3]

1919 - 1945

1920 war Japan auf Seite der siegreichen Entente Mitunterzeichner des Vertrags von Sèvres. Im Jahr darauf wurde Uchida Sadatsuji Mitglied der Dardanellen-Kommission. Japan akzeptierte 1923 als Partei zum Vertrag von Lausanne die Annullierung der Vereinbarung von Sèvres mit der inzwischen etablierten türkischen Republik und ihrem Präsidenten Mustafa Kemal (Atatürk; seit 27. Oktober 1923). Es kommt zur erstmaligen Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen, die ersten Diplomaten trafen 1925 ein. Das Konsulat in Tokio wurde 1929 offiziell zur Botschaft.

Bereits 1925 wurden Organisationen für kulturellen bzw. wirtschaftlichen Austausch gegründet. 1930 erfolgte der Abschluss eines vorläufigen Handelsabkommens (1934 ratifiziert). Im selben Jahr fand eine erste japanische Handelsmesse in Istanbul statt. 1931 kam Prinz Takamatsu, Schirmherr der Japanisch-Türkischen Gesellschaft, in die Türkei.

Am 23. Februar 1945 erklärte die Türkei Japan den Krieg, um den Vereinten Nationen beitreten zu können.

Türkische Nationalisten in Japan

1934 kommt es in Kōbe zur einer Konvention in Japan lebender Türken und Tataren, die den Bau einer Moschee beschließen, die 1935 geweiht wurde (Kōbe-Moschee). Zu dieser Zeit befanden sich etwa 600, meist vor der Sowjetmacht geflohene, tatarische Türken in Japan, von denen sich viele von nationalistischen Kräften vereinnahmen lassen. Bereits nach 1905 hatte die Kokuryūkai ("Black Dragon Society") begonnen, unter dem Banner einer pan-asiatischen (anti-westlichen) Politik, die Interessen des japanischen Imperialismus am Festland zu fördern. Der Nationalistenführer Kurban Ali publizierte Yani Yapon Muhbiri. In Mukden erschien 1935-45 die nationalistische Milli Bayrak, gegründet von Ayaz İshaki. In Harbin, wo 1937 ebenfalls eine 1922 begonnene Moschee fertiggestellt wird, gründete dieser die nationalistische Harbin-Ural zivilisatorische Gesellschaft. Abdürreşid İbrahim, pan-islamischer Publizist, wurde 1938 Vorsitzender der Dai Nippon Kaikyō Kyōkai, der offiziellen staatlichen Organisation für den Islam in Japan.

In Tokio wurde 1938 mit dem Bau einer Moschee begonnen, die zu großen Teilen von den Zaibatsu (Mitsui, Sumitomo, Mitsubishi) finanziert war. Das Gebäude wurde 1985 abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen.

Gegenwart

Die aktuellen Beziehungen zwischen der Türkei und Japan sind vor allem wirtschaftlicher Bedeutung. In Japan leben heutzutage etwa 10.000 Türken. Die Türkei hat eine Botschaft in Tokio, Japan hat ein Konsulat in Istanbul und eine Botschaft in Ankara.

Siehe auch

Literatur

  • Esenbel, Selcuk; Japanese Interest in the Ottoman Empire; in: Edstrom, Bert; The Japanese and Europe: Images and Perceptions; Surrey 2000
  • Esenbel, Selcuk; Inaba Chiharū; The Rising Sun and the Turkish Crescent; İstanbul 2003, ISBN 975-518-196-2
  • A fin-de-siecle Japanese Romantic in Istanbul: The life of Yamada Torajirō and his Turoko gakan; Bull SOAS, Vol. LIX-2 (1996), S 237-52
  • Ali Merthan Dündar; Japonya Türk-Tartar Diasporasi (türk.)
  • Roemer, Hans Robert; Türkische Geschichtsforschung in Japan; in: Klaus Antoni (Hrsg.): Festgabe für Nelly Naumann. Hamburg: Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, 1993, S. 313-319 .pdf

Anmerkungen

  1. Fischer Weltgeschichte, Das japanische Kaiserreich; Frankfurt 1968, Kap. 16
  2. Memoiren seiner Zeit in der Türkei: Toruko Gakan, 1911
  3. Die japanische Nationalbibliothek weist für den Zeitraum vor 1912 nur 19 Monographien und 2 Artikel nach. Davon 7 bezogen auf den Türkisch-Russischen Krieg. NDL-OPAC

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